Shantae Advance: Risky Revolution! – TEST

Es gibt Spiele, die kurz vor der Fertigstellung standen, dann aber erst einmal nicht veröffentlicht wurden. Eines dieser Spiele ist der Game-Boy-Advance-Titel Shantae Advance: Risky Revolution!, der im April respektive August 2025 dann tatsächlich doch noch erschien – sogar für Nintendos Originalhardware.


Kurz nach der Veröffentlichung des Seriendebüts der Shantae-Reihe, das für den Game Boy Color im Jahr 2002 erschien, setzte sich Entwicklerstudio WayForward an den Nachfolger. Dieser sollte für den Game Boy Advance erscheinen, doch gelang es dem kalifornischen Entwicklerstudio nicht, einen Herausgeber für ihr neues Werk zu finden. Verwunderlich ist dies tatsächlich nicht, gilt der erste Serienteil bis heute als klarer Geheimtipp. Auch wir haben mit dem Titel im Gegensatz zu den späteren Episoden aufgrund kaum formulierter Ziele, nicht reproduzierbaren Abstürzen und der unfairen Platzierung von Gegnern so einige Schwierigkeiten. Verkauft hat sich das Spiel auf Nintendos erstem Handheld mit Farbdisplay zudem nicht sonderlich gut.

Davon ist in Shantae Advance: Risky Revolution! zum Glück nichts mehr zu sehen. Die Entwickler haben durchaus aus den Fehlern gelernt und das Grundgerüst an den richtigen Stellen angepackt. Gut, das wissen wir ja schon aus den Nachfolgern, die in den 2010er-Jahren erschienen sind. WayForward hat nämlich einige Elemente und Ideen des Spiels unter anderem in Shantae: Risky’s Revenge von 2010 und Shantae: ½-Genie Hero aus dem Jahr 2016 einfließen lassen. Dennoch funktioniert auch der endlich zugängliche Game-Boy-Advance-Klassiker Shantae Advance: Risky Revolution! mit allen enthaltenen Mitteln.

Evolutionäre Fortsetzung

Abermals schlüpfen wir im Action-Adventure in die Rolle der Halbdschinnīya Shantae, die in der Hafenstadt Scuttle Town einem einfachen Leben nachgeht. Wie könnte es aber auch anders sein, muss auch im eigentlichen zweiten Serienteil die Piratenkapitänin Risky Boots auftauchen und für Unruhe sorgen. Mit dem Ruckelmotor, der unterhalb der Stadt schlummert, will sie ganz Sequin Land kontrollieren. Den riesigen Motor nutzt sie, um das Land zu bewegen und angrenzende Länder zu überfallen. Shantae kann dies natürlich nicht zulassen. Also machen wir uns mit ihr auf, die drei Reliktjäger zu suchen, um die antike Apparatur unter Kontrolle zu bringen und Risky Boots ihre Grenzen aufzuzeigen.

Dies ist jedoch leichter gesagt als getan, denn zu Beginn von Shantae Advance: Risky Revolution! verfügt die titelgebende Halbdschinnīya de facto über keine besonderen Fähigkeiten. Mit ihr können wir über Abgründe springen und mit ihrem Haar ähnlich wie Hexe Bayonetta Gegner attackieren und Krüge aufbrechen, um Juwelen zum Einkaufen und Herzen zum Heilen zu sammeln. Erst mit der Zeit öffnet sich die Spielwelt, die in mehrere Segmente unterteilt ist, immer mehr. So erhalten wir durch Gespräche mit diversen Nicht-Spieler-Charakteren Landkarten, die uns von Scuttle Town an unbekannte Orte führen. An diesen lernen wir dann neue Spezialfähigkeiten.

Verwandlungskünstlerin

Damit baut Shantae Advance: Risky Revolution! auf dem Grundgerüst des Vorgängers auf und fühlt sich dementsprechend wie eine kleine Evolution an, auch wenn wir das Gameplay bereits aus „späteren“ Serienteilen kennen. Unter anderem lernen wir verschiedene magische Bauchtänze kennen, die Shantae einsetzen kann. Der Zauber sorgt dafür, dass sie sich unter anderem in eine Krabbe und einen Affen verwandeln kann. Während es ihr als Krabbe möglich ist, am Meeresboden entlangzulaufen, kann sie als Affe an Wänden hochklettern, um an bislang unerreichbare Plattformen der zweidimensionalen Levelstruktur zu gelangen.

Da wir regelmäßig an Stellen vorbeikommen, an denen uns offenbar eine Fähigkeit fehlt, motiviert uns dies dazu, in einer späteren Spielstunde zurückzukehren und das Geheimnis um den bis dahin unzugänglichen Ort zu lüften. Unter anderem kommen wir so in den Genuss von zusätzlichen Herzcontainern, die unsere Energieleiste wie in der The-Legend-of-Zelda-Reihe sinnvoll erweitern. Gerade für ungeübte Spieler dürfte der Schwierigkeitsgrad dadurch ein wenig sinken. Auch wenn Shantae Advance: Risky Revolution! kein allzu schwieriges Spiel ist, gilt es, die Angriffsmuster der Gegner erst einmal zu durchschauen und darauf zu reagieren. Wer zu hastig agiert, sieht den Game-Over-Bildschirm wohl schneller, als ihm lieb ist.

Shoppinglaune mit spürbaren Auswirkungen

Maßgeblichen Einfluss auf den Schwierigkeitsgrad und die Spielgeschwindigkeit haben Einkäufe im Laden. Hier können wir uns mit Heil- oder Zaubertränken eindecken, um unsere Energie oder unseren Magievorrat aufzufüllen. Vor allem das Shampoo, mit dem wir Shantaes Pferdeschwanz permanent schneller und kräftiger auf die Feinde peitschen können, ist eine Investition wert. Auch Zaubersprüche können wir erwerben. Wer eine Stachelkugel als Schutzschild benötigt oder Feuerbälle schleudern will, kann sein Spielverhalten anpassen. Bedientechnisch funktioniert Shantae Advance: Risky Revolution! ordentlich, ist aber im Falle von präzisen Angriffen nur bedingt gelungen. Öfters schlagen wir daneben, was ein klein wenig den Spaß an den Kämpfen schmälert, das Erkunden aber nur wenig tangiert.

Um den Titel anzugehen, habt ihr derweil die Wahl zwischen dem Story- und dem Retro-Modus. Der Story-Modus unterscheidet sich im Großen und Ganzen nur um zusätzliche Artworks, sodass die Dialoge aus dem eigentlichen Bild ausgeklammert werden. Puristen spielen den Titel im rein englischsprachigen Retro-Modus. Dies ist aber nicht schlimm, da die deutschen Texte des Story-Modus eh zu salopp ausfallen. Zu guter Letzt gibt es einen Battle-Royale-Kampfmodus, der aber nur lokal und nur mit menschlichen Mitspielern funktioniert. Schade, da wäre mehr möglich gewesen. Abgesehen davon bereitet aber auch dieser Serienteil wieder viel Freude!

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Mit den meisten Serienteilen der Shantae-Reihe habe ich in der Vergangenheit sehr viel Spaß gehabt. Nicht anders sieht es bei Shantae Advance: Risky Revolution! trotz kleinerer Defizite aus. Es macht Laune, die in Segmente unterteilte Spielwelt zu erkunden, neue Fähigkeiten zu erlangen und später an bislang unerreichbare Orte zurückzukehren, um deren Geheimnisse aufzudecken und Shantae noch stärker zu machen. An vielen Stellen fühlt sich der Titel auch sehr kreativ an. Dabei ist es egal, ob es sich hierbei um Bosskämpfe oder schlichtes Platformer-Gameplay handelt, denn regelmäßig überrascht mich der Titel mit intuitiven Situationen. Beispielsweise muss ich an einer Stelle eine Fliege in eine fleischfressende Pflanze pfeffern, um die Pflanze anschließend als Sprungplattform zu nutzen. Hier muss sich der Titel nicht vor Genrekollegen verstecken. Schade finde ich lediglich, dass die Steuerung manchmal etwas zickig ist. Gerade wenn ich springen und gleichzeitig angreifen muss, gehen viele Attacken daneben. Ebenfalls bedauerlich ist, dass der Retro-Modus, den ich bevorzuge, lediglich auf Englisch vorliegt. Warum ich im Kampfmodus nur mit Freunden und nicht gegen Computergegner antreten kann, ist für mich ebenfalls fragwürdig, aber gut: So waren Game-Boy-Advance-Spiele damals eben! Wer über diese Defizite hinwegsehen kann und Lust auf ein kurzweiliges Action-Adventure mit Metroidvania-Anleihen hat, kommt um Shantae Advance: Risky Revolution! nicht herum.