Inside – TEST

Viele Jahre nach dem Indie-Erfolg Limbo veröffentlichten die dänischen Entwickler Playdead einen geistigen Nachfolger, der mit klaren Parallelelen und dennoch einem eigenständigen Charakter aufwarten kann.


2D-Side-Scroller gibt es im Indie-Sektor heutzutage wie Sand am Meer. Aus diesem Grund müssen Spiele dieses Genres in der Lage sein, entweder optisch oder spielerisch aus der Masse zu herauszustechen. Limbo gelang dieses Kunststück im Jahr 2010 wegen seinem sehr reduzierten schwarz-weißen Artstyle. Wer hinter die beklemmende Fassade schaute, wurde außerdem mit überraschend gewalttätigen Darstellungen von Todesanimationen und einer Geschichte beschenkt, die durch ihr offenes und überraschendes Ende zahlreiche Foren zum Diskutieren und Interpretieren angeregt hat.

Auf Bewährtes setzen
Auf den ersten Blick orientiert sich Inside sehr stark am Erstlingswerk von Playdead. Wir erwachen wieder in einem Wald, bewegen uns erneut nach rechts und links und spielen abermals einen wortkargen Jungen. Die ganze Geschichte wird ebenfalls ohne Worte erzählt, allerdings in einem wesentlich konkreteren Setting. Bei Limbo laufen wir permanent durch einen Wald, dessen Hintergründe bis zum Ende nicht aufgelöst werden. In Inside kriegen wir wesentlich schneller einen Eindruck von der Umgebung, in der wir uns befinden. Relativ zu Beginn der Geschichte erreichen wir ein riesiges Gebäude, in dem offensichtlich dubiose Versuche mit Menschen angestellt werden. Hieraus ergibt sich auch das eine oder andere Rätsel. Mehr soll an dieser Stelle zur Geschichte allerdings nicht verraten werden. Innerhalb der drei Stunden Spielzeit weiß diese einen durchaus bei der Stange zu halten. Playdead wissen, wie sie aus einer anfangs kaum beklemmenden Umgebung nach und nach einen immer dubioseren und härteren Ort machen, bei dem man sich des Öfteren fragt, ob diese Szene gerade wirklich auf dem Bildschirm abgelaufen ist.

Einen Aspekt, den die Entwickler im Vergleich zu Limbo deutlich ausbauen konnten, ist die Atmosphäre. Die beklemmende Stimmung wussten sie im Vorgänger bereits gekonnt zu vermitteln, doch was einem in Inside präsentiert wird, ist stellenweise fast grenzwertig beängstigend. Es tauchen im Laufe des Spiels beispielsweise Monster auf, die uns kontinuierlich verfolgen. Diese sind so gut animiert und designt, dass diese Szenen für den einen oder anderen Spieler tatsächlich gruselig sein könnten. Die Atmosphäre, die durch die großartigen Animationen und die beklemmende Umgebung entsteht, wird außerdem durch die musikalische Untermalung deutlich verstärkt. Jedes Mal, wenn wir vor einer Tür stehen, in der sich besagtes Monster befindet, hören wir beispielsweise ein markantes Geräusch, das wir sofort mit der entsprechenden Gestalt verbinden. Jede Bewegung und Aktion wird ebenfalls gekonnt akustisch in Szene gesetzt.

Spielerisch wenig Entwicklung

Am wenigsten hat sich im Vergleich zu Limbo etwas am Gameplay verändert. Nach wie vor haben wir die eine oder andere Hüpfpassage zu meistern und stellen uns sonst einer Vielzahl an Rätseln. Diese fallen teils kreativ und teils eher mittelmäßig aus. Auf Rätsel à la „Gehe zu Punkt A, um Schalter B zu betätigen, der Tür C öffnet“ wurde auch hier nicht verzichtet. Diese kommen allerdings nicht so oft vor, als dass die Motivation darunter leiden würde. Insgesamt fallen die Rätsel dennoch ziemlich einfach aus. Gefordert werden wir nur selten, das eine oder anderen Aha-Erlebnis gibt es dennoch. Insgesamt wäre hier etwas mehr Mut allerdings förderlich gewesen.

Fazit:

Inside konnte mich nicht mehr so faszinieren wie Limbo, auch wenn es objektiv betrachtet das bessere Spiel ist. Dafür hat mir einfach etwas der Mut gefehlt, aus den vorher definierten Strukturen deutlich auszubrechen. Dennoch ist Inside ein sehr gutes Spiel, das ich über weite Strecken sehr genossen habe. Vor allem die Geschichte weiß mit ihren Tabubrüchen zu überzeugen. Das Ende hat mich, trotz des einen oder anderen überraschenden Moments, allerdings etwas enttäuscht zurückgelassen. Inside schafft es eine runde Geschichte zu erzählen, bei der einem am Ende alles deutlich klarer wird. Das große Epos, das lange zum Nachdenken anregt, braucht man hier allerdings nicht erwarten. Wer also Limbo mochte oder auf clever gestaltete Side-Scroller steht, sollte sich Inside mal genauer anschauen.