Of Mice and Sand – TEST
Als der Nintendo DS 2004 veröffentlicht wurde, erkannten ein paar Entwickler das Potenzial von Echtzeit-Strategiespielen, die man auf Nintendos Handheld zum Leben erwecken lassen konnte. Da das Genre allerdings in Vergessenheit geriet, blieb die erhoffte Revolution auf den Handhelds aus.
Der Titel des Spiels orientiert sich zweifellos am US-amerikanischen Roman Of Mice and Men von John Ernst Steinbeck aus dem Jahr 1937. Während in Steinbecks Werk zwei Wanderarbeiter nach dem wenig realistischen und eher mythischen American Dream streben, sind es im Spiel vom Entwicklerstudio Arc System Works wahrhaftig die titelgebenden Mäuse, die sich ein besseres Leben erhoffen. Wir begleiten die peu á peu anwachsende Mäusetruppe dabei, ihr Ziel, das von Sagen umwobene El Dorado zu finden. Um nach El Dorado zu gelangen, durchqueren wir mit den Mäusen und ihrem Wüstenschiff die sandige Spielwelt und werden gleich zu Beginn des Spiels mit zahlreichen Tutorials erschlagen. Diese geben uns zwar kurz und knapp Anweisungen, wie das Spiel funktioniert, fühlen sich kumuliert jedoch reichlich nervig an.
Nach den ersten dreißig bis sechzig Minuten nehmen solche Informationstexte allerdings merklich ab, sodass wir uns tatsächlich voll und ganz auf das Echtzeit-Strategiespiel konzentrieren können. Obwohl das Spiel kaum eine Spieltiefe wie Genre-Klassiker, die Ende der 1990er Jahre und nach der anschließenden Jahrtausendwende auf dem PC erschienen sind, entwickelt, heißt das aber nicht, dass der Titel nicht komplex ist. Wichtig ist dabei zu erwähnen, dass sämtliche Texte auf Englisch sind und wer nicht erst herumexperimentieren will, sollte zumindest über gute Schulenglischkenntnisse verfügen.
Wuselnde Mäusekolonie
Wer diese Hürde überwunden hat, darf sich auf ein erfrischend eingängiges Spielprinzip freuen. Das Geschehen wird in diesem Zusammenhang durchweg aus der zweidimensionalen Seitenansicht dargestellt. Während auf dem oberen Bildschirm das gesamte Wüstenschiff zu sehen ist, sehen wir auf dem unteren 3DS-Bildschirm einen kleinen Ausschnitt davon. Hier dürfen wir intuitiv mit dem Touchpen auswählen, wo wir Schlafräume, Werkbänke oder Lagerräume unterbringen wollen. Damit die panisch herumlaufenden Mäuse auch alle Ebenen erklimmen können, müssen wir zudem Leitern im Wüstenschiff platzieren. Zwar fällt die Entscheidung bei der Anordnung der verschiedenen Räume nicht sonderlich stark ins Gewicht, doch wer einen Lagerraum in der Nähe einer Werkbank positioniert, wird sich darüber freuen, dass die Arbeitsprozesse wesentlich effektiver funktionieren.
Während der automatischen Fahrt durch die Wüste sammeln wir übrigens Metall- und Schrottteile ein, welche die Mäuse im Wüstenschiff hin und her transportieren. Das erinnert zwar ein wenig an das charmante Wuseln aus Die Siedler II: Veni, vidi, vici, doch unterbrechen die Mäuse den Warenkreislauf nicht durch Weitergabe an ein anderes Individuum. Da das Wüstenschiff trotz Ausbaumöglichkeiten überschaubar bleibt, geht das immer noch flott vonstatten und zumindest auf dem oberen Bildschirm haben wir immer alles im Blick. Nur auf dem unteren Bildschirm leidet im fortgeschrittenen Spielverlauf die Übersicht merklich.
Of Mice and Mistakes
Aufgelockert wird das Spiel durch Aufträge, die wir an den Außenposten in der Wüste erhalten. Um diese abzuschließen, müssen wir im Wüstenschiff bestimmte Objekte fertigen, die wir dann dem Auftraggeber aushändigen. Als Belohnung winken Geld, Nahrungsmittel zum Überleben und nicht selten Treibstoff. Wir müssen also darauf achten, dass die Mäuse immer die Möglichkeit haben, sich auszuruhen und – wie könnte es auch anders sein – mit Käse ihren Appetit zu stillen. Die Spritanzeige müssen wir ebenfalls beachten, wenn wir nicht mitten in der Wüste ohne jedwede Hoffnung stranden wollen. Inhaltlich macht Of Mice and Sand vieles richtig und kann sowohl stundenlang, als auch während mittellangen Bus- und Bahnfahrten, in seinen Bann ziehen.
Größter Kritikpunkt dürfte wohl sein, dass die Aufträge repetitiv sind und Aufgaben umständlich einzeln in einem Menü verteilt werden müssen. An der technischen Seite könnten sich womöglich auch beinharte Genre-Fans stören. Während die optischen Defizite wie unzeitgemäße Animationen oder nicht so schöne Texturen und Grafiken dank des putzigen Retro-Grafikstils noch verziehen werden können, ist die musikalische Untermalung ziemlich einseitig. Die Musik ist zwar stimmig, doch die sich zu rasch wiederholende Dauerschleife kann bei längerer Spielzeit an den Nerven zerren. So bleibt der Titel für hungrige Genre-Fans interessant, doch zum Einstieg ins Genre gibt es bessere Alternativen.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Of Mice and Sand ist durchaus kein schlechter Vertreter des oft totgesagten Echtzeit-Strategie-Genres. Der Titel ist allerdings auch kein Paradebeispiel dafür, wie man das Genre auf Nintendos Handheld angemessen präsentiert. Das Setting und das Gameplay können mich in ihren Grundfesten zwar begeistern, doch hat man einfach nicht im Detail am Spiel geschliffen. Im Kern liegt das vor allem an den Herstellungsaufgaben, die recht umständlich einzeln in Auftrag gegeben werden müssen, sodass sich das Spiel schon nach kurzer Zeit repetitiv anfühlt. Neben der umständlichen Bedienung sorgt auch der einseitige Soundtrack dafür, dass ich Of Mice and Sand wohl nur selten zur Abwechslung bei Bahnfahrten herauskramen werde.