Rune Factory 3 Special – TEST
Gute Bauernhofsimulationen schaffen den gegensätzlichen Spagat aus Entspannung auf dem heimeligen Hof und dem Stress durch zeitoptimierte Farmarbeit. Das gelingt auch Rune Factory 3 Special.
Die Neuauflage des Nintendo-DS-Spiels aus dem Jahre 2009 dürfte Kennern der Reihe direkt vertraut vorkommen. Einmal mehr gelangen wir als Amnesie-geplagter Jüngling in eine kleine Siedlung voller Anime-Figuren. Nach Ankunft in Scharanz werden wir schnurstracks im freistehenden hohlen Baum einquartiert. Anbei ist direkt ein großes Feld, sodass wir selbst für unseren Unterhalt sorgen können. Wie praktisch! Die Handvoll Charaktere im Dorf lernen wir schnell kennen – und die meisten haben direkt kleine Aufgaben für uns oder spannen uns in ihre Geschäfte ein. Bei einem Großteil der Bewohner handelt es sich um Ladenbesitzer wie das Mädchen Shara, bei dem wir Saatgut erstehen können, oder der ansässige Schmied Gaius, der uns mit neuen Werkzeugen und Waffen ausstattet.
Hoher Puls bei der Feldarbeit
Aus der vertrauten Draufsicht gehen wir so dem Alltag des Lebens in Scharanz nach. Es gibt eine übergeordnete Handlung, die Stück für Stück vorangetrieben wird. Der Fokus liegt aber auf der Entwicklung der Farm und den sozialen Beziehungen mit den Dorfbewohnern. Wie wir unseren Tag dafür einteilen, ist uns überlassen. Ein Tag dauert nicht länger als wenige Minuten, was schon für das hohe Spieltempo von Rune Factory 3 Special spricht. Die Laufzeit vom heimischen Bett bis zu den Läden dauert sieben Sekunden, den ganzen Ort zu durchqueren nur wenige Sekunden mehr. Es gibt keine Ladezeiten beim Bildschirmwechsel oder beim Betreten der Häuser.
Besonders im Vergleich zum dauerladenden und dauerruckelnden Rune Factory 5 ist das eine wahre Wohltat und zeigt die Vorteile der reduzierten Technik im Vergleich zur nicht optimierten 3D-Umgebung des neuesten Teils auf. Immerhin wollen wir im Sekundentakt Dinge erledigen, schnell kleine Optimierungen am Feld vornehmen, am Wegesrand die Dialogoptionen eines Nicht-Spieler-Charakters erschöpfen und schon wieder in den Wald neue Ressourcen sammeln und ein paar Monster verkloppen. Die Uhr tickt in Rune Factory 3 Special und wie üblich für Bauernhof-Simulationen wechseln auch hier die Tages- und Jahreszeiten im festen Rhythmus. Geerntetes werfen wir genretypisch in die Versandbox, die einmal täglich geleert wird und uns Geld einbringt. Dann beginnt der Kreislauf von Neuem.
Zeit ist Geld
Zu dieser Spielweise sind wir aber nicht gezwungen. Das bunte Spiel lädt mit seinen drolligen wie liebenswerten Figuren auch auf eine entschleunigte Spielweise ein. So bestehen die meisten Quests nur darin, sich ein wenig mit den Leuten zu unterhalten, sie besser kennenzulernen und ihnen gewisse Dinge zu bringen. Wir können unsere Zeit mit Angeln vertreiben oder Leute mit selbstgekochten Gerichten überraschen. Hier kommt aber wieder das Spiel ins Spiel. Immerhin levelt jede Tätigkeit mit und auch die Beziehungsstufen zu den Dorfbewohnern sind stets einsehbar. Wir ertappen uns schnell dabei, dass wir dann doch wieder versucht haben, zu optimieren: Schnell der verfressenen Collette etwas Essen kochen, um ihre Freundschaftsstufe effektiv zu steigern und spät nachts noch holzhacken, um auch kein Pixel unseres Ausdauerbalkens ungenutzt zu lassen. Hier sind wir regelrecht in der Motivationsspirale gefangen und freuen uns jeden Tag aufs Neue, frisch aus dem Bett zu hüpfen.
Das liegt besonders an der Verflechtung der ganzen Mechaniken. Einzeln betrachtet ist weder das Bauernhof-Gameplay besonders tiefgreifend und auch das Action-Kampfsystem oder die Dungeons zählen nicht zu den besten Vertretern des Hack-and-Slay-Genres. In Rune Factory 3 Special fließen die ganzen Elemente aber besonders gut zusammen und werden von Details, dynamischen Interaktionen der Figuren und einer wahnsinnig guten deutschen Lokalisierung zusammengehalten. Perfekt passt hier auch der Wuselfaktor der Nebenfiguren, die selbstverständlich auch ihrem Tagesablauf haben. Wir haben das Gefühl, in einem Dorf zu sein, in dem sich die Figuren auch gegenseitig wirklich kennen.
Hakelige Steuerung
Dennoch gibt es Dinge, die unseren Spielspaß ausbremsen. Über die Technik können wir hinwegsehen. Das ganze Spiel wurde in einer neuen Engine neugebaut, sodass es bei Weitem nicht mehr nach einem Nintendo-DS-Spiel aussieht, aber auch nicht nach einem wirklich modernen Ableger. Deutlich schlimmer ist das miese Inventar- und Item-Management, bei dem wir lange brauchen, bis wir mühelos zwischen den Farmwerkzeugen, Saaten, Waffen und Skills wechseln können. Das Transferieren zwischen Beutel und Kühlschrank oder Lagerkiste ist nicht wirklich intuitiv – und warum sind die Lagerplätze so schnell aufgebraucht? Hier hätte der Neuveröffentlichung kleine aber maßgebliche Veränderungen gutgetan.
Geschrieben von Jonas Maier
Fazit:
Rune Factory 3 Special schlägt in dieselbe Kerbe wie Rune Factory 4 Special. Zwar erkenne ich viele Elemente, die im Nachfolger ausgebaut wurden, doch vermisse ich ein paar Dinge wie zum Beispiel die ausgebauten Dungeons oder die größeren Dialogoptionen mit den Spielfiguren. Dafür punktet der dritte Teil immer noch mit denselben Stärken: Die Gameplay-Spirale aus Sähen, Ernten, Verkaufen und Co ist motivierend und die kleine Spielwelt steckt voller Details und Überraschungen. Das liegt an den symphytischen Figuren, die der Grund für die wohlige Stimmung im Örtchen Scharanz sind. Ein perfektes Spiel zum Wohlfühlen, sofern dann nicht doch wieder die Farm um Aufmerksamkeit ruft. Zum Glück kann ich hier ein paar Schafe und Monsterpilze auf meiner Farm zur Sklavenarbeit zwingen. Damit bleibt mir mehr Zeit für andere Dinge.