Another Lost Phone: Laura’s Story – TEST

Im März 2018 veröffentlichte Plug In Digital das Adventure A Normal Lost Phone für die Switch. Einen Monat später schob der Publisher Another Lost Phone: Laura’s Story nach und beweist damit, dass es nicht ausreicht, etwas Bewährtes in abgewandelter Form aufzubacken.


Wie schon im Erstlingswerk des französischen Entwicklerstudios Accidental Queens findet der Spieler ein verlorengegangenes Smartphone. Anhand des Spieltitels dürfte jedem bewusst sein, dass es sich hierbei um das Mobiltelefon einer gewissen Laura handelt. Wer diese Laura ist, muss der Spieler durch das Lesen dutzender Nachrichtenverläufe in Form von Kurzmitteilungen, E-Mails und weiteren privaten Nachrichten herausfinden. In vielen Dialogen zwischen Laura und ihren Mitmenschen verstecken sich zahlreiche Informationen, die zum Spielfortschritt bitter nötig sind. So können Bilder in den Nachrichtenverläufen und E-Mails aufs fiktive Smartphone heruntergeladen und analysiert werden, um beispielsweise die Menschen in Lauras Leben zu identifizieren.

Unter anderem lernt der Spieler durch Betrachten der Bilder und Lesen der Gesprächsverläufe Lauras Freund Ben, ihre Schwester Carmen oder etwaige Arbeitskollegen kennen. So ist es zwar möglich, sich ein gutes Bild von Lauras Umfeld zu machen, doch bleiben die meisten Charaktere eher leblose Hüllen. Sie wirken vielmehr wie ein Mittel zum Zweck als natürliche Menschen, die es so auch in der Realität geben könnte. In A Normal Lost Phone ist dies durch zahlreiche Details und unverkennbare Merkmale in den Nachrichten auf dem Smartphone zu erkennen. In Laraus Geschichte sind diese einfach zu steril, was dazu führt, dass kaum Überraschungen oder Wendungen auf den Spieler warten.

Unerklärlich umständliches Gameplay

Am eigentlichen Gameplay hat sich seit dem Vorgänger nur wenig getan – und ehrlich gesagt hat das Spiel auch hier einen Rückschritt gemacht. Nach wie vor verstecken sich in Fotos und in den Nachrichtenverläufen wichtige Botschaften, die geschickt kombiniert werden wollen, um beispielsweise auf verschiedene Online-Konten zugreifen zu können oder den Internetzugang auf das öffentliche Netzwerk zu aktivieren. Leider wirken diese Rätsel in Another Lost Phone sehr aufgesetzt, da auch das Herausfinden der Lösung künstlich in die Länge gezogen wird. Unter anderem müssen bei einer Sicherheitsfrage die Namen dreier zufälliger Personen aus Lauras Bekanntenkreis zum richtigen Porträt zugeordnet werden.

A Normal Lost Phone ist in dieser Hinsicht wesentlich verspielter und nicht so unzugänglich. Ärgerlich ist auch, dass das Spiel im stationären Modus ausschließlich mit dem rechten Joy-Con inklusive Pointer-Funktion gespielt werden kann. Eine reine Knöpfchensteuerung oder eine Pro-Controller-Unterstützung wie beim Vorgänger gibt es nicht. Es empfiehlt sich aber ohnehin auch beim zweiten Serienteil den Titel eher im Handheld-Modus zu spielen, da die Steuerung über den Touchscreen der Bedienung eines echten Smartphones nachempfunden ist. Leider kann diese Steuerungsmethode das Spiel nicht aus seiner kontinuierlichen Talfahrt retten – die hohen Erwartungen nach dem überraschend guten ersten Teil können nicht erfüllt werden.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

A Normal Lost Phone ist ein Adventure, das mit einzigartigen Charakteren, intuitiver Rätselkost und mit der behandelten Thematik eine Tiefgründigkeit erreicht, die in Another Lost Phone: Laura’s Story verzweifelt gesucht wird. Zwar setzt sich das zweite Spiel von Accidental Queens ebenso auf sehr sozialkritische Weise mit einem gesellschaftlichen Problem auseinander, doch bleibt ein Großteil der Charaktere viel zu blass. Sie weisen kaum Eigenschaften auf, die sie voneinander unterscheiden lassen und sämtliche Textbausteine fühlen sich immer wie die logische Konsequenz an, was als nächstes in der Story passieren muss. Das ist wirklich unverständlich, da sich der Vorgänger vom gleichen Entwicklerstudio auf wesentlich bessere Art und Weise mit den Figuren und ihren Beweggründen auseinandersetzt – und noch dazu mit ein paar Überraschungen und Wendungen punkten kann. Das Spiel rundum Lauras Geschichte ist zwar immer noch ein solides Adventure, doch kommt es mit Abstand nicht an den ersten Teil heran. Wer diesen noch nicht gespielt hat, sollte eher dort zugreifen.