Final Fantasy VII – TEST
1997 war ein Jahr, das in die Geschichte einging: Das für die PlayStation veröffentlichte Final Fantasy VII gilt unter vielen Fans bis heute als bester Serienteil. Obwohl die Reihe bis dahin fast ausschließlich auf Nintendo-Plattformen beheimatet war, wurde das Spiel ein Meilenstein.
Nintendos Entscheidung, mit dem Nintendo 64 auch weiterhin auf Module anstatt auf die aufkeimenden optischen Speichermedien zu setzen, hat Mitte der 1990er-Jahre nicht nur zu Stirnrunzeln, sondern auch zu einem Bruch zwischen Nintendo und Square geführt. Viele Jahre entwickelte der Konzern neben anderen Unternehmen wie Enix zahlreiche Rollenspiele für das Nintendo Entertainment System, den Game Boy und das Super Nintendo. Damit war auf einmal Schluss, die teuren und speicherplatzarmen Module reichten Square nicht mehr aus, um ihre Vision der nächsten Generation von Rollenspielen umzusetzen.
Dass der fast vollständige Umzug eines ganzen Genres auf Sonys Konsolendebüt auch Nintendo nicht kalt gelassen haben dürfte, zeigte sich spätestens in einem Interview aus dem Jahr 1999 mit Nintendos damaligen Präsidenten Hiroshi Yamauchi, der Rollenspieler als deprimierte Personen, die in abgedunkelten Räumen mit langsamen Spielen vor sich her vegetieren, dargestellt hat. Unter Yamauchis Nachfolger Satoru Iwata änderte sich das Verhältnis zwischen dem mittlerweile zu Square Enix fusionierten Konzern auf GameCube und Game Boy Advance vehement. Im Jahr 1996 endete die Kooperation nach Veröffentlichung von Treasure Hunter G jedoch, das Nintendo 64 musste ohne ein einziges Spiel aus dem Hause Square auskommen und Nintendo vorerst auf Final Fantasy verzichten.
Meilenstein der Videospielgeschichte
Diese Entscheidung hat nicht nur in Japan Wellen geschlagen, denn auch international machte der siebte Teil auf sich aufmerksam. In Nordamerika wurden vor der siebten Episode nur der erste, vierte und sechste Ableger veröffentlicht und noch dazu neu nummeriert, was beim Erscheinen von Final Fantasy VII für verdutzte Gesichter gesorgt haben muss. In Europa hat Square den einstigen Fehler nicht wiederholt und das Spiel als siebten Teil veröffentlicht. Marketing-Experten raten zwar immer wieder davon ab, Videospiele zu nummerieren und stattdessen lieber einzigartige Untertitel zu verpassen, doch Squares Final Fantasy VII zeigt mit fast zehn Millionen verkauften Einheiten der ursprünglichen Version für PC und PlayStation sehr gut, dass auch Experten sich irren können.
Final Fantasy VII wurde zu einem Riesenhit und war vor allem in Europa der erste Kontakt mit der Reihe und vielleicht sogar mit dem Rollenspielgenre, das damals noch klar als absolutes Nischengenre bezeichnet werden konnte. Zwei Jahrzehnte lang war das Spiel nur für den PC, die PlayStation oder Mobile-Plattformen verfügbar, was sich während einer Nintendo-Direct-Ausgabe Mitte 2018 ändern sollte, bei der das Spiel neben weiteren Final-Fantasy-Ablegern für die Switch angekündigt wurde, was insbesondere jene freuen dürfte, die nie in Versuchung anderer Videospielsysteme gekommen sind.
Tiefgründiges Universum
Hohe Verkaufszahlen des ursprünglichen Spiels, Umsetzungen für Smartphones und Tablet-PCs und nicht zuletzt die große Vorfreude auf die Switch-Fassung unter Nintendo-Fans führen unweigerlich zu der Frage, was Final Fantasy VII so besonders macht. Da ist vor allem die vielschichtige Handlung zu nennen, denn anstatt sich zu viel Zeit mit der Exposition zu lassen, werden wir unmittelbar ins Geschehen geschleudert. Zu Beginn des Spiels schlüpfen wir in die Rolle des ehemaligen Elite-Soldats Cloud Strife, der sich der Widerstandsgruppe Avalanche angeschlossen hat. Diese hat es auf den Energiekonzern Shinra abgesehen, der mit der so genannten Mako-Energie, dem Lebensstrom des Planeten, die Weltherrschaft an sich reißen will.
Dementsprechend beschließt Rebellenführer Barret Wallace, nach und nach die Energiereaktoren in der Stadt Midgar in die Luft zu jagen. Obwohl Cloud anfangs als Söldner nur Geld im Sinn hat, wird er nach und nach immer mehr in den Kampf gegen den Konzern hineingezogen. Mit ansteigender Spielzeit erfahren wir immer mehr über die Spielwelt, die sich mit Themen wie Umweltschutz oder der Möglichkeit eines Lebenskreislaufs befasst. In puncto Storytelling erreicht Final Fantasy VII eine neue Stufe und überflügelt damit sogar leicht den sechsten Teil, der 1994 inhaltlich und inszenatorisch die Messlatte hochgelegt hat.
Facettenreiche Charaktere und ihre Entwicklung
Des Weiteren dreht sich die Geschichte von Final Fantasy VII auch noch um Untergruppierungen verschiedener Institutionen, der Existenz von außerirdischem Leben und schließlich – wie könnte es auch anders sein – um die Rettung des gesamten Planeten. Im Verlauf der Story hat Cloud zudem Einbildungen, Träume und Visionen; seine Vergangenheit wird mehr und mehr mit der gegenwärtigen Story verknüpft. Aufgrund der eher schwachen deutschen Übersetzung, die für die Neuveröffentlichung des Spiels auf der Switch, der PlayStation 4, dem PC oder der Xbox One nicht überarbeitet wurde, kann das vor allem im späteren Spielverlauf hier und da zu Verwirrungen führen.
Es ist jedoch nicht nur Cloud, der einen wichtigen Beitrag zur Handlung liefert. Hinzu kommen peu á peu weitere Figuren wie der ominöse Krieger Sephiroth oder das Blumenmädchen Aeris Gainsborough, die entscheidend für den Ausgang der Geschichte sind. Hierbei handelt es sich allesamt um gut ausgearbeitete, gar facettenreiche Charaktere, die allesamt ihre eigenen Persönlichkeiten und Beweggründe für ihr Handeln haben. Alleine aufgrund der spannenden Charakterisierung und der Entwicklung der einzelnen Persönlichkeiten im auf etwa vierzig Spielstunden ausgelegten Abenteuer ist die Immersion für ein Spiel von 1997 auch Jahrzehnte später sehr enorm, Vergleichbares gibt es hier kaum.
Bekannte Rollenspielgesetze
Unsere Reise führt uns im ersten Viertel des Spiels hauptsächlich durch Slums, Reaktoren, einen Eisenbahnfriedhof und ein Bürogebäude von Shinra im Herzen der Stadt Midgar. Erst danach wird das wahre Ausmaß der Spielwelt von Final Fantasy VII für uns deutlich. Über eine Oberwelt reisen wir zu abwechslungsreichen Städten und Dungeons, lernen neue Charaktere für unsere Gruppe kennen und setzen die Mysterien von Spielwelt und Geschichte wie ein Mosaik zusammen. Wirklich neu erfindet Final Fantasy VII das Rad des Genres hierbei aber nicht, denn die Rollenspielgesetze wie das Sammeln von Erfahrungspunkten, die zu einem Level-up führen, sind auch im siebten Serienteil gegeben.
In den Läden der Spielwelt lassen sich neue Ausrüstungsgegenstände erwerben, die unsere Gruppenmitglieder verstärken. Noch dazu lassen sich viele Waffen und Rüstungsteile im Gegensatz zu anderen Rollenspielen mit Materia genannten Objekten ausstatten, die einerseits für Boni und Mali auf Attribute und andererseits für neue Zaubersprüche sorgen, die die Charaktere einsetzen dürfen. Werden Materia lange genug getragen, verbessern sie sich und haben einen größeren Effekt auf die Spielfiguren. Gewisse Materia beeinflussen sich sogar gegenseitig. Dieses Konzept ist spaßig, simpel und schnell erlernt, durch Experimentieren wird hier niemand überfordert.
Kampf bis ans Limit
Wer die drei Vorgängertitel des Spiels kennt, wird sich auch mit dem Kampfsystem schnell anfreunden können. Final Fantasy VII bedient sich weiterhin des hauseigenen Action-Time-Battle-Systems: Das bedeutet, dass sich ein Anzeigebalken zunächst auffüllen muss, bevor ein Charakter eine Aktion ausführen kann. Wem das zu hektisch ist, darf in den Einstellungsmöglichkeiten zumindest einstellen, dass die Balken der anderen Kampfteilnehmer und die Aktionen der Feinde so lange pausiert werden, bis ein Zauberspruch oder ein Gegenstand ausgewählt wurde.
Hinzu kommen so genannte Limit-Angriffe, die ebenfalls auf das Auffüllen einer Leiste zurückzuführen sind. Hat eine Spielfigur genug eingesteckt oder ausgeteilt, muss sie den Limit-Angriff anstelle des Standardangriffs ausführen. Dieser Zwang führt zum häufigen Einsatz der Spezialtechniken, was auch in kleineren Auseinandersetzungen immer wieder erfrischend sein kann, zumal die Attacken auch effektreich inszeniert werden. Grundsätzlich machen uns die zahlreichen Zufallskämpfe des Spiels sehr viel Spaß, einzig und allein beim Monsterdesign müssen wir uns gelegentlich an den Kopf packen. Gegner wie ein wackelndes Haus sind sowohl 1997 als auch zwei Jahrzehnte später sicherlich alles, nur nicht sonderlich glaubhaft oder kreativ. Derlei Widersacher sind zum Glück aber die absolute Ausnahme.
Vorgerenderte Hintergründe und Klötzchenfiguren
Unter optischen Gesichtspunkten ist Final Fantasy VII ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite hat es Square in den 1990er-Jahren geschafft, eine komplexe Rollenspielwelt nahezu vollständig aus vorgerenderten Hintergründen zu erschaffen, in denen sich die Figuren bewegen und je nach Position im Bild auch vergrößert oder verkleinert dargestellt werden. Die Charaktermodelle sind jedoch alles andere hübsch, selbst Playmobil-Figuren sind kaum neidisch. Vor allem die Proportionen der Spielfiguren sind unglaubhaft und wirken bei verschiedenen Animationen einfach nur albern. Als relativ frühes PlayStation-Spiel, das womöglich auch seine ursprüngliche Nintendo-64-Herkunft nicht ganz verschleiern kann, ist das aber auch im Angesicht der wesentlich hübscheren Nachfolger halbwegs zu verzeihen.
Immerhin erinnern Figuren wie der Held oder dessen Freundin Tifa Lockheart zumindest im Kampfbildschirm mehr an Menschen als an Bauklötze. Für große Augen müssen in den späten 1990er-Jahren auch die Hintergründe gesorgt haben, die viel realistischer die Ausmaße von Umgebungen oder Gebäuden einfangen als die Pixel-Grafiken der vorherigen Serienableger. Allerdings sind die Hintergründe auf der Switch etwas verwaschener und blasser als im Original. Das ist aber verschmerzbar, zumal das Problem auch Xbox One und PlayStation 4 betrifft.
Rollenspielklassiker für die Ewigkeit
Wirklich fantastisch sieht auch heute noch der Übergang vom Geschehen in Spielgrafik in ein Full-Motion-Video aus, wenn besondere Situationen mit bewegten Bildern dargestellt werden sollen. Zwar ist der Schnitt deutlich spürbar, fällt in der darauffolgenden Sekunde aber nicht mehr auf. Neben späteren Highlights überzeugt vor allem der Auftakt des Spiels mit solchen Videosequenzen, von denen es nicht wenige gibt. Im Zusammenhang mit dem unglaublich guten Soundtrack aus der Feder von Komponist Nobuo Uematsu sind solche Szenen ein Traum eines jeden Rollenspielers.
Die aktuelle Spielfassung bietet zudem ein wenig mehr als die ursprüngliche Version für PC und PlayStation, denn nachträglich wurden verschiedene Funktionen eingefügt. Auf Knopfdruck ist es möglich, Zufallsbegegnungen abzuschalten, die ganze Gruppe zu heilen oder die Limit-Anzeige aufzufüllen. Davon werden hartgesottene Rollenspieler, zumal der Schwierigkeitsgrad von Final Fantasy VII ohnehin nicht sonderlich hoch ist, wohl kaum Gebrauch machen. Viel interessanter ist jedoch die Möglichkeit, den linken Analog-Stick einzudrücken und die Spielgeschwindigkeit um das Dreifache zu erhöhen. Damit bewegt sich die Gruppe viel schneller und die teils langsamen oder langen Animationen der Charaktere in den Kämpfen können beschleunigt werden. Wer Final Fantasy VII noch nicht kennt oder das Spiel mit derlei Komfort erneut genießen möchte, kommt absolut nicht um diesen Klassiker herum!
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Final Fantasy VII ist nicht nur ein herausragendes Rollenspiel, das das Franchise auf eine neue erzähltechnische und inszenatorische Ebene hievte, sondern auch ein historischer Meilenstein in der Videospielgeschichte. Zahlreiche Final-Fantasy-Fans verbinden mit dem siebten Serienteil viele schöne Erinnerungen, die auf die spannende Geschichte, überraschende Handlungswendungen, facettenreiche Charaktere, umwerfende Videosequenzen oder nur auf den fantastischen Soundtrack zurückzuführen sind. Das Rollenspiel macht sehr viel richtig und begeistert mit einer sehr guten Spielbarkeit auch mehr als zwei Jahrzehnte später. Hinzu kommen Komfortfunktionen wie die Verdreifachung der Spielgeschwindigkeit, die für ein noch angenehmeres Gesamtergebnis sorgen. Mein persönlicher Lieblingsteil ist Final Fantasy VII auch mit den Neuerungen zwar nicht geworden, er gehört aber definitiv in jede gut sortierte Rollenspielsammlung und sollte nicht nur von Fans des Franchises, sondern auch von jedem Genre-Liebhaber einmal ausprobiert werden.