Pocket Clothier – TEST

Kleider machen Leute, heißt es – und so verarbeitet Pocket Clothier in einer Wirtschaftssimulation den Handel mit Kleidungsstücken. Im Test entpuppt sich der Titel überraschend nicht als müder Aufguss bisheriger Titel von Kairosoft und verblüfft mit sehr guter Spielbarkeit.


In Pocket Clothier für die Nintendo Switch übernehmen wir die Rolle eines frisch gebackenen Managers, der ins Bekleidungsgeschäft einsteigen möchte. Nachdem wir uns für einen Namen unserer Boutique entschieden haben, gilt es das Ladenlokal mit Regalen und Waren zu füllen. Im Gegensatz zu anderen Wirtschaftssimulationen von Kairosoft, steht es uns allerdings nicht frei, die Boutique nach Belieben zu gestalten. Das heißt in diesem Falle jedoch lediglich, dass wir nicht nach dem Baukastensystem vorgehen sondern Regale nur an vordefinierten Stellen platzieren dürfen. Was im ersten Moment ein wenig ärgerlich klingt, fällt in der Praxis aber kaum negativ auf.

Regale und Kleiderständer sind schnell platziert und noch schneller mit der Ware gefüllt. Es ist jedoch nur möglich, das Interieur aufzubauen, wenn wir auch mindestens ein für das Objekt gedachte Kleidungsstück besitzen. Damenkleider können logischerweise nicht im Regal untergebracht werden und müssen an einem Ständer hängen. Hemden und Pullover gehören wiederum ins Regal oder auf die Grabbelkiste – jeder Verkaufsgegenstand hat in Pocket Clothier seinen Platz. Schade ist, dass wir angesagte Kleider nicht an mehreren Stellen ausstellen und nur an einem einzelnen festen Ort verkaufen dürfen. Entsprechend gilt es, die Ausstellungsflächen ständig zu erweitern oder die Ware, wenn möglich, auszuwechseln.

Alle Hände voll zu tun

Welche Kleidungsstücke wir in unserer Boutique anbieten können, hängt vor allem von unseren Lieferanten ab. Haben wir genügend Produkte aus seinem Sortiment verkauft, steigen wir in seiner Gunst. Das führt nicht nur in regelmäßigen Abständen zur Auszahlung von Prämien, sondern auch zu einer größeren Auswahl an neuen Produkten. Bevor er uns damit beliefern kann, müssen wir allerdings Marken sammeln. Dies geschieht beiläufig über verkaufte Kleidung in unserer Boutique und auch wenn diverse Kunden von uns zu bestimmten Anlässen eingekleidet werden wollen, werden wir selbst bei Teilerfolgen mit recht vielen Marken belohnt.

Haben wir schließlich Zugriff auf die mit Marken freigeschaltete Kleidung, müssen wir zusätzlich darauf achten, dass die jeweilige Stückzahl für unsere Kunden ausreichend ist. Eine Nachlieferung dauert bis zu dreißig Stunden und kann sich dementsprechend negativ auf unsere Bilanz auswirken, da auch in Kairosofts Pocket Clothier ein Tag für einen ganzen Monat im Spiel steht. Hinzu kommt, dass mit ansteigender Ladengröße auch mehr Personal eingestellt werden muss. Schließlich kann ein einzelner Mitarbeiter an der Kasse nur selten nebenher die Regale mit neuer Ware bestücken oder die Fußböden des Ladenlokals wischen. In Pocket Clothier gibt es jede Menge zu tun, was tatsächlich zu erfreulich wenig Leerlauf führt.

Bestens funktionierendes Gameplay

Damit der Rubel rollt, ist es wichtig, möglichst viel Kundschaft anzulocken. Hierzu müssen wir uns Gedanken machen und auch Einrichtungen wie Umkleidekabinen oder Spiegel zur Verfügung stellen, damit sich die Kunden in unserer Boutique wohlfühlen. Währenddessen entwickeln sich bestimmte Kundentypen weiter, die durch die passende Kleidung besser in Bewerbungsgesprächen abschneiden können. Mit besseren Jobs gibt unser Kundenstamm auch mehr Geld aus, was unsere finanziellen Möglichkeiten erheblich pusht. Wir sagten es bereits: Kleider machen Leute!

In anderen Kairosoft-Titeln wie World Cruise Story wäre unser Bankkonto in wenigen Minuten leergefegt, doch Pocket Clothier versteht es, das Gameplay verständlich zu vermitteln. Selbst Stunden nach Spielbeginn stehen uns zahlreiche Rücklagen zur Verfügung, sodass die eine oder andere Mehrausgabe nicht sonderlich ins Gewicht fällt. Obwohl Pocket Clothier im Kern bestens funktioniert, erbt das Spiel in anderen Belangen dieselben Stärken und Schwächen bekannter Kairosoft-Titel. Auf der einen Seite begeistert uns das Spiel mit seinem fröhlichen Wuselfaktor. Selten macht es so viel Spaß, pixelige Figuren über den Bildschirm flitzen zu sehen. Auf der anderen Seite greift das Spiel auf eine kleine Auswahl von recht repetitiven Musikstücken zurück. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, kommt durchaus in den Genuss eins der besten Spiele des japanischen Konzerns.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Obwohl viele Kairosoft-Spiele mit demselben Interface, demselben Gameplay-Konstrukt und häufig sogar mit demselben Spielablauf eher oberflächliche oder thematische Abwechslung bieten, bricht Pocket Clothier teilweise mit dieser Tradition. Schon von der ersten Minute hat mir das Spiel gezeigt, dass es mit einem wesentlich höheren Tempo funktioniert und mich ins Geschehen hineinsaugt. Da fällt es – zumindest mir persönlich – auch gar nicht so negativ auf, dass der Aufbaupart aufs Nötigste reduziert wurde. So bleibt mehr Zeit zum Managen von Einkauf und Verkauf, was verständlich und ohne wirklich spürbaren Leerlauf hervorragend funktioniert. Kleinere Mankos wie die repetitive Musik und die in den ersten Minuten etwas fummelige Bedienung sind unterm Strich aber nicht sonderlich der Rede wert. Pocket Clothier ist ein kleines Juwel, um das Fans von Wirtschaftssimulationen mit Retro-Fetisch nicht herumkommen.