Untitled Goose Game – TEST

In einem Videospiel eine Gans zu verkörpern ist unüblich. Was sollte eine Gans schon ausrichten? Nun, Gänse sind gemein. Also sind wir es auch, und zwar mit Vergnügen – in Untitled Goose Game.

Als Gans ist das Leben einfach. Es gibt keine Besitztümer, keine Verpflichtungen, keine Sorgen. Eine Gans hat natürlich kein Inventar, sondern trägt nur manchmal Dinge im Schnabel bei sich. Diese Dinge gehören meist Menschen, die sie behalten wollen. Das sorgt für Streit.

Neben dem Schnabel als Greifwerkzeug können wir ihn als Geräuschquelle zum Schnattern und Quaken nutzen. Als imposante Dreingabe dürfen wir noch die Flügel aufspannen. Mit der Fähigkeit zu gehen, zu kriechen und zu Laufen sind das alle Features einer Gans. Reicht das für ein Spiel? Und wenn ja, für welche Art Spiel?

Gänse sind fies

Rätselspiele machen Spaß, anderen Streiche zu spielen ebenso. Warum also nicht ein Spiel, bei dem wir als Gans genau das beides tun sollen? Ein Ärger-Spiel, das uns die Aufgaben vorgibt, die Menschen einer kleinen Dorfanlage zu stören. Dass sich die Bewohner der Gärten, Ladenbesitzer und Restaurantgäste dadurch genervt fühlen, dafür können wir als Gans wirklich nichts. Wir sorgen nur dafür, dass wir ein Picknick machen können. Oder dass der Gärtner eine neue Kopfbedeckung trägt. Oder dass er sich mit einem Hammer auf den Daumen haut. Ihr versteht das Prinzip.

Als Gans kann uns keiner der Menschen ernsthaft etwas antun. Manche jagen mit einem Besen nach uns. Andere verscheuchen uns von ihrem Grundstück. Doch tatsächlich etwas bewirken kann keiner gegen uns. Denn wir sind die Gans und wir haben einen Plan.

Untitled Goose Game gibt uns die Gelegenheit, mal so richtig gemein zu sein. Es bereitet uns diebische Freude, einem Jungen die Schnürsenkel zusammenzuknoten und zuzusehen, wie er der Länge nach hinfällt. Dann nehmen wir ihm die Brille weg, als wäre das noch nicht genug. All diese Aufgaben lassen sich so oft wie nötig ausprobieren. Wir sind schließlich unverwundbar und unausweichlich.

Listenreiche Gans

Wir bekommen ein simples Menü, in dem wir unsere Aufgaben des aktuellen Gebiets überblicken können. Erst nach dem Erreichen bestimmter Ziele gelangen wir in das nächste Gebiet. Alle Bereiche ergeben ein harmonisches kleines, britisch wirkendes Örtchen. Ladezeiten gibt es keine, alles hängt direkt miteinander zusammen.

In jedem Gebiet gibt es einige Bonusaufgaben, die wir aufschieben können. So können wir unser Spieltempo selbst bestimmen. Das trifft auch auf die einzelnen Ziele zu, denn wir können auch hier entscheiden. Gehen wir behutsam vor, um keine Aufmerksamkeit zu erwecken? Stürmen wir auf unser Ziel los und flüchten dann zwangsläufig vor den Menschen? Das bleibt zum großen Teil uns überlassen.

Kurz, aber entspannt

Innerhalb weniger Spielstunden haben wir das Spiel inklusive der Bonusaufgaben beendet. Nach dem überraschenden Abspann kommt jedoch noch eine Reihe schwierigerer Aufgaben auf uns zu, die uns eine Weile bei Laune halten können. Es handelt sich um gebietsübergreifende Rätsel, die anstrengender zu knacken sind.

Die gesamte Spielzeit hinweg erregt das Spiel mit einfacher Grafik wenig Aufsehen. Cel-Shading sorgt für flache Texturen, zweckmäßig und mit einem gewissen Charme. Geräusche machen da als akustische Untermalung schon mehr her. Besonders sind jedoch die stressigen Momente. Werden wir verfolgt, begleitet uns ein der Hektik angepasster, dynamischer Klavier-Soundtrack. Das gibt Sinn, ist einigermaßen einzigartig in der Spielewelt und sorgt für passende Stimmung.

Mit seinem Auto-Save-Feature und den überschaubaren To-Dos ist Untitled Goose Game überraschend gut für die mobile Plattform Switch geeignet. Wer es nicht abwarten kann, darf den Titel natürlich auch im TV-Modus am Stück durchzocken. Dank der gewaltsamen Darstellung ist das Spiel ohne Altersfreigabe eingestuft und für Kinder durchaus unterhaltsam. Kleinere Spieler könnten allerdings von manchen Rätseln und in den actionreichen Szenen von der Steuerung überfordert sein.

Geschrieben von Arne Ruddat

Fazit:

Im Rahmen der Möglichkeiten einer Gans kann ich in Untitled Goose Game andere richtig schön ärgern. Ich genieße es, in der Kleinstadt Unruhe zu stiften und die Anwohner zu nerven. So lange das virtuell bleibt und ich niemanden wirklich damit störe, natürlich. Dass das Grundspiel dermaßen kurz ist, sorgt für einen angenehmen stetigen Fortschritt. So kenne ich wenigstens die gesamte Spielwelt schon recht früh und kann mich im Endgame den knackigen bereichsübergreifenden Rätseln widmen. Insgesamt ist Untitled Goose Game eine Perle, die ich uneingeschränkt jedem empfehlen kann.