Baten Kaitos I & II HD Remaster – TEST

Fast genau zwanzig Jahre nach der Erstveröffentlichung von Baten Kaitos: Die Schwingen der Ewigkeit und der verlorene Ozean in Japan, hat Bandai Namco das GameCube-Rollenspiel gemeinsam mit dem Nachfolger Baten Kaitos Origins für die Nintendo Switch umgesetzt. Baten Kaitos I & II HD Remaster präsentiert beide Teile in aufgehübschter Grafik und mit neuen Quality-of-Life-Funktionen. Der zweite Teil ist zudem erstmals in Europa erhältlich.


Baten Kaitos: Die Schwingen der Ewigkeit und der verlorene Ozean erschien im Dezember 2003 in Japan beziehungsweise im April 2005 in Europa als zweites Spiel von Xenosaga-Episode-I-Studio Monolith Soft. Heute sind die Rollenspiel-Experten unter Nintendo-Fans vor allem durch die Xenoblade-Chronicles-Spiele bekannt. Bei dem einst exklusiv für den GameCube erhältlichen Rollenspiel setzte Monolith Soft auf, für damalige Verhältnisse bereits unübliche, vorgerenderte Hintergründe, in denen wir uns mit den 3D-Modellen der Charaktere bewegen. Zudem setzt Baten Kaitos in den Kämpfen auf magische Karten, Magnus genannt, die wir ausspielen, um anzugreifen, uns zu verteidigen oder Items einzusetzen. Das gilt auch für den 2006 ausschließlich in Japan und Nordamerika veröffentlichten Nachfolger Baten Kaitos Origins.

Wendungsreiche Abenteuer

Eine Besonderheit der Baten-Kaitos-Spiele ist, dass wir nicht direkt die Hauptfiguren verkörpern, sondern der selbst benannte Schutzgeist des jeweiligen Protagonisten sind. Dabei wird auch die vierte Wand gebrochen, da uns die Charaktere direkt ansprechen und wir regelmäßig antworten oder reagieren dürfen. Großen Einfluss auf die Geschichte haben wir zwar nicht, aber zumindest auf den kurzfristigen Dialogverlauf. Gleichzeitig ist unsere Rolle als Schutzgeist gekonnt in die spannenden Geschichten der beiden Rollenspiele eingeflochten und erfüllt dort einen tieferen Sinn. So sind Kalas und Sagi besondere Menschen, da nur wenige einen Schutzgeist erhalten. Das wirkt sich auch auf den Umgang ihres Umfelds mit ihnen aus. Zudem wird der Blickwinkel auf die Geschichte nicht zwingend durch die Protagonisten der jeweiligen Spiele, sondern uns als Schutzgeist bestimmt.

In Baten Kaitos: Die Schwingen der Ewigkeit und der verlorene Ozean folgen wir dem achtzehnjährigen Söldner Kalas. Dieser erwacht zu Beginn des Spiels in einem kleinen Dorf, nachdem er ohnmächtig in einem nahegelegenen wie verbotenen Wald gefunden wurde. Kalas’ Ziel ist es, Rache am imperialen Offizier Giacomo zu nehmen, da dieser seinen Großvater und kleinen Bruder getötet hat. Bei einer Rückkehr in den Wald trifft Kalas auf Xelha, die ebenfalls im Konflikt mit dem Imperium steht. Durch ein Missgeschick lösen sie ein Siegel, das einen Teil des bösen Gottes Melpercio verschlossen gehalten hat. Damit spielen Kalas und Xelha dem finsteren Imperator Geldoblame in die Hände. Fortan ist es unsere Aufgabe, zu verhindern, dass der böse Gott wiedererweckt und das Imperium die Kontrolle über die gesamte Welt an sich reißt.

Baten Kaitos Origins ist zwanzig Jahre vor dem ersten Teil angesiedelt. Sagi ist das neueste Mitglied einer Spezialeinheit des Imperiums. Diese erhält einen zweifelhaften Auftrag, der schließlich damit endet, dass Sagi als Verräter gilt und gejagt wird. Gemeinsam mit Sagis roboterhaften Begleiter und der geheimnisvollen Milly müssen wir fliehen, unsere Unschuld beweisen und die politischen Intrigen hinter den Vorfällen aufdecken. Angesichts der recht kurzen Zeit zwischen Baten Kaitos Origins und dem Vorgänger, treffen wir während unseres Abenteuers auch auf bekannte Figuren des ersten Teils. Ähnlich wie Die Schwingen der Ewigkeit und der verlorene Ozean, erzählt Baten Kaitos Origins eine spannende und wendungsreiche Geschichte. Die Handlung ist eine der größten Stärken beider Teile und versteht es mit unerwarteten Entwicklungen sowie harten Wendungen zu überraschen. Gleichzeitig wissen die toll geschriebenen und vielschichtigen Charaktere zu überzeugen. Sie wachsen uns im Laufe des Abenteuers richtig ans Herz.

Klassische Erkundunge, kartenbasierte Auseinandersetzungen

Grob betrachtet sind beide Baten-Kaitos-Teile klassische japanische Rollenspiele. Wir erkunden mit unserer Gruppe die verschiedenen Gebiete, Städte, Dörfer und Dungeons der Welt, die wiederum über eine Weltkarte miteinander verbunden sind. Dass die Umgebungen dabei vorgerendert sind, trägt viel zum Charme bei und unterstreicht das erstklassige wie detailverliebte Design. Hier fällt bereits auf, dass für Baten Kaitos I & II HD Remaster nicht nur die Auflösung erhöht und das Breitbild hinzugefügt wurde, sondern auch dass Hintergründe und Charaktermodelle angemessen aufgehübscht wurden. Damit kann zwar die GameCube-Herkunft nicht verborgen werden, trotzdem können sich die Rollenspiel-Neuauflagen noch immer sehen lassen. Optisch wissen sie wirklich zu gefallen.

Das ist auch an den Kämpfen zu erkennen. Hier kommen die Charakter- und Gegnermodelle besonders zur Geltung. Gleichzeitig stellen wir uns in den Auseinandersetzungen dem ungewöhnlichen kartenbasierten Kampfsystem. Dieses unterscheidet sich in den beiden Teilen spürbar, auch wenn die Grundlagen identisch sind. Rundenbasiert wählen wir Befehle wie Angriffe, Verteidigung und Items über die in einem Deck zusammengestellten Karten aus. Während im ersten Baten Kaitos jeder Charakter ein individuelles Deck besitzt, teilt sich ein solches unsere Gruppe in Baten Kaitos Origins. Das sorgt für unterschiedlichen taktischen Anspruch, erfordert in beiden Teilen aber überlegtes Vorgehen. So reihen wir in Baten Kaitos: Die Schwingen der Ewigkeit und der verlorene Ozean unsere Karten sinnvoll aneinander, um mächtige Kombinationen zu erzielen. Zudem müssen wir auf Elementarschaden achten und Schwächen von Gegnern ausnutzen. Baten Kaitos Origins verzichtet zwar auf einige dieser Feinheiten, erfordert aufgrund einer etwas actionreicheren Inszenierung und der Zeitleiste, die uns anzeigt, wann wir wieder am Zug sind, noch mehr Aufmerksamkeit als der Vorgänger. Persönlich gefallen uns die Kämpfe im ersten Baten Kaitos zwar etwas besser, doch auch die Auseinandersetzungen in Baten Kaitos Origins wissen zu motivieren.

Kirchliches Leveln

Ebenfalls ungewöhnlich ist das Levelsystem. So sammeln wir zwar klassisch Erfahrungspunkte, steigen aber nicht direkt im Level auf. Stattdessen müssen wir über spezielle Speicherpunkte die in einer anderen Dimension gelegene Kirche aufsuchen. Hier können wir Erfahrungspunkte nutzen, um unsere Charaktere aufleveln zu lassen. Gleichzeitig dürfen wir den Rang der Charaktere erhöhen, sofern wir die richtigen Gegenstände dafür besitzen. Während uns letzteres mehr Karten im Deck und auf der Hand bringt, ist es bei Levelaufstiegen sinnvoll zu warten, da mehrere Stufen gleichzeitig einen kleinen Bonus bedeuten. Allerdings ist das alles nur im ersten Teil so. Baten Kaitos Origins lässt uns klassisch im Level aufsteigen, sobald ausreichend Erfahrungspunkte vorhanden sind. Dennoch besuchen wir auch hier die Kirche, um unseren Rang zu verbessern.

Abseits der Geschichte dürfen wir uns über zahlreiche Nebenquests freuen. Da diese nicht in einem Questlog festgehalten werden, müssen wir uns selbst merken, welche Aufgabe wir wo zu erfüllen haben und was wir dafür benötigen. Dafür besitzen wir spezielle Magnus, mit denen wir Objekte aus der Umgebung einsammeln und bei uns tragen können. So erhalten wir etwa an einem Brunnen Wasser oder bei einem Kamin Feuer. Zu beachten ist hierbei, dass sich in den Magnus eingeschlossene Gegenstände mit der Zeit verändern. So kann Obst verfaulen und Milch gärt und wird zu Käse. Ein interessanter Kniff, der natürlich auch bei den Quests eine Rolle spielt.

Fantastische Präsentation

Abseits der aufgehübschten Grafik, bietet Baten Kaitos I & II HD Remaster noch weitere Neuerungen. So dürfen wir uns über verschiedene Quality-of-Life-Funktionen freuen. Diese können wir jederzeit außerhalb von Kämpfen und Zwischensequenzen im Pausenmenü aktivieren. Dabei dürfen wir etwa die Spielgeschwindigkeit auf bis zu dreihundert Prozent erhöhen und überaus rasant durch die Welt flitzen. Außerdem können wir Kämpfe deaktiveren. Dadurch passiert nichts, wenn wir Gegner berühren. Auch den eingesteckten und ausgeteilten Schaden können wir beeinflussen. Es ist sogar möglich Gegner mit nur einem Schlag zu töten. Gemeinsam mit der Auto-Kampf-Funktion wird auf diese Weise das zeitweise notwendige und in japanischen Rollenspielen oft obligatorische Level-Grinding wesentlich vereinfacht.

Abgerundet wird Baten Kaitos I & II HD Remaster von einer gelungenen technischen Umsetzung. Zwar bleibt die Bildwiederholrate nicht immer konstant und es kommt gelegentlich zu Rucklern, wirklich negativ fällt uns das aber nicht auf. Im Gegensatz dazu wirkt sich das Fehlen der auf dem GameCube noch vorhandenen englischen Sprachausgabe weitaus stärker aus. Diese ist im Original zwar nicht unbedingt hochwertig, wäre aber aufgurnd der Vollständigkeit trotzdem eine schöne optionale Ergänzung gewesen. So erleben wir Baten Kaitos I & II HD Remaster abgesehen vom mäßig vertonten Intro ausschließlich auf Japanisch. Immerhin können die aus der GameCube-Fassung stammenden deutschen Texte bei Baten Kaitos: Die Schwingen der Ewigkeit und der verlorene Ozean noch immer überzeugen. Bedauerlich ist allerdings, dass Baten Kaitos Origins ausschließlich englische Texte bietet. Auf eine neue Übersetzung wurde leider verzichtet. Gewohnt fantastisch ist hingegen der stimmungsvolle Soundtrack, der schon auf dem GameCube zu den besten seiner Zeit gehört hat und nichts an Qualität eingebüßt hat. Auch wenn ihr nur an einem der beiden Teile interessiert seid, lohnt sich Baten Kaitos I & II HD Remaster definitiv. Beide Spiele bieten großen Umfang, lange Spielzeit und ein herausragendes Genre-Erlebnis.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

 

Baten Kaitos: Die Schwingen der Ewigkeit und der verlorene Ozean gehört zu meinen Lieblings-Japan-Rollenspielen aller Zeiten. Auf dem GameCube rangiert der Titel von Monolith Soft auf einer Position mit Tales of Symphonia und ringt um den Platz als bestes Rollenspiel für die Würfelkonsole. Die HD-Remaster-Neuauflage hat mich sofort wieder gefesselt und mir bewiesen, weshalb das Rollenspiel so großartig ist. Dank Baten Kaitos I & II HD Remaster kann ich nun endlich auch Baten Kaitos Origins spielen. Trotz der bedauerlicherweise fehlenden deutschen Übersetzung kann mich die Prequel-Fortsetzung ähnlich begeistern wie der erste Teil. Das taktische Karten-Kampfsystem, die vielschichtigen Charaktere und die wendungsreichen Geschichten sorgen dafür, dass es mir schwefällt, den Controller wieder aus der Hand zu legen. Fans japanischer Rollenspiele sollten sich Baten Kaitos I & II HD Remaster auf keinen Fall entgehen lassen.