Redaktionsdiskussion: Unsere Meinung zu Software-Schlüsselkarten – SPECIAL
Mit Software-Schlüsselkarten respektive Game Key Cards sorgt ausgerechnet Nintendo für hitzige Diskussionen in den sozialen Medien und bei einschlägigen Fachmagazinen. Die Gemüter wollen einfach nicht abkühlen, weshalb auch das NMag Stellung beziehen möchte.
In den letzten Jahren ist die Anzahl an Distributionsmöglichkeiten plattformübergreifend wie kontinuierlich gestiegen. Wer sich ein Spiel für die Nintendo Switch zulegen wollte, hatte bei Launch im Jahr 2017 gerade einmal zwei Optionen: sich das gewünschte Spiel auf einer Cartridge im Online- oder Einzelhandel zuzulegen – oder den Besuch im eShop zu wagen, um den gewünschten Titel rein digital zu kaufen und an den eigenen Account zu binden. Zwischenzeitlich erschienen immer mehr Spiele, selbst von großen Publishern wie Capcom oder Ubisoft, die in die Packung lediglich einen Downloadcode legten und als Nebeneffekt Plastikschrott verursachten.
Mit der Nintendo Switch 2 versucht Nintendo einen weiteren Weg zu ebnen – und zwar mit den sogenannten Software-Schlüsselkarten, die im Englischen auch als Game Key Cards von Sammlern und Spielern verschrien werden. Auf diesen Karten befindet sich lediglich eine Signatur, die für den (wahrscheinlich) unbegrenzten Download des Spiels auf einer (womöglich) nicht limitierten Anzahl an Nintendo-Switch-2-Konsolen berechtigt. Zum Spielen wird als Kopierschutzmaßnahme aber weiterhin die Software-Schlüsselkarte benötigt.
In dieser Redaktionsdiskussion möchten unsere Mitarbeiter ihre persönliche Meinung zum Thema zum Ausdruck bringen. Habt ihr ebenfalls eine (vielleicht hier gar nicht vertetene) Meinung zu den Software-Schlüsselkarten? Dann lasst uns an euren Gedanken in den Kommentaren teilhaben.
Erics Meinung:
Software-Schlüsselkarten, wie sie hochtrabend in der deutschen Übersetzung klingen, sind der letzte Scheiß! Entschuldigt bitte meine Wortwahl, aber selbst wenn ich mich in den letzten Wochen mit Menschen außerhalb meiner Videospielfreundschaftskreise darüber unterhalten habe, war die Resonanz zu Game Key Cards durchweg negativ – und das möchte ich an dieser Stelle einfach mal auf den Punkt bringen. Für kleinere Hersteller, die ihren Titel unbedingt in den Einzelhandel bringen wollen, mögen die günstiger zu produzieren Game Key Cards eine gute Alternative zum Verzicht auf diesen Distributionsweg sein. Im Endeffekt gewinnt allerdings niemand etwas dadurch. So hätte ich den Datenträger zwar physisch im Regal stehen, aber da die Daten heruntergeladen werden müssen, sorgt das für zusätzliche Probleme. Der Speicher der Switch 2 ist gerade bei übergroßen Drittherstellertiteln viel zu klein angesetzt. Außerdem ist Deutschland außerhalb der Ballungsräume um Großstädte wie München, Hamburg oder Berlin nach wie vor Entwicklungsland, was schnelles Internet angeht. So gibt es in ländlichen Gebieten Ortschaften, in denen nur eine langsame Verbindung oder teils auch gar kein kabelgebundenes Internet verfügbar ist. Vielspielern und Menschen ohne eine vernünftige Internetanbindung schlägt das japanische Traditionsunternehmen ins Gesicht. Außerdem hat Nintendo bislang an keiner Stelle gesagt, wie lange die Karten gültig sind. Auch zur Laufzeit des eShops der Switch 2 kann der Konzern logischerweise keine Angaben machen, da hiervon unzählige Faktoren abhängen. Ist der Shop einmal geschlossen, war es das. Im Endeffekt wird hiermit also noch mehr Plastik- beziehungsweise Elektroschrott produziert. Zum Launch der Switch 2 hätte ich mir gerne Yakuza 0 im Director’s Cut, Puyo Puyo Tetris 2S oder Street Fighter VI in der Years 1–2 Fighters Edition zugelegt. Alle Titel erscheinen jedoch nur als Game Key Card. Mein Geld will aber wohl niemand haben. In diesem Sinne: Pech gehabt!
Arnes Meinung:
Eric hat völlig Recht mit all seinen Bedenken. Ich sehe den Wunsch von kleineren Entwicklungsstudios, mit ihren Spielen im Laden stehen zu können und keinen Code-In-A-Box-Weg zu wählen, aber Software-Schlüsselkarten sind dennoch eine blöde Lösung. Wir brauchen noch immer Internet, um die Titel herunterzuladen und schlimmer noch: wir müssen den kleinen Elektronik-Plastikdongle, nämlich die Cartridge, noch immer mit uns herumtragen, um das Spiel spielen zu können. Ja, wir können es theoretisch wieder verkaufen oder verleihen oder weitergeben, aber dennoch wäre es erheblich angenehmer gewesen, die Software einfach auf der Cartridge selber zu haben. Einzig bei Spielen, die praktisch nur online funktionieren, wie Fortnite oder Rocket League, Diablo IV oder World Of Warcraft sehe ich ein, dass eine Version auf Cartridge wenig Sinn ergibt, wenn es ständig Patches und Updates gibt. Damit würde die Software ohnehin unbrauchbar ohne Internet und neue DLCs. Das ist aber ein geringer Trost, denn viele große Publisher bringen ihre Spiele als Code-In-A-Box oder als Software-Schlüsselkarte, die ich schon ihrer Bezeichnungen wegen, aber auch ihrer Funktionalität wegen beide untragbar finde.
Alex’ Meinung:
Vielleicht habe ich in der NMag-Redaktion die neutralste Haltung zu Software-Schlüsselkarten. Ich kann Erics oder Arnes Ablehnung nachvollziehen und teile ihre Meinung grundsätzlich. Es wäre definitiv besser, wenn die Spiele, die auf einer Software-Schlüsselkarte als klassisch physisches Spiel mit den Daten auf dem Modul im Einzelhandelt erscheinen würden. Ähnlich sehe ich das schon lange bei den Code-in-a-Box-Veröffentlichungen. Aus Sicht von Nintendo und vorallem Drittherstellern und Indie-Publishern wie -Studios, kann ich den Nutzen der Software-Schlüsselkarten verstehen. Vorteil der verschrienen Veröffentlichungsvariante ist die Verfügbarkeit im Einzelhandel und die Möglichkeit die Spiele wieder zu verkaufen oder zu verleihen. Eine Begrenzung an Downloads halte ich für unwahrscheinlich. Problematisch könnte es eher nach einer Abschaltung des eShops werden, doch auch diese sehe ich nicht so bald, zumal ich sogar beim 3DS noch die von mir gekauften Spiele herunterladen darf, nur eben keine neuen mehr erwerben. Geht Nintendo irgendwann bei der Switch 2 den 3DS- und Wii-U-Weg, wären rein digitale Titel nicht mehr verfügbar und könnten, wie es einigen Spielen ergangen ist, verschwinden. Die Software-Schlüsselkarten könnten in diesem Fall dafür sorgen, dass sie zumindest theoretisch noch gekauft werden können, sofern sie irgendwo im Einzelhandel noch zu finden sind und der Download wie bei digitalen Käufen weiterhin möglich ist. Ebenfalls bedacht werden sollte: Fast alle Spiele heutzutage erhalten zur Veröffentlichung oder kurz danach Updates und Patches, teilweise um essentielle Fehler zu beheben. Natürlich kann ich klassisch physische Spiele auch ohne diese spielen, doch bei so manchem Titel wäre das mit Ärgernissen oder sogar Gamebreaking-Bugs verbunden. Die Abhängigkeit von einem verfügbaren Online-Service hängt also schon lange nicht mehr von der Veröffentlichungsart ab. Trotzdem teile ich die Meinung meiner NMag-Kollegen, dass klassische Einzelhandels-Versionen besser sind und hätte mir gerade von Spielen wie Yakuza 0 Director’s Cut oder Street Fighter VI, auch aufgrund der Größe der dahinter stehenden Unternehmen, eine andere Veröffentlichung gewünscht. Da ich jedoch sowieso immer mehr Spiele rein digital besitze, obwohl ich physische Spiele eigentlich bevorzuge, stehe ich der ganzen Thematik relativ nüchtern gegenüber, kann den Ärger aber nachvollziehen. Letztlich bleibt es uns und euch überlassen, ob die Software-Schlüsselkarten erfolgreich werden und ob sie sich dauerhaft durchsetzen.
Markus‘ Meinung:
Als jahrelanger Verfechter und Sammler physischer Medien, sowohl im Bereich Spiele, als auch bei Filmen und Büchern tue ich mich sehr schwer mit der fortschreitenden Digitalisierung. Das liegt vor allem an meiner generellen Skepsis gegenüber großen Konzernen, dafür zu sorgen, dass man auf die Medien, die man gekauft hat, digital dauerhaft und auf Lebenszeit auch wirklich immer zugreifen kann. Große Sorge machen mir dabei die Abschaltungen von digitalen Plattformen oder auch einfach die Tatsache, dass diese Konzerne aus Lizenz- oder Kostengründen die Medien auch einfach von den Plattformen nehmen können, wodurch sie einfach nicht mehr erhältlich sind und verschwinden. Dies ist schon bei Spielen passiert, und auch bei Filmen oder Serien von Streamingdiensten. Aus diesen Gründen habe ich meine Spiele gerne auf Cartridges oder Disks und teile deshalb die Ablehnung von Eric und Arne gegenüber den Software-Schlüsselkarten der Switch 2. Diese sind wie ich finde eine besonders seltsame Zwischenform. Ähnlich wie der sowieso schon vollkommen sinnlose Code-in-a-Box, aber dennoch anders, da die Schlüsselkarten ja wie auch meine Vorredner bereits ausgeführt haben, verliehen oder verkauft werden können. Genau wie Arne und Alex kann ich zwar verstehen, dass die Schlüsselkarten gerade für kleine Publisher oder Indie-Entwickler eine preisgünstige Alternative sind, aber warum dann auch große Publisher wie Sega oder Capcom auf den Zug aufspringen, ist mir wirklich ein Rätsel. Das Problem ist auch, dass ich Nintendo wegen den abgeschalteten eShops älterer Konsolen nicht über den Weg traue, eine anhaltende Verfügbarkeit der Spiele garantieren zu können. Sind die eShops nämlich erstmal abgeschaltet, ist die Software-Schlüsselkarte vollkommen nutzlos. Ich bin wirklich mal gespannt, wie sich die Karten verkaufen, und ob die allgemein gefühlte Ablehnung der Schlüsselkarten dazu führen, dass doch wieder mehr Spiele wirklich als physische Version erscheinen.