
Mario Kart World – TEST
Erstmals in der Firmengeschichte von Nintendo erschien ein Serienteil der Mario-Kart-Reihe zum Launch einer neuen Konsole. Uns soll es recht sein, denn Mario Kart World verzaubert von der ersten Minute, sofern ihr euch denn auf ein paar Kompromisse einlasst.
Wer von euch sich noch an den Nintendo-64-Klassiker Diddy Kong Racing aus dem Jahr 1997 erinnert, wird in Mario Kart World womöglich in Notalgie schwelgen. So verfügt der im Juni 2025 veröffentlichte Fun Racer aus dem Hause Nintendo über eine offene Spielwelt, die wir frei befahren dürfen. Im Gegensatz zu Diddy Kong Racing sind in dieser Welt aber nicht die einzelnen Rennpisten anwählbar. Stattdessen ist die Welt mit kleineren Aufgaben bestückt, die wir absolvieren können. Auch lassen sich hier etliche Sammelgegenstände finden, mit denen wir Sticker für unseren Fuhrpark freischalten. Auch Kostüme gibt es für die Charakterriege zuhauf zu entdecken, wenn wir an Imbissen halten.
Dass Nintendo mit offenen Spielwelten bislang wenig Erfahrung hat, wissen wir unlängst aus den beiden The-Legend-of-Zelda-Episoden Breath of the Wild und Tears of the Kingdom. Auch in Mario Kart World ist die titelgebende Welt recht leer, so atmosphärisch und weitläufig sie auch erscheint. Alleine damit steht das Rennspiel schon unter einem schlechten Stern, da die einzelnen Spielmodi auf genau diese Spielwelt setzen und keine eigenständigen Umgebungen bieten. Das klingt im ersten Moment aber schlimmer als es wirklich ist. Eines können wir dennoch vorwegnehmen: Mario Kart 8 Deluxe von 2014 beziehungsweise 2017 kann der neueste Serienteil nicht vom Thron stoßen. Dafür macht er an zu vielen, aber keineswegs an allen Stellen etwas falsch.
Etappenrennen
Im Einzelspielermodus können wir uns beispielsweise an einen Grand Prix heranwagen. Während der erste zu befahrende Rennkurs von Mario Kart World sehr klassisch nach altbewährtem Prinzip stattfindet, knüpfen die anderen Rennen hieran an. Behauptete Nintendo vor dem Release noch stolz, dass wir mit unserem Kart zwischen den Rennen einfach zur nächsten Piste fahren, wird eigentlich auch schon die Strecke zum nächsten Kurs in die Rundenanzahl hinzugerechnet. Rundenanzahl ist vielleicht auch etwas zu viel gesagt, denn die allermeisten Pisten im Spiel sind gerade Strecken, wodurch es sich überwiegend um Etappenrennen handelt, wie es andere Rennspiele wie Need for Speed: The Run vor etlichen Jahren bereits vorgemacht haben.
Da wundert es auch nicht, dass sich der Fokus in unseren Augen auf die Knock-out-Touren verschoben hat. Hierbei handelt es sich um den zweiten Menüpunkt des Singleplayer-Modus. Tatsächlich fahren wir hier ein Etappenrennen von einem Punkt zum anderen und nehmen dabei fünf statt vier Strecken mit. Zudem findet dieses Rennen ohne die bekannte Unterbrechung zwischen den Rennen im Grand Prix von Mario Kart World statt. An Kontrollpunkten wird die maximale Anzahl an Fahrern schrittweise von Vierundzwanzig auf Vier reduziert. Liegen wir auf den hinteren Plätzen, scheiden wir aus dem Fahrerfeld aus.
Spaßige neue Items
Daneben bietet der Fun Racer noch weitere bekannte Modi wie etwa das Zeitrennen, in dem wir Bestzeiten aufstellen oder eben Rekorde von anderen Spielern knacken können. Auf diese Art und Weise lässt sich unser Fahrstil ohne großen Einsatz von Items verbessern. Diese sind nämlich auch in Mario Kart World wieder mit von der Partie. Mit Pilzen beschleunigen wir, Schildkrötenpanzer und Bananenschalen bringen unsere Rivalen ins Schleudern und mit Supersternen sind wir kurzzeitig unverwundbar. Neu mit dabei ist ein goldener Schildkrötenpanzer, der vor uns wegsaust und in Intervallen Münzen fallen lässt. Münzen liegen aber ohnehin zugenüge auf dem Asphalt herum. Bis zu zwanzig Münzen können wir sammeln und je mehr wir angehäuft haben, desto schneller fahren wir auch. Für Kenner von Mario Kart 8 ist das nichts Neues.
Weiteren frischen Wind bringt hingegen Kameks Kristallkugel ins Spiel. Aktivieren wir das Zauberobjekt des Hexenmeisters aus dem Super-Mario-Universum, kann sich unsere Spielfigur in andere transformieren, die daraufhin sogar als spielbare Fahrer im Roster auftauchen. Ebenfalls ist es möglich, dass sich plötzlich auf der Strecke ungewöhnliche Dinge abspielen. Da rast auf einmal eine Horde Gumbas auf uns zu oder Explosionen pflastern den Weg vor uns, durch die wir uns entsprechend hindurchschlängeln müssen.
Frische Spielwelt aus alten Bauteilen
Der stellenweise inflationäre Einsatz von Gegenständen ist in Mario Kart World aber vor allem im Schlachtmodus, der sich in Ballonkampf und Münzjagd unterteilt, lebensnotwendig. Hier geht es darum, die Konkurrenz mit gezieltem Item-Einsatz auszuschalten oder am meisten Münzen zu sammeln. Das ist abermals eine spaßige Angelegenheit, aber warum nur zwei der fünf etablierten Modi aus Mario Kart 8 Deluxe in den neuesten Serienteil übernommen wurden, ist fraglich. Wie anfangs bereits erwähnt, befinden sich sowohl die Schlachtfelder als auch die Strecken an sich allesamt auf der großen offenen Spielwelt, die für die jeweiligen Modi entsprechend abgetrennt werden.
Visuell wird dabei abseits der zahlreichen liebenswürdigen Animationen einiges geboten. So existieren Wüsten, Savannen, Weidenland, Strände, Gebirge, Wälder, Dschungel, Sümpfe, Eisgebiete und Vulkanlandschaften. Es gibt eigentlich keine klimatischen Regionen, die Nintendo in Mario Kart World auslässt. Uns gefällt dieser Variantenreichtum sehr, zumal alle Strecken grundsätzlich neu sind. Wer jedoch auch nur irgendeinen vorherigen Teil der Reihe gespielt hat, dem springen alle paar Meter bekannte Bauteile von Strecken aus der Vergangenheit ins Auge. Das ist in Maßen auch in Ordnung, doch hat es sich Nintendo mit der schier übertriebenen Anzahl an Selbstzitaten unserer Meinung nach aber doch etwas zu einfach gemacht.
Pures Online-Chaos
Dadurch, dass jetzt vierundzwanzig und damit doppelt so viele Fahrer wie noch in Mario Kart 8 Deluxe über die Pisten rasen, hat Nintendo unweigerlich an den Dimensionen der Strecken schrauben müssen. Diese sind jetzt echt breitflächig und lassen theoretisch den nötigen Spielraum. Je nachdem in welcher Geschwindigkeit wir in Mario Kart World unterwegs sind, funktioniert das mal mehr und mal weniger gut. Gelegentlich wirkt die Straße vor uns einfach zu leer. Spielen wir hingegen online, bricht auch schon das blanke Chaos aus. Es ist bei jedem Item-Intervall de facto nicht möglich, mehr als ein bis zwei Meter zu fahren, ohne dass Zusammenstöße geschehen oder uns Items um die Ohren fliegen. Der Glücksfaktor, der in der Reihe seit ihren Anfängen auf dem Super Nintendo immer mehr zunimmt, wird dadurch noch weiter in die Höhe getrieben. Abhilfe hätten zusätzliche Einstellungen wie das Eingrenzen der Teilnehmerzahl bieten können – Chance vertan!
Wesentlich besser ist da schon der Soundtrack des Spiels gelungen, der je nach Areal nicht nur bekannte Melodien aus der Reihe ertönen lässt, sondern auch aufpolierte Musik aus Spielen wie Super Mario World, Yoshi’s Story oder Luigi’s Mansion zum Besten gibt. Über die Defizite von Mario Kart World trübt dies aber nicht hinweg. Schlussendlich ist die erhoffte Revolution der Reihe leider ausgeblieben.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Mario Kart World versucht der langlebigen Reihe frischen Wind in die Segel zu blasen. Nötig wäre das nicht, denn in meinen Augen ist Mario Kart 8 Deluxe nach wie vor der bislang beste Serienteil. Umfang, Balance, Vielfältigkeit – hier stimmt einfach alles. Nur muss ich mir vor Augen führen, dass das ursprüngliche Spiel auf der Wii U noch gar nicht so gut war, wie es schlussendlich auf der Switch in der Deluxe-Version mitsamt Download-Inhalten geworden ist. Selbiges hoffe ich in ein paar Jahren über Mario Kart World sagen zu können, denn bislang wirkt der Fun Racer für mich unausgegoren. Mit Ausnahme der Knock-out-Tour passen Etappenrennen meiner Meinung nach nicht zum Spiel. Auch sind vierundzwanzig Fahrer pro Rennen einfach zu viel, was gerade im Online-Modus in purem Chaos und damit weniger Spielspaß mündet. Auch sind mir die Straßen gefühlt zu breit und auch zu gerade. Häufig geht es nur geradeaus. Zudem hätte Nintendo endlich mal eine vernünftige offene Spielwelt etablieren können. Obwohl es mir Spaß macht, die Spielwelt zu erkunden, bleibt die Welt richtig leer. Ein Story-Modus hätte hier sicherlich geholfen. Trotz dieser Kritik ist Mario Kart World sicherlich kein schlechtes Spiel – das, was der Titel bietet, macht mir wirklich Spaß, aber eben bei Weitem nicht so viel wie der grandiose Vorgänger. Das Schöne ist aber, dass Nintendo einem Mario Kart 8 Deluxe nicht wegnimmt. Habt ihr diesen Teil noch nicht gespielt, könnt ihr ihn dank Abwärtskompatibilität auch ganz leicht auf der Switch 2 nachholen. Sofern ihr nicht viel mit Freunden spielen wollt, könnt ihr bei Mario Kart World ja erst noch in Ruhe auf Updates und Verbesserungen warten, die dem Titel definitiv noch gut tun würden.