
Gradius Origins – TEST
Anfang August 2025 erschien mit Gradius Origins eine Sammlung verschiedener Klassiker der Gradius-Reihe. Mit dieser werden sowohl Einsteiger als auch Profis ihre wahre Freude haben, zeigt die Kollektion doch sehr gut, zu was das Shoot-’em-up-Genre im Stande ist.
Herausgeber Konami steckt großes Vertrauen in das japanische Entwicklerstudio M2 – und dieses Vertrauen wurde bislang auch nie enttäuscht. So hat M2 beispielsweise mit der Castlevania Anniversary Collection fbereits Großartiges geleistet. Darüber hinaus sind die Entwickler für ihre Arbeit an der Mega Man X Legacy Collection für Capcom, der Collection of Mana von Square Enix oder Sega-Ages-Varianten etlicher Klassiker bekannt. Es waren also beste Voraussetzungen, um auch die Gradius-Reihe für ein neues wie altes Publikum aufzubereiten. Vorweg können wir sagen, dass M2 dieses Unterfangen auf ganzer Linie geglückt ist.
Enthalten sind in Gradius Origins nämlich nicht nur sechs wunderbar emulierte Serienteile aus den Jahren 1985 bis 1996, sondern auch ein gänzlich neues Spiel. Serienfans können sich also zunächst in Gradius von 1985 und Salamander respektive Life Force, wie der Titel in Nordamerika heißt, aus dem Jahr 1986 versuchen. Letzterer Titel ist, um Verwirrungen vorzubeugen, gleich doppelt in der Kollektion enthalten, was daran liegt, dass er 1987 nochmals als Life Force in Japan erschien. Weiter geht es mit Gradius II: Gofer no Yabō von 1988, Gradius III: Densetsu kara Shinwa e von 1989 und dem 1996 und niemals außerhalb Japan veröffentlichten Salamander 2. Neu dabei ist dessen Fortsetzung Salamander III von 2025.
Der Reiz von Iterationen
Wie es sich für eine Videospielsammlung gehört, muss sie vor allem in der Menüstruktur aufgeräumt sein. Bei Gradius Origins hat M2 ein glückliches Händchen bewiesen, sind die sechs beziehungsweise sieben Spiele säuberlich untereinander aufgeführt. Wählen wir ein Spiel aus, haben wir zumeist auch Zugriff auf verschiedene Versionen des jeweiligen Klassikers. Was bei Heimkonsolenveröffentlichungen heutzutage kaum vorstellbar ist, unterscheiden sich Arcade-Versionen aus der Epoche der Shoot ’em ups in den verschiedenen Länderversionen mehr oder weniger voneinander.
Dass dies nicht allen Spielern bewusst ist, hat auch M2 erkannt. So gibt es bei jeder Version, die wir auswählen können, eine kurze, aber klare Erklärung, inwiefern sich die jeweilige Iteration von vorherigen Versionen unterscheidet. Beispielsweise steigt der Schwierigkeitsgrad von Gradius in der nordamerikanischen Ausgabe schneller an als in der japanischen Urversion, doch dafür erhält der Spieler vorweg ein paar zusätzliche Leben und wird das eigene Raumschiff abgeschossen, tauchen Gegner auf, die überlebenswichtige Power-up-Kapseln beim Abschuss fallen lassen. In anderen Serienteilen haben die Entwickler hingegen auf andere Hintergründe gesetzt. Das geht sogar soweit, dass sich die Levelstruktur hier und da unterscheidet, was zum Spielen aller Versionen anregt.
Überleben im Weltraum
Grundsätzlich ähnelt sich das Gameplay in den enthaltenen Shoot ’em ups stark. Wir übernehmen die Rolle eines Piloten, der mit seinem Raumschiff durchs Weltall schlittert und dabei etliche Feinde erledigt. Es gibt zwar eine Story innerhalb der Reihe, die aber überaus verwirrend sein kann, für den Spielspaß aber nicht ausschlaggebend ist. In der Regel fliegen wir von links nach rechts durch die zweidimensionalen Levels, hin und wieder kommt es aber vor, dass aus dem vertikalen ein horizontales Shoot ’em up wird. Das erfordert in solchen Momenten ein wenig Einarbeitungszeit, am restlichen Gameplay ändert sich aber nichts. Wir schießen auf alles, was sich bewegt – und müssen versuchen, zu überleben.
Ein Treffer genügt und wir sind erledigt, was zumeist dazu führt, dass wir am letzten Kontrollpunkt wieder ins Geschehen einsteigen müssen. Manche Titel sind auch so fair und lassen uns an Ort und Stelle wieder eintauchen. Sind jedoch all unsere In-Game-Münzen futsch, die wir virtuell wie an Arcade-Automaten für weitere Versuche einwerfen müssen, geht das Spiel wieder von Vorne los. Es empfiehlt sich also, die von besiegten Gegnern fallen gelassene Power-ups aufzusammeln und unser Raumschiff zu verbessern, um bestmögliche Überlebenschancen zu haben – oder regelmäßig von der Rückspulfunktion von Gradius Origins Gebrauch zu machen.
Abweichende Gameplay-Mechaniken
Trotz allem setzen die unterschiedlichen Episoden der Gradius-Reihe auf abweichende Mechaniken, was zum Beispiel den Umgang mit besagten Power-ups betrifft. Um das Schiff aufzurüsten, müssen wir die Power-up-Kapseln einsammeln. Je nachdem wie viele Kapseln wir eingesammelt haben, unterscheidet sich der Bonus. Soll heißen, dass wir selbst aktiv werden müssen, um manuell beispielsweise die Geschwindigkeit zu erhöhen. Warten wir ab und sammeln in Gradius gleich drei Power-up-Kapseln ein, können wir unter anderem den Laser oder den Doppelschuss erwerben. Andere Serienteile setzen hingegen auf klare Icons, die vordefinierte Boni ausschütten.
Je nach Spiel kann es sich auch empfehlen, keine Power-ups mehr aufzunehmen, da das Raumschiff dann mitunter auch zu schnell sein kann, was die Steuerung in engen Gängen oder bei hohem Gegneraufkommen verkompliziert, oder wir auf einmal mit einer weniger vorteilhaften Waffe agieren. Gradius Origins zeigt, wie eingangs erwähnt, also wunderbar, dass Shoot ’em ups nicht einfach nur stumpfe Ballerorgien sein müssen, sondern durchaus taktisch ausgerichtet sind. Falls ihr euch auf die Videospielsammlung einlasst, vorher aber noch nie ein Shoot ’em up gespielt haben solltet, wundert und ärgert euch aber nicht über den hohen Schwierigkeitsgrad. Dieser gehört zur Spielerfahrung dazu!
Personalisierbares Spielvergnügen
Wen das abschreckt, kann neben der Originalversion des jeweiligen Spiels auch in einen einfachen Modus wechseln, in dem es den Gegnern erschwert wird, das Raumschiff zu treffen. Ist euch auch das noch zu heftig ist, könnt ihr auch im Unbesiegbarkeitsmodus die späteren Levels erreichen und erleben, da hier die Spielfigur immun gegen jeglichen Angriff ist. Im Trainingsmodus lassen sich hingegen etliche Spieleinstellungen personalisieren. Letzteres ist auch möglich, wenn ihr die Einstellungen im Originalmodus während des laufenden Spiels vornehmen wollt.
Spielen wir beispielsweise die japanische Version von Gradius, können wir unter anderem das Feature der nordamerikanischen Ausgabe aktivieren, sprich, dass nach dem Ableben eine Gruppe Gegner auftaucht, die ein paar Power-up-Kapseln für uns fallen lassen, sollten wir sie schnell genug abschießen. Selbst der Fehler der ursprünglichen japanischen Version, dass das Raumschiff explodiert, sollten wir die obere Bildschirmbegrenzung berühren, lässt sich so kinderleicht beheben. Brauchen wir ein paar Leben mehr, lassen sich diese ebenfalls ergaunern. Seid euch aber bewusst, dass ihr dann nicht mehr auf der allgemeinen Online-Bestenliste landet. Allgemein steckt Gradius Origins voller Optionen. Falls wir mit der Steuerung nicht konform gehen sollten, können wir einfach die Knopfbelegung umstellen.
Grafikoptionen für Puristen
Dazu gesellen sich Optionen wie das Anzeigen der Hitbox, was zum Üben hilfreich sein kann, oder der Cocktail-Modus, bei dem im Zwei-Spieler-Modus der Level beim Versuch des Mitspielers gespiegelt ist. In technischer Hinsicht bietet die Kollektion ebenfalls etliche Einstellungsmöglichkeiten. Unter anderem ist es möglich, die Bildschirmgröße zu verändern. Voreingestellt ist, dass das Bild im 4:3-Format verkleinert mittig auf dem Bildschirm zu sehen ist. Wir können das Bild, was wir empfehlen möchten, aber auch an die oberen und unteren Bildschirmränder anpassen. Weniger empfehlenswert ist das Ausfüllen des gesamten Breitbildformats. Dies ist nicht nur hässlich wie die Nacht, sondern torpediert auch ein weiteres Feature des Spiels, die sogenannten Gadgets.
Links und rechts neben dem Bild gibt es Bildschirmanzeigen außerhalb des Spielgeschehens, welche uns etwa Schildenergie oder verfügbare Raketen anzeigen. Puristen, die das nicht wollen, haben die Möglichkeit, die Gadgets auszustellen. Diese freuen sich auch darüber, dass es verschiedene Hintergrundbilder und Grafikfilter gibt. Letztere sorgen dafür, dass wir Scanlines inklusive Anzahl und sogar den Farbton anpassen dürfen. Selbst Bildschirmflackern wie in der Arcade-Halle kann auf diese Art und Weise emuliert werden. Ja, M2 hat bei Gradius Origins aus den Vollen geschöpft!
Genussvolle Kollektion
Aufgrund ihres Arcade-Charakters verfügen die Shoot ’em ups von Haus aus nicht über Speicherfunktionen. Wem aber bestimmte Levels so gut gefallen, dass er sie am liebsten auf Abruf immer wieder spielen will, kann auch bis zu einhundert Speicherplätze über die Schnellspeicher-Funktion anlegen und jederzeit laden. Auch bis zu einhundert Wiederholungen vom Anfang des jeweiligen Spiels bis zum Game Over können wir speichern, falls wir bei Bedarf bei Freunden angeben wollen. Hier wäre es toll gewesen, würden wir die Wiederholungen auch online teilen können. Im Bonusbereich von Gradius Origins findet sich derweil eine Grafikgalerie mit Artworks und Konzeptzeichnungen. Auch ein Gradius-Führer, der eine Übersicht aller Gegner darstellt, ist enthalten.
Herausragend ist in jedem Falle die Soundgalerie. Hier können wir uns alle Musikstücke aus den Spielen anhören, was an sich nichts Besonderes wäre. Allerdings spielt der jeweilige Track auch weiter, wenn wir uns im Menü bewegen, wenn wir uns Artworks anschauen wollen. Auch können wir die fantastische Musik der Klassiker vor- und zurückspulen, was tatsächlich kaum eine andere Jukebox in Videospielsammlungen ermöglicht. An den kurativen Ansatz von Beyond Good & Evil (20th Anniversary Edition) oder Werken der Gold Master Series wie Tetris Forever kommt Gradius Origins schlussendlich nicht heran, doch in Anbetracht, das Salamander 2 erstmals außerhalb Japans offiziell spielbar und mit Salamander III ein neues Werk enthalten ist, soll uns das nicht weiter stören.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Shoot ’em ups bieten grundsätzlich ein relativ unkompliziertes, dafür aber umso herausforderndes Gameplay. Mir gefällt es, mit der Zeit immer mehr Hürden zu überwinden und Spiele zu meistern. Im Falle der enthaltenen Werke von Gradius Origins ist das aber unter Umständen gar nicht so leicht, da der Schwierigkeitsgrad genrebedingt hoch ausfällt. Mit den zahlreichen Einstellungsmöglichkeiten lassen sich die Spiele aber allesamt personalisieren und auf meine Bedürfnisse zuschneiden. Selbst Anfänger, die noch nie ein Shoot ’em up gespielt haben, können so Erfolge feiern. Darüber hinaus macht es mir Spaß, die unterschiedlichen Iterationen der verschiedenen Spiele zu erleben. Da werden Mechaniken verändert, die Hintergründe umlackiert und teilweise sogar die Level-Architektur auf den Kopf gestellt. Zusammen mit zahlreichen Bonusinhalten, die zwar nicht den kurativen Ansatz vergleichbarer Werke erreichen, ergibt das schon ein sehr stimmiges Gesamtbild. Selbst Besitzer bisheriger Gradius-Sammlungen dürften auch hierbei zuschlagen wollen, denn Salamander 2 ist erstmals offiziell außerhalb Japan spielbar und Gradius III stellt ein gänzlich neues Shoot ’em up dar, das es zu erleben gibt. Genrefans und alle, die es noch werden wollen, kommen um Gradius Origins definitiv nicht herum!