Ende von Nintendo Mobile-Plänen?

Ende von Nintendos Mobile-Plänen? – SPECIAL

Seit 2016 ist Nintendo in den bekannten App-Stores für Android- und iOS-Geräte vertreten. Mit dem berauschenden Erfolg der Nintendo Switch sind die Aktivitäten auf mobilen Geräten mit Nintendo Franchises jedoch im Laufe der Jahre wieder weniger geworden. Haben diese für Nintendo noch eine Zukunft?


Lange hatte sich Nintendo dagegen entschieden, ihre Marken auf Plattformen anderer Hersteller zu vertreiben – Ausnahme ist der Deal mit Phillips zu einer geplanten CD-Erweiterung des Super Nintendo und des CD-i-Systems. Auch Satoru Iwata hatte auf der E3 2013 noch in einem Interview ausgesagt, daran festzuhalten. Zwei Jahre später sollte sich dies jedoch ändern, um die Reichweite von Nintendo nachhaltig zu stärken und um die schwachen Verkaufszahlen der Wii U kurzfristig abzumildern. Für dieses Projekt holte man sich dabei das japanische Entwicklerstudio DeNA, das viel Erfahrung in der Entwicklung von Smartphone- und Tablet-Applikationen hat, ins Boot. Unter anderem hat DeNA an der Programmierung von Miitomo, Super Mario Run und Fire Emblem Heroes mitgewirkt.

Lebenssituationen hoch im Kurs

Anima Crossing: Pocket CampBegonnen hat Nintendo mit der Veröffentlichung von Applikationen für Smartphones und Tablets am 17. März 2016. An diesem Datum erschien in Japan – zwei Wochen später im Rest der Welt – mit Miitomo eine Lebenssimulation, die an das erfolgreiche Tomodachi Life vom Nintendo 3DS anknüpfte. Wie auf dem Handheld erstellten wir unseren Mii, richteten diesem ein Zimmer ein und konnten dieses mit verschiedenen Kleidungsstücken ausstatten. Neben frei verfügbaren Angeboten konnten wir über Mikrotransaktionen auch besondere Gegenstände erwerben. Im Vordergrund stand aber die Möglichkeit mit Freunden zu interagieren, in dem wir Fragen stellen und Antworten geben konnten. Die Miis haben diese Antworten dann der Reihe nach vorgelesen. Nach nur zwei Jahren am 9. Mai 2018 wurde die Applikation eingestellt. Seitdem kann die App nicht mehr gestartet und aus den Stores heruntergeladen werden.

Eine andere bekannte Lebenssimulation von Nintendo hat es ebenfalls auf mobile Endgeräte geschafft. Animal Crossing: Pocket Camp setzt auf den typischen Charme der Serie und spendiert uns den namensgebenden Campingplatz, den wir mit verschiedenen Möbeln gestalten und in den wir verschiedene tierische Bewohner der Serie einladen können. Wir reisen mit einem Van zu verschiedenen Arealen, um Fische, Insekten oder Früchte zu sammeln und diese wiederum mit Bewohnern für Freundschaft oder Gegenstände zu tauschen. Bis heute wird das Spiel – im Gegensatz zum Switch-Ableger New Horizons – mit neuen Modi, Möbeln und Kleidung versorgt. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass auch Pocket Camp ab dem 14. November 2024 keine neuen Inhalte mehr erhalten wird. Stattdessen ist eine “Offline”-Version der App geplant, in der alle Inhalte übernommen werden sollen, aber ohne Updates und In-App-Käufe.

 

 

 

 

Höhen und Tiefen im Abenteuerbereich

Am 02. Februar 2017 wurde die wahrscheinlich erfolgreichste Applikation – mit Ausnahme von Pokémon – veröffentlicht: karte Fire Emblem Heroes. Jeden Monat werden neue Helden, Helden in besonderen Outfits und Helden aus den anderen Fire-Emblem-Spielen veröffentlicht – mittlerweile über 1000! Wir begleiten den Bund der Helden um Alfonse, Sharena und Kommandantin Anna aus dem Königreich Askr um die verschiedenen Gefahren abzuwehren. Über die siebeneinhalb-jährige Lebenszeit ist das Spiel dabei um zahlreiche Modi, Story-Kapitel und Updates gewachsen. Ein Ende des Strategiespiels ist erstmal nicht abzusehen.

Eine weitere App mit Rollenspielelementen für mobile Endgeräte von Nintendo veröffentlicht und Cygames entwickelt ist Dragalia Lost. In der Zeit von September 2018 bis September 2022 wurde das Königreich Alberia von finsteren Mächten bedroht. Im Gegensatz zu Fire Emblem geht das Gameplay mehr in Richtung Echtzeit. Wir bewegten unsere Helden ähnlich wie in einem Dungeoncrawler und ziehen mit Angriffen und Unterstützungsmechaniken in die Schlacht. Das Spiel konnte dabei nicht nur alleine, sondern auch kooperativ mit bis zu drei Freunden gespielt werden. Im Gegensatz zu den anderen Apps war Dragalia Lost nur in englischen, japanischen und chinesischen Stores veröffentlicht worden, bei uns ist das Spiel nie erschienen.

Von kleiner Hand ins Mario-Universum

Die Spannung war groß, als am 16. September 2016 überraschenderweise Shigeru Miyamoto bei Apples regelmäßiger Produktpräsentation die Bühne betrat. Mit dabei hatte der Mario-Schöpfer die Ankündigung von Super Mario Run: Das Spiel übernimmt das bekannte New-Super-Mario-Bros.-Plattformer-Konzept und beschränkt sich auf die Steuerung von Marios Sprüngen über einen Tipp auf den Bildschirm. Durch die Unterstützung von Apple ist das Spiel auf iOS-Geräten früher erschienen, als auf Geräten anderer Hersteller. Die erste Welt kann dabei kostenfrei gespielt werden, für den Genuss auf alle Inhalte wird ein Pass verlangt, der digital erworben werden muss.

Beim kunterbunten Jump ‘n’ Run sollte es aber nicht bleiben: Mit Mario Kart Tour wurde auch der beliebte Funracer von Mario und seinen Freunden auf Smartphones und Tablets gebracht. Auf verschiedenen Touren fahren wir mit den Geistdaten anderer Fahrer um die Wette. Dabei kümmern wir uns hauptsächlich um die Steuerung und den Einsatz von Items, die Charaktere beschleunigen automatisch. Auch bei Mario Kart wird auf das Free-to-Play-Modell gesetzt: Eine Auswahl an Fahrern ist von Anfang an verfügbar, aber um in den Genuss neuer Fahrer oder Skins zu kommen müssen wir diese käuflich erwerben. Früher gab es ein “Gacha”-System, dass noch eine Wahrscheinlichkeit hinter besonderen Charakteren bestand, diese gilt aber heute nicht mehr. Dafür werden seit letztem Jahr keine neuen Fahrer mehr hinzugefügt.

Faktor Pokémon

Pokémon: Masters EXBesonderen Erfolg wurden gerade den Pokémon-Applikationen zu Teil. Mit dem Anfang von Pokémon Go wurde eine neue Zielgruppe geschaffen. Natürlich muss man anmerken, dass Nintendo nur einen kleinen Anteil an diesen besitzt. Außerdem setzte die Pokémon Company schon seit 2014 auf ein Mobile-Angebot mit Pokémon TCG Online und ein Jahr später mit einer Portierung des Puzzelspiels Pokémon Shuffle – ursprünglich auf dem Nintendo 3DS erschienen. Außerdem erschien mit Pokémon Masters ein Spiel, das in die Richtung von Fire Emblem Heroes geht: Die Geschichte steht im Vordergrund und über ein glückbasiertes “Gacha”-System erhalten wir neue und seltene Trainer-Duos.

Die bekannteste und mit Abstand erfolgreichste App ist aber ganz klar Pokémon Go. In der von Niantic entwickelten App spielen wir wie in den Haupteditionen der Serie die Hauptrolle. Wir bewegen uns in Echtzeit auf realen Kartendaten, die unserer Umgebung entsprechen. Dabei tauchen je nach Tageszeit und Ort unterschiedliche Taschenmonster auf, die wir mit einer Geste fangen können. Zudem besuchen wir die sogenannten Pokestops, die an besondere Wahrzeichen oder Sehenswürdigkeiten angelehnt sind, um neue Pokébälle oder Beeren zu erhalten, die Fangversuche erleichtern. Das Spiel hat sich dabei im Launchzeitraum zu einem Massenphänomen entwickelt und wurde bereits über eine Milliarde Mal heruntergeladen. Ähnlich wie Fire Emblem: Heroes wurde das Spiel nicht nur mit neuen Taschenmonstern, sondern auch Arena- und Raid-Kämpfen sowie einer Tauschfunktion erweitert.

Im Rahmen der Pokémon Presents im Februar 2024 angekündigt und mittlerweile auf den 30. Oktober 2024 terminiert, steht schon mit Pokémon Trading Card Game: Pocket die nächste Applikation in den Startlöchern. In dieser Anwendung können wir sämtliche, offizielle Sammelkarten der Taschenmonster stilecht über Boosterpakete ziehen. Das Besondere neben dem Duellieren und Tauschen mit anderen Spielern stellen die immersiven Karten dar: Diese Karten sind auffallend gestaltet und lassen uns in die Umgebung der Karte eintauchen.

 

 

Blumige Zukunft?

Die neueste und bislang letzte angekündigte Applikation von Nintendo selbst ist Pikmin Bloom. Überraschend kündigte Shigeru Miyamoto im Rahmen einer Nintendo Direct das ähnliche wie Pokémon Go funktionierende Spiel an. Wir laufen mit unserem Mii auf Kartendaten der realen Welt und sammeln immer mehr Pikmin ein, um diese zum Blühen zu bringen. Mit Echtgeld kann der Prozess der Pikmin-Blühung dabei beschleunigt werden. Für mehr zum Blühen gebrachte Pikmin, also für viele gelaufene Kilometer, gibt es bessere Belohnungen. Der Bewegungsfortschritt kann bei Freigabe auch auf die Gesundheitsdaten von Google Fit und Apple Health übertragen werden.

Natürlich ist die Frage am Anfang etwas überspitzt formuliert, weil Fire Emblem Heroes nach wie vor sehr erfolgreich ist. Ganz zu schweigen davon, dass die Pokémon wahrscheinlich auf ewig auch auf Smartphones und Tablets zu sehen sein werden. Da aber immer mehr Anwendungen – wie jetzt gesehen an Animal Crossing: Pocket Camp – von Nintendo abgeschaltet und aus den Online-Stores genommen werden, ist anzunehmen, dass der Fokus nicht mehr in erster Linie auf Smartphone-Applikationen liegt. Das kann zum einen an der sehr erfolgreichen Switch und der schlichtweg nicht mehr vorhandenen Notwendigkeit liegen oder zum anderen an notwendigen Ressourcen für den Nachfolger von Nintendos Hybrid-Konsole. Die Antwort auf die Frage liegt noch in der Zukunft.

Geschrieben von Sören Jacobsen