Blossom Tales: The Sleeping King – TEST

In den letzten Jahrzehnten orientierten sich Spiele wie Star Fox Adventures, Darksiders oder Oceanhorn: Monster of Uncharted Seas stark am The-Legend-of-Zelda-Franchise. In diese Kerbe schlägt auch Blossom Tales: The Sleeping King, das es aber fast nicht gegeben hätte.


Gerade einmal 45.000 US-Dollar wollte Entwickler Castle Pixel für ihr Projekt Blossom Tales: The Sleeping King haben, doch war das Interesse für den The-Legend-of-Zelda-Klon auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter einfach nicht vorhanden. Knapp die Hälfte bekam das Entwicklerteam um Robert Maher zusammen beziehungsweise nicht zusammen, denn Geldmittel erhalten die Projektleiter erst dann, wenn das Finanzierungsziel erreicht wird. Zum Glück wurde Publisher FDG Entertainment auf den Titel aufmerksam, sodass die Geschichte ein glückliches Ende nehmen und die Entwickler ihre Träume verwirklichen konnten. Zunächst auf dem PC und jetzt auch noch für die Nintendo Switch.

Träume sind im Übrigen ein gutes Stichwort, denn so gut wie jeder dürfte sich in seiner Kindheit vor dem Schlafengehen eine Geschichte gewünscht haben, um ruhig ins Land der Träume versinken zu können. So ergeht es auch den beiden Kindern Lily und Chrys, die vor dem Einschlafen noch eine Geschichte von ihrem Großvater erzählt bekommen möchten. So und nicht anders beginnt das große Abenteuer für Lily, die prompt als Protagonistin der Geschichte auserkoren wird. Zu Beginn ihrer Reise wird sie zur Ritterin geschlagen und muss als erste Heldentat im Schlossverlies Ratten den Garaus machen. Auf diese Weise nimmt Blossom Tales an vielen Stellen Action-Adventures, Rollenspiele und Märchen einfach und simpel auf die Schippe.

Zuckersüße Geschichte

Nach ihrer Rückkehr erfährt die Heldin, dass König Orchidee von seinem Bruder, dem Hexenmeister Krokus, in einen tiefen Schlaf versetzt wurde und plant, das Königreich mit einer im Ödland gezüchteten Ork-Armee anzugreifen. Lilys und somit auch die Aufgabe des Spielers ist es, das Heilmittel für den König zu finden, um das Vorhaben des Hexenmeisters zu vereiteln. Über die Hintergründe seiner bösen Tat soll an dieser Stelle zwar kein weiteres Wort verloren werden, doch es sei gesagt, dass die Geschichte sehr liebevoll erzählt wird. Gelegentlich sprechen der Großvater und seine Enkelkinder aus dem Hintergrund, um das Geschehen zu kommentieren. An seltenen Spielstellen darf die Situation über diesen Weg vom Spieler sogar selbst beeinflusst werden.

Die Kinder sind sich nämlich nicht immer einig darüber, wie die Geschichte für sie weitergehen sollte. Also wird entschieden, ob Lily etwa gegen einen Ninja oder eine Piratenkönigin auf einer bewachten Brücke kämpfen soll. Das ist nicht nur witzig, sondern verpasst dem Spiel sogar eine ganz eigene Note, da ansonst an fast allen Stellen das große Vorbild aus dem Hause Nintendo so gut wie immer spürbar ist. Aus der Vogelperspektive kann die Spielwelt nämlich immer nur so weit erkundet werden, wie es die Gegenstände in Lilys Inventar ermöglichen. Wird in den fünf großen Dungeons der Spielwelt neue Ausrüstung gefunden, kann diese auch außerhalb der Tempel neue Wege freilegen, die mit Lily erkundet werden können, um versteckte Schatztruhen voller Gold – und sogar Herzteilen – zu finden.

Die Sache mit der Rätselkost

Wer noch nie einen Teil der The-Legend-of-Zelda-Reihe gespielt hat, der soll wissen, dass vier Herzteile einen neuen Herzcontainer ergeben, die unsere Energieleiste erweitern beziehungsweise darstellen. Ähnlich funktioniert es mit der Spezialleiste für die Items, denn Verbrauchsgegenstände wie Pfeile gibt es nicht – stattdessen leert sich die Anzeige beim Gebrauch von Bogen und Co und füllt sich relativ schnell automatisch wieder auf. Wirklich leer werden die Lebens- und Spezialleisten aber nie. Die meisten Spielabschnitte sind leicht zu meistern und nur selten etwas kniffliger. Unfair wurde es während der gesamten Spielzeit von etwa zehn Stunden in puncto Schwierigkeitsgrad zwar nie, aber manchmal ist es fraglich, warum das eine oder andere Rätsel zum wiederholten Male durchgekaut werden muss.

Da möchten Bodenplatten richtig eingefärbt werden, in dem ein abgetrennter Bereich abgelaufen werden muss, wobei eine Fliese nicht doppelt betreten werden darf. Außerdem gilt es aufleuchtende Steine in der korrekten Reihenfolge mit dem Schwert zu treffen. Rätsel, die sich auf Items wie Bomben oder Bumerang beziehen, sind die Ausnahme. Besonders in den Dungeons wäre es erfreulicher, wenn die Rätselkost mehr auf das Item des Tempels ausgelegt wäre. Das macht aus dem Titel aber noch lange kein schlechtes Spiel – im Gegenteil! Die zugegebenermaßen linearen Tempel fallen viel größer aus als beim Vorbild, sind mit mehr Monstern vollgestopft und begeistern mit ihren fantastischen Bossgegnern.

Wunderschönes Retro-Gesamtbild

Von den Bossgegnern kann sich selbst Nintendo eine Scheibe abschneiden, denn diese halten auf der einen Seite viel mehr Treffer aus, agieren mit wesentlich mehr Taktiken und sorgen dafür, dass sogar mal Heiltränke geschluckt werden müssen, um nicht ins Gras zu beißen. Dabei ist es auf der anderen Seite schade, dass die meisten Bosskämpfe mit allen Items und Zaubersprüchen absolviert werden können – selbst eine Taktik muss hier also kaum überlegt werden. Sobald ein Dungeon abgeschlossen ist, beginnt die wahre Faszination des Spiels. Dabei wird der Controller fest von den Händen umschlossen, denn sobald sich neue Möglichkeiten in der abwechslungsreichen Spielwelt auftun, beginnt das Lüften sämtlicher Geheimnisse in den letzten Winkeln von Wald, Sumpf oder den schneebedeckten Bergen.

Die Steuerung funktioniert dabei durchgehend prächtig. Nur die Tatsache, dass wir nicht alle oder zumindest mehr als zwei Knöpfe auf dem Controller mit Items belegen dürfen, ist hierbei ein Dorn im Auge. Dafür kann das Spiel mit einem schönen Grafikstil, der sich wie eine Mixtur aus hochauflösender 8- und 16-Bit-Grafiken anfühlt, begeistern. Die Musik orientiert sich weitgehend an alten Game-Boy-Spielen, kann aber mit der richtigen Abmischung und mit einigen tollen Tracks punkten. Alle Fans von Action-Adventures, die kein Problem damit haben, ein im Grunde abgekupfertes Gameplay, repetitiven Rätseln und Nebenaufgaben zu spielen, müssen bei Blossom Tales: The Sleeping King unbedingt zuschlagen!

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Es ist schwierig, einen Titel zu bewerten, der wissentlich von einer anderen Serie kopiert. Hat ein Spiel ein großes Alleinstellungsmerkmal, dann ist dieser Fauxpas verzeihbar. Star Fox Adventures spielt beispielsweise auf einem mit Dinosauriern bevölkerten Planeten und konnte mit seiner mystischen und mythischen Kultur 2002 regelrecht begeistern. Kopiert ein Titel wie Oceanhorn: Monster of Uncharted Seas aber so dreist vom großen Vorbild, sieht die Sache wieder anders aus. Blossom Tales: The Sleeping King befindet sich irgendwo in der Mitte zwischen diesen beiden Titeln. Die Spielwelt ist sehr schön gestaltet, die Geschichte mit einigen netten und humorvollen Ideen gespickt und das Gesamtbild versetzt jeden Spieler in eine Zeit zurück, in der Nintendo mit der The-Legend-of-Zelda-Reihe noch nicht ganz so viel experimentiert hat. Natürlich bergen die früheren Teile von Nintendos Serie jede Menge Spaß, doch auch Blossom Tales sollten genügend Chancen zustehen! Die Kombination aus allen Elementen macht das Spiel mitsamt des markanten Gameplays einfach so gut, charmant und spielenswert, dass es ohne Zweifel in jede gut sortiere Sammlung eines jeden Action-Adventure-Fans gehört.