Boot Hill Heroes – TEST

Nachdem bereits im April 2020 der Nachfolger Boot Hill Bounties im eShop der Switch erschienen ist, hat Publisher und Entwicklerstudio Experimental Gamer Studios den Serienerstling Boot Hill Heroes kürzlich nachgereicht. In dem Rollenspiel erleben wir ein an Super-Nintendo-Zeiten angelehntes Western-Abenteuer.


Boot Hill Heroes beginnt mit einem anstehenden Duell zwischen dem frisch ernannten Sheriff Pendelton Howl und Coyote Saint, Anführer der Saints-little Gang, die Bronco County in Angst und Schrecken versetzt. Obwohl Coyote verletzt und festgenommen werden kann, stirbt Pendelton bei der Schießerei und die restlichen Mitglieder der Bande können entkommen. Zehn Jahre später begeben wir uns als Pendletons Sohn Kid auf die Suche nach Arbeit, um unsere Mutter finanziell zu unterstützen. Relativ schnell werden wir jedoch in größere Ereignisse hineingezogen. Ein vermeintlicher Angriff des Chepakwik-Stammes und die wieder auftauchenden Mitglieder der Saints-Little Gang rufen uns auf den Plan und gemeinsam mit unseren Freunden, ist es an, uns die Wahrheit hinter den Geschehnissen aufzudecken und die Banditen zu schnappen.

Italowestern-Rollenspiel

Wie der Nachfolger Boot Hill Bounties ist Boot Hill Heroes spürbar von japanischen Rollenspielen der Super-Nintendo-Ära geprägt. Besonders die Gemeinsamkeiten mit EarthBound fallen deutlich auf, doch auch Final Fantasy oder Chrono Trigger haben das Team von Experimental Gamer Studios beeinflusst. Für das Szenario wiederum dienten klassische Westernfilme als Vorlage. Die Mischung funktioniert in Boot Hill Heroes hervorragend. Die schicke 16-Bit-Grafik sorgt gemeinsam mit der gelungenen Musik für eine perfekte Western-Atmosphäre. Unterstützt wird das von den sehr gut geschriebenen englischen Texten, die nicht nur vor Western-Flair überströmen, sondern auch viel Witz enthalten. Leider gelingt es der an sich interessanten Geschichte nicht immer gleichermaßen zu fesseln. Zu oft tröpfelt die Handlung lediglich vor sich hin und es dauert etwas bis die Spannungskurve wieder anzieht. Dennoch lohnt es sich, diese Durtstrecken zu überstehen, um ein sehr gutes Rollenspiel im Retro-Gewand zu erleben.

Zu verdanken ist das vor allem dem Gameplay und insbesondere dem Kampfsystem. Boot Hill Heroes lässt uns zusammenhängende Gebiete erkunden und bietet dabei reichlich Abwechslung bei den Umgebungen. Die größte Stärke sind aber die rundenbasierten Kämpfe. Auf Zufallsbegegnungen verzichtet Boot Hill Heroes. Stattdessen sind die Gegner stets zu sehen und wir können versuchen, ihnen auszuweichen. Müssen wir uns anfangs nur mit Ratten, Schildkröten oder jugendlichen Raufbolden auseinandersetzen, treten wir später gegen weitaus gefährlichere Gegner an. Um so wichtiger ist es, dass wir die Möglichkeiten des leicht erlernbaren, aber tiefgründigen Systems verstehen.

Taktische Kämpfe

Statt klassischer Runden dürfen wir und unsere Gegner immer dann agieren, wenn eine Aktion aufgeladen ist. Auf den ersten Blick erinnert das ein wenig an Final Fantasy, weicht aber in wichtigen Details davon ab. So lädt sich nicht etwa eine Anzeige pro Charakter auf, sondern jede der jeweils vier Fähigkeiten hat einen eigenen Aktionsbalken, der sich unterschiedlich schnell füllt. Gegner hingegen haben einen Balken, der sich jedoch je nach Aktion unterschiedlich weit füllen muss, bis ein Angriff folgt. Durch die verschiedenen Aufladegeschwindigkeiten entwickelt sich recht schnell ein angenehmer Spielfluss.

Stets sind wir dabei abzuschätzen, welche Aktion am sinnvollsten ist, wann wir besser abwehren oder ausweichen sollten und wie welcher Charakter agieren darf. Darin steckt viel taktischer Anspruch und eine enorm zufriedenstellende Erfahrung, wenn wir erst einmal alle Möglichkeiten gemeistert haben. Zudem lernen wir immer wieder neue Aktionen, von denen wir aber weiterhin nur vier im Kampf einsetzen können. Ähnlich wie in Pokémon müssen wir die Fähigkeiten ausrüsten, verlieren beim Erlernen aber keine der bisherigen Angriffe oder Abwehrmöglichkeiten. Auf diese Weise erstellen wir uns mit der Zeit immer stärkere und auf unseren Spielstil angepasste Charaktere, sodass wir uns mächtigeren Gegnern stellen können. Eine Besonderheit von Boot Hill Heroes ist der Mehrspielermodus, der es uns ermöglicht, die Kämpfe gemeinsam zu bestreiten. Das restliche Spiel ist allerdings nur alleine spielbar, so dass wir lediglich in den zwar pausierbaren, aber manchmal recht hektisch ablaufenden Kämpfen Unterstützung erhalten können. Ein willkommener Bonus, um Boot Hill Heroes gemeinsam zu erleben, ist der Mehrspielermodus aber in jedem Fall und rundet das humorvolle 16-Bit-Rollenspiel, das besonders Fans von Super-Nintendo-Genre-Klassikern gefallen dürfte, gut ab.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

In meiner Kindheit und Jugend habe ich zahlreiche Rollenspiele auf meinem Super Nintendo gespielt. Deshalb hat mich Boot Hill Heroes schnell mit einer guten Portion Nostalgie und einem trotzdem frischen Gefühl an den Fernseher gefesselt. Das Western-Rollenspiel hat mich besonders mit der interessanten, wenn auch manchmal etwas an Fahrt verlierenden Geschichte, dem Western-Flair, gutem Humor und dem tiefgründigen Kampfsystem überzeugt. Da sehe ich gerne über kleinere Schwächen, wie das manchmal etwas zähe Erkunden oder die fehlenden deutschen Texte hinweg. Genre-Fans, die gerne in ein 16-Bit-Rollenspiel mit japanischer Spielart eintauchen wollen und etwas mit dem Western-Szenario anfangen können, sollten sich Boot Hill Heroes ansehen.