Cult of the Lamb – TEST

Definitiv kein Unschuldslamm. In dem am 11. August erschienenen Spiel Cult of the Lamb des Indie-Entwicklers Massive Monster Games und Publisher Devolver Digital übernehmen wir die Rolle eines kleinen Lamms, das sich zum Anführer einer Sekte aufschwingt, um im Auftrag eines uralten Gottes ein mystisches Land von falschen Propheten und Ketzern zu säubern. Dies geschieht mit viel Charme und pechschwarzem Humor in einer vor Spielwitz sprühenden Genre-Mixtur aus Rogue-lite und Aufbaustrategie.


Schon im Vorfeld des Releases erhielt das auf der Gamescom 2021 zum ersten Mal präsentierte Cult of the Lamb durch seinen knuddeligen Grafikstil, gepaart mit der okkulten Thematik rund um das Gründen und managen eines satanischen Kultes viel Aufmerksamkeit. Cult of the Lamb ist das vierte Spiel des australischen Indie-Entwicklerstudios Massive Monster, die sich vorher für The Adventure Pals, Never Give Up, und Unicycle Giraffe verantwortlich zeigten. Es erschien am 11. August auf allen aktuellen Konsolen und dem PC und ist bis dato definitiv das ambitionierteste Projekt des Studios.

Vom Opferlamm zum Sektenführer

In Cult of the Lamb übernehmen wir die Rolle eines kleinen Lamms. Wir sind das letzte unserer Art und werden direkt am Anfang des Spiels zur Schlachtbank geführt. Auf einem steinernen Altar hauchen wir unser Leben aus, geopfert im Namen der vier Bischöfe des alten Glaubens. Statt zu sterben finden wir uns allerdings in einer seltsamen Zwischenwelt wieder und treffen dort auf einen uralten Gott, den „Einen der wartet“. Er verspricht, uns wiederzubeleben, wenn wir in seinem Namen einen Kult gründen und die vier Bischöfe des alten Glaubens, die ihn einst wegsperrten, vernichten. Wir bekommen von dem „Einen der wartet“ eine schwarze Krone verpasst und dürfen bei unserer Rückkehr in das Reich der Lebenden direkt die Kultisten töten, die uns geopfert haben. Unsere Aufgabe ist nun klar: Schluss mit der Rolle als Opferlamm, ab jetzt drehen wir den Spieß um und sind derjenige, der die Klinge wetzt und Rituale ausführt. Unterstützung bei unserem Auftrag, die ketzerischen Bischöfe zu töten und Anhänger im Namen des „Einen der wartet“ um uns zu scharen erhalten wir von Ratau, einem alten Anhänger des verbannten Gottes, der uns zu einer alten Kultstätte führt, die wir fortan als Basis für unsere missionarischen Tätigkeiten nutzen.

Cult of the Lamb ist dabei in zwei voneinander getrennte Gameplay-Systeme aufgeteilt. Im ersten Teil erkunden wir in bester Rogue-lite-Action-Adventure-Manier das Territorium der vier Bischöfe des alten Glaubens in Form von im Schwierigkeitsgrad ansteigenden Dungeons. Im zweiten Teil müssen wir uns um den Aufbau und die Verwaltung unseres Kultes kümmern. Dieser Teil ist im Stil einer Aufbau-Simulation gehalten und erinnert am ehesten an eine okkulte Version von Harvest Moon oder Stardew Valley. Hier errichten wir diverse Gebäude, führen Rituale aus, halten Predigten und sorgen für das Wohl unserer Anhänger, indem wir ihnen beispielsweise einen Schlafplatz errichten, ihnen Essen kochen oder dafür sorgen, dass unsere Kultstätte sauber und hygienisch ist. Die beiden Gameplay-Systeme funktionieren zwar getrennt voneinander, beeinflussen sich aber auch gegenseitig und sorgen in Kombination für viel Motivation.

Kreuzzüge in das Land der falschen Propheten

Um es mit den falschen Propheten aufzunehmen brechen wir mit unserem kleinen Lamm zu einem Kreuzzug in das mystische Territorium der vier Bischöfe des alten Glaubens auf. Sprich, wir erkunden insgesamt vier unterschiedliche zufallsgenerierte Dungeons, die von jeweils einem dieser falschen Propheten beherrscht werden. Bevor wir einen Dungeon-Durchlauf starten, erhalten wir eine zufällige Waffe, die aus mehreren Typen mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen ausgewählt wird. So können wir beispielsweise mit Äxten besonders hart zuschlagen, aber unsere Angriffe sind recht langsam, während das Schwert wesentlich schneller zu führen ist, aber bedeutend weniger Schaden verursacht. Zusätzlich zur Waffe erhalten wir noch einen zufälligen Zauberspruch, hier „Fluch“ genannt, mit dem wir beispielsweise Feuerbälle verschießen oder Tentakel aus dem Boden beschwören können. Haben wir unsere Grundausrüstung erhalten, geht’s los. Wir schnetzeln uns mit einem recht intuitiv zu lernenden und flotten Kampfsystem und einer schnellen Ausweichrolle durch die Dungeons, die uns von der Struktur her ein wenig an Binding of Isaac erinnern. Sie bestehen nämlich aus einer Anzahl kleiner Räume, die es von allerlei fiesem Getier und den Kultisten der Bischöfe zu säubern gilt. Haben wir einen Abschnitt des Dungeons durchquert, kommen wir zu einer Karte, auf der wir auswählen können, welchen Weg wir einschlagen wollen. So bestimmen wir selbst, welche Boni und Upgrades wir unterwegs einsammeln. Es warten nämlich nicht nur Gegner auf uns, wir finden unterwegs beispielsweise auch Räume mit Ressourcen für den Aufbau unseres Kultes, kleine flauschige Tierchen, die wir indoktrinieren und zu unseren Anhängern machen können und neue Waffen oder Flüche.

Zudem treffen wir in den Dungeons ab und zu auf einen geheimnisvollen Charakter namens Clauneck, der uns die Tarot-Karten legt. Wir können dabei immer aus zwei zufälligen Karten eine auswählen, die uns für den Rest des aktuellen Dungeon-Durchgangs Boni gewährt. Dies kann beispielsweise zusätzliche Lebensenergie oder mehr Schaden durch Waffen oder Zaubersprüche sein. Insgesamt gibt es 36 unterschiedliche Tarot-Karten, die zum größten Teil erst freigeschaltet werden müssen. Am Ende eines jeden Dungeons wartet ein Mini-Boss darauf, von uns besiegt zu werden. Haben wir ihn in einem hitzigen Kampf geschlagen, dürfen wir ihn indoktrinieren und in unsere Herde von Anhängern aufnehmen. Schließen wir den Dungeon eines Gebietes insgesamt dreimal ab, wartet schließlich beim vierten Durchlauf der jeweilige Bischof auf uns. Können wir ihn schlagen, erhalten wir sein Herz, das wir in einem Ritual im zweiten Gameplay-Teil des Spiels opfern können um neue Fähigkeiten zu erhalten.

Ein flauschiger Sektenführer und seine knuddelige Herde

Wer jetzt denkt, dass sich unser Lamm nach einem abgeschlossenen Kreuzzug auf die faule Wolle legen kann und wie es sich für einen typischen Sektenführer gehört seine Anhänger dazu bringt, ihm ihr gesamtes Vermögen zu überweisen und sein Badewasser zu trinken, weit gefehlt! Neben unseren Ausflügen in die Dungeons wartet viel Arbeit in unserem Kultlager auf uns. Hier leben, arbeiten und beten unsere Anhänger. Wir müssen uns dabei um ihr Wohlergehen kümmern, neue Gebäude errichten und in den Dungeons gerettete potentielle Anhänger indoktrinieren, um sie in unsere nette Gemeinschaft aufzunehmen. Das zentrale Gebäude im Lager ist der Tempel. Hier können wir jeden Tag eine Predigt abhalten, die uns Hingabe gewährt. Wie viel wir davon bekommen, hängt von der Anzahl unserer Anhänger, deren Loyalität und Stimmung ab. Haben wir davon genug gesammelt, dürfen wir in einem übersichtlich aufgebauten Fähigkeitenbaum neue Upgrades für die Kreuzzüge in die Dungeons freischalten. Zudem können wir mittels gefundenen Steintafeln Doktrine erlassen, also Glaubensgrundsätze, welche die Eigenschaften unseres Kultes festlegen. Diese Doktrine bestimmen passive Effekte und schalten Rituale frei, die wir abhalten können. Dabei müssen wir uns von jeder gefundenen Steintafel zwischen jeweils zwei Doktrinen entscheiden. Die andere nicht gewählte ist dann nicht mehr verfügbar. Rituale können wir abhalten, um uns bestimmte Boni zu geben, die wiederum für das Wohlergehen unserer Sekte wichtig sind.

Neben dem Tempel bildet eine Statue, die nach unserem flauschigen Abbild geschaffen wurde, als zentraler Ort unseres Kultlagers. Unsere Anhänger beten an der Statue und generieren somit Hingabe, die wir regelmäßig einsammeln können. Die Hingabe, die wir auch im Tempel durch eine Predigt erhalten, führt ab einer bestimmten Menge zu einer göttlichen Inspiration, welche Upgrades und neue Gebäude für unsere Basis freischaltet. Hierbei müssen wir uns besonders am Anfang des Spiels genau überlegen, was wir benötigen, da besonders zu Beginn Materialien und Geld für den Bau von Gebäuden recht selten sind.

Damit uns unsere Anhänger regelmäßig mit Hingabe und Glauben versorgen, müssen wir zudem dafür Sorge tragen, dass sie gut versorgt sind. Dazu kochen wir ihnen regelmäßig Essen, errichten ihnen Schlafplätze und sorgen dafür, dass unser Lager hygienisch bleibt. Dann teilen wir ihnen Aufgaben wie Bäume fällen, Steine abbauen oder Beten zu. Zudem steigen sie auch im Level auf, wenn wir kleinere Aufgaben für sie erledigen. Erkranken unsere Anhänger, so müssen wir sie zur Bettruhe schicken, damit sie nicht sterben. Fällt einer aus unserem Kult jedoch vom Glauben ab und verbreitet ketzerische Lügen über uns, können wir versuchen ihn erneut zu bekehren. Klappt das nicht, stellen wir den Zweifler an den Pranger oder opfern ihn gleich in einem satanischen Ritual. Im Hintergrund des Spiels läuft zudem unablässig eine Uhr mit. Unsere flauschigen Anhänger altern deshalb auch und sterben nach einer Weile. Dabei müssen wir darauf achten, dass die sterblichen Überreste bestattet werden. Verfault nämlich der Leichnam einfach im Lager, breiten sich Krankheiten und Unmut aus. Wir sind also immer beschäftigt. Sehr angenehm dabei ist, dass der volle Umfang des Kult-Managements erst nach und nach eingeführt wird, so dass wir am Anfang nicht sofort überfordert sind. Auch werden wir nicht sofort mit dutzenden Tutorials überhäuft. Diese werden uns erst dann präsentiert, wenn das Spiel einen neuen Aspekt oder Gameplay-Element einführt. Später schalten wir dann auch noch zusätzliche Areale frei, in denen wir Mini-Spiele wie ein recht simples aber spaßiges Würfelspiel und an einem See angeln dürfen.

Knuffige Präsentation, tolle Musik und technische Macken

Wie bereits Anfangs erwähnt präsentiert sich das Spiel in einem sehr charmanten, knuffigen Grafikstil, welcher der eigentlich sehr düsteren, okkulten Thematik des Spiels viel Leichtigkeit gibt. Der oftmals recht derbe und böse, pechschwarze Humor tut da sein Übriges. Die im Spiel verübten Gräueltaten und Blutopfer stehen der vermeintlich kindlichen Optik absolut konträr gegenüber und wirken gerade aus diesem Grund so witzig. Auch die musikalische Untermalung passt mit ihren düsteren, mystischen Klängen sehr gut zu dem Setting von Cult of the Lamb. Nicht unerwähnt bleiben sollte dabei auch die „Sprachausgabe“, denn die wichtigen Charaktere sprechen alle in einer düster-satanisch klingenden Fantasiesprache, welche perfekt zu der okkulten Atmosphäre des Spiels passt.

Leider läuft das Spiel auf der technischen Seiten nicht ganz einwandfrei und hatte besonders beim Release des Spiels mit einigen technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. So hatten wir beispielsweise zwei Abstürze während unserer Dungeon-Erkundungen, was uns etwas an Fortschritt gekostet hat. Zudem geht das Spiel auf der Switch etwas in die Knie, wenn besonders viele Gegner und Projektile auf dem Bildschirm zu sehen sind. Allerdings arbeitet das Entwicklerteam weiter daran, die Performance des Spiels durch Patches zu verbessern.

Geschrieben von Markus Schoenenborn

Fazit:

Cult of the Lamb hatte ich aufgrund seines charmanten Grafikstils und der innovativen Genre-Mixtur schon eine ganze Weile auf dem Schirm. Als ich es dann spielen durfte, hat es mich nicht enttäuscht. Im Gegenteil! Es macht einfach einen Heidenspaß, seinen Kult zu managen und sich durch die Dungeons zu schnetzeln. Besonders gefällt mir dabei, dass sowohl die Dungeon-Ausflüge als auch der Aufbau-Teil nie lange dauern und deshalb immer wieder zu einem Spiel einladen. Das Kampfsystem in den Dungeons ist zwar recht simpel, aber schnell zu lernen und spielt sich angenehm flüssig. Dadurch ist es auch für Spieler geeignet, denen das Genre sonst zu herausfordernd oder frustrierend ist. Das Management der Sekte macht auch viel Spaß und sorgt durch den niedlichen Grafikstil für einige sehr morbid-witzige Situationen. Allerdings hat das Spiel auch ein paar unausgereifte Stellen. So bleiben die Spielsysteme während des Management-Teils sehr an der Oberfläche und gehen selten in die Tiefe. Zudem sind manche Gebäude und Upgrades eher sinnlos. Außerdem trüben auch die technischen Probleme und zahlreichen Bugs etwas das Gesamtbild. Hier bleibt zu hoffen, dass die Entwickler mit Patches noch einiges glatt bügeln können. Insgesamt ist Cult of the Lamb aber ein fantastisches, höchst motivierendes Spiel in einer äußerst liebenswerten und charmanten Verpackung. Ich bin sehr gespannt, was Massive Monster Games noch mit dem kleinen Lamm und seinen flauschigen Jüngern vorhat!