Eldest Souls – TEST
Ursprünglich sollte Eldest Souls im Sommer 2020 erscheinen, doch kurz vor dem offiziellen Release-Termin wurde der Titel des Fallen Flag Studios kurzerhand verschoben. Im Juli 2021 ist das Action-Adventure auf der Switch erschienen und treibt uns seitdem echt zur Weißglut.
Spiele wie Mega Man kommen nicht selten ohne einen Boss-Rush-Modus aus, in dem wir uns noch einmal allen Bossgegnern hintereinander stellen müssen. Mit der richtigen Taktik ist das grundsätzlich kein Problem, zumal wir in der Regel eh erst alle Stages meistern müssen, bevor wir Zugriff auf den Bosskampfmarathon bekommen. Der PlayStation-2-Klassiker Shadow of the Colossus wiederum besteht sogar fast nur aus Bosskämpfen, die in einer der Hoffnung beraubten Spielwelt stattfinden. Herausfordernd sind die Zweikämpfe zwischen Protagonist Wander und den titelgebenden Riesen aber nur bedingt, da ganz klar die Story und die Atmosphäre voller Trauer im Vordergrund stehen.
Eldest Souls fällt mit seiner Geschichte genau in diese Kerbe, schraubt aber auch den Schwierigkeitsgrad ordentlich in die Höhe. Zwei Jahrhunderte sind seit dem ersten Kreuzzug vergangen und der Glaube an die alten Götter ist erloschen. Dennoch versinkt die Menschheit in Trostlosigkeit. Wir schlüpfen in die Rolle eines nicht näher beleuchteten Kreuzfahrers, der sich zu einer ominösen Zitadelle aufmacht, um für Vergeltung zu sorgen. Nach der Ankunft an der Zitadelle läuft das Storytelling ausschließlich über herumliegende Notizen, Gegenstandsbeschreibungen und seltenen Gesprächen mit den wenigen Nicht-Spieler-Charakteren ab. Das ist atmosphärisch, wenn auch etwas altmodisch.
Ein Mann und sein Zweihänder
Auch wenn wir in Eldest Souls die Zitadelle und ihr Umland in sehr linearen und fast schon schlauchförmigen Arealen erkunden und dort nach Informationen und Items suchen können, die wir den Nicht-Spieler-Charakteren aushändigen dürfen, macht dies nur einen sehr kleinen Teil der Spielerfahrung aus. Im Mittelpunkt des Action-Adventures stehen ganz klar die sehr, sehr heftigen Kämpfe gegen monströse Kreaturen. Normale Gegner, durch die wir im Level aufsteigen könnten, gibt es nicht. Es sind stets Kämpfe gegen übermächtige Wesen, die uns im Spiel erwarten.
Um unsere Feinde besiegen zu können, steht uns lediglich unser großer Zweihänder zur Verfügung. Andere Waffen, Zaubersprüche, Schilde zur Verteidigung oder Angriffs- und Heilobjekte gibt es in Eldest Souls nicht. Sieg oder Niederlage hängen damit maßgeblich von unseren Skills ab. Für einen besiegten Bossgegner erhalten wir übrigens einen Fähigkeitspunkt, den wir in einem dreigeteilten Talentbaum verteilen können, um Zugriff auf Spezialangriffe zu erhalten. Diese sind anfangs zwar nicht besonders stark, können mit der Zeit aber ständig verbessert werden. Verskillen ist übrigens nicht möglich: Außerhalb eines Kampfes haben wir jederzeit die Möglichkeit, einen Fähigkeitspunkt zurückzunehmen und anderweitig zu verteilen. Videospiellogik hin oder her – wir finden das überaus nützlich!
Erbarmungslose Bosskämpfe
Mit der Zeit entwickelt sich unser Spielstil hin zu brachialen Angriffen oder defensiven Tänzen mit unseren Gegnern. Bis jede unserer Attacken sitzt und unsere Ausweichmanöver fließend von der Hand gehen, vergehen mehrere Stunden Einarbeitungszeit. Hinzu kommt, dass wir unsere Taktiken bei jedem Bossgegner mehrfach überdenken sollten, da wir uns schließlich auf die neuen Angriffsmanöver einstellen müssen. Eldest Souls überrascht daher durchweg mit abwechslungsreichen Ideen, die das Gameplay stets frisch halten.
Allerdings möchten wir euch an dieser Stelle eindrücklich warnen, diese positiven Aspekte nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. In puncto Schwierigkeitsgrad ist das Action-Adventure nicht nur anspruchsvoll, sondern verzeiht auch keine kleinen Fehler. Manche dieser Fehler verschulden wir selbst, wenn wir mal wieder gerade nicht aufgepasst haben. Andere Fehler wiederum gehen auf Schönheitsfehler im Spieldesign zurück, denn vor allem das Treffer-Feedback sorgt viel zu häufig dafür, den nächsten Angriff des Gegners zu unterschätzen. So leert sich nach einer Kollision mit dem Feind unsere Lebensenergieanzeige viel zu langsam, sodass diese trotz vorhandener Abzugsmarkierung voller wirkt als sie tatsächlich ist. Das nervt auf Dauer gewaltig und ist leider nicht der einzige Kritikpunkt, den wir an Eldest Souls lassen müssen.
Hunderte Tode
Wenn uns die Energie ausgeht, müssen wir den Blutrausch mit einem starken Angriff aktivieren. Danach heilen sich unsere Wunden über kurze Zeit mit jedem zugefügten Treffer beim Gegner. Attacken selbst müssen wir im richtigen Moment ausweichen, wodurch wir Ausdauer verbrauchen. Hinzu kommt die Leiste für unsere Spezialfähigkeit, weshalb wir insgesamt vier Anzeigen im Blick behalten müssen. Bis ein Bossgegner am Boden liegt, vergeht sehr viel und vielleicht sogar zu viel Zeit. Je nach Spielertyp ist ein Feind erst nach etlichen Toden im oberen zweistelligen, wenn nicht sogar im dreistelligen Bereich besiegt.
Bitte nicht falsch verstehen: Wir lieben Herausforderungen! Auch wenn wir bei jedem Tod direkt vor dem Bosskampf wiederbelebt werden, fühlt sich das Konzept in Eldest Souls enorm spielzeitstreckend an. Spieler, die nicht über die motorischen Fähigkeiten verfügen, werden hier viel zu häufig scheitern und irgendwann den Pro Controller, die Joy-cons oder gleich die ganze Konsole frustriert an die Wand pfeffern. Optionale Schwierigkeitsgrade oder Möglichkeiten, den Kreuzfahrer weiter zu individualisieren, fehlen. Sie hätten Eldest Souls unserer Meinung nach aber aufgewertet. Vor allem da die Story mit ihren versteckten Hintergründen sehr interessant ist, ist es überaus schade, dass viel zu viele Spieler diese nicht in ihrer Gänze erleben können.
Audiovisuelles Erlebnis
In visueller Hinsicht ist Eldest Souls über fast alle Zweifel erhaben. Der düstere Pixel-Look ist wirklich schön und drückt der mittelalterlichen Fantasy-Welt eine persönliche Note auf, sodass die Bildsprache die Einöde noch trostloser erscheinen lässt. Zudem läuft das Spiel auf der Switch weitgehend flüssig. Auch die Licht- und Schatteneffekte wissen uns zu überzeugen. Lediglich die Animationen fallen für unseren Geschmack deutlich zu sparsam aus, was leider auch dem sonst recht flüssigen Gameplay schadet. Hin und wieder, aber immer noch viel zu häufig kommt es vor, dass die vorbereiteten Angriffe der Bossgegner aufgrund nicht genutzter Darstellungsmöglichkeiten nur bedingt durchschaut werden können. Dadurch spielt in manchen Kämpfen auch Glück eine leicht entscheidende Rolle.
Akustisch wird die düstere und trostlose Atmosphäre mit stimmungsvollen Klängen unterlegt. Während die Erkundung mit ruhigen Melodien begleitet wird, dröhnen bei den Bosskämpfen adrenalingetränkte Töne und gelungene Soundeffekte aus den Lautsprechern unseres Fernsehers. So heben sich die Kämpfe selbst in musikalischer Hinsicht vom Rest des Spiels ab. Auch wenn Eldest Souls ein audiovisuelles Erlebnis ist, sollten sich selbst hartgesottene Fans von schwierigen Spielen vor dem Kauf mehr als einmal bewusst machen, dass der Titel nur eine winzige Zielgruppe anspricht.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Eldest Souls verpackt das grundlegende Konzept des PlayStation-2-Klassikers Shadow of the Colossus in einen schicken Pixel-Look und verbindet es mit einem knackigen Schwierigkeitsgrad. Letzterer dürfte jedoch dafür sorgen, dass viele Spieler schon den zweiten Bosskampf im Spiel einfach nicht meistern können. Ungelogen gehört Eldest Souls zu den schwierigsten Spielen, die ich bis dato gespielt habe. Selbstverständlich ist es möglich, aus gemachten Fehlern zu lernen und ich merke auch, dass ich peu à peu besser werde. Allerdings wird dies meiner Meinung nach mit viel zu vielen Frustmomenten, sprich Toden der Spielfigur, erkauft. Es kann doch nicht sein, dass ein Bossgegner erst beim hundertsten Mal in die ewigen Jagdgründe geschickt wird! Einige dieser Tode sind durch Unachtsamkeit verschuldet, andere wiederum sind auf die detailarmen Animationen zurückzuführen, die nicht klar genug kenntlich machen, was gleich auf dem Bildschirm passieren wird. Auch das Trefferfeedback suggeriert mir zu häufig, dass ich noch ausreichend Energie hätte, obwohl die nächste Kollision mit dem Feind die letzte sein wird. So sehr ich den audiovisuellen Stil des Spiels, die interessante Hintergrundgeschichte und die Atmosphäre im Allgemeinen auch mag – das Gameplay bietet für mich viel zu viele Tücken, auf die ich mich dauerhaft nicht einlassen kann.