Haven – TEST

Richtig gelungene Liebensgeschichten gibt es in Videospielen leider sehr selten. Das Adventure Haven hat nur zwei Charaktere und fokussiert sich vollkommen auf sein Liebespaar.


Das Entwicklerteam The Game Bakers hat mit Furi ein Spiel geschaffen, dass auf jeden Fall für drei Dinge steht: Einem intensiven Kampfsystem, einem sehr harten Schwierigkeitsgrad und einem extrem stilsicheren Gegnerdesign. All das bietet Haven nicht, stattdessen versucht sich The Game Bakers an einem Adventure, dass Erkundung und Kampf seiner zentralen Figurenbeziehung unterordnen.

Gestrandet im Universum

In der fiktiven Zukunft von Haven wird die Partnerwahl ganz einfach vom staatlichen System geleitet; ob zwei Menschen zueinander passen, entscheiden hier nicht die Gefühle, sondern der Zweck und der Nutzen für die Allgemeinheit. Aus dieser Dystopie versucht das heimliche Liebespaar Kay und Yu auszubrechen – dabei verschlägt es sie wortwörtlich an den Rand des Universums. Mit ihrem defekten Raumschiff landen Sie auf dem Planeten Source; oder zumindest was von diesem übrig ist, denn bis auf viele kleine Teile ist von dem Himmelskörper nicht mehr viel übrig. Diese Landmassen stellen für uns die Erkundungsabschnitte dar.

Erkundet wird nicht zu Fuß, dank der Energieform namens Flow gleiten wir mühelos über den Boden hinweg. Ob wir die Kontrolle über Yu oder Kay übernehmen, liegt in unserer Hand. Auf der Suche nach Nahrung und Ersatzteilen für unser Schiff merken wir recht schnell, dass wir nicht alleine auf Source sind. Außerirdische Lebensformen, die Anzeichen einer Zivilisation und der seltsame rote Rost, der die Inseln befallen hat, bringen unsere Figuren zum Grübeln.

Auf den kleinen Inseln sammeln wir im vorbeifliegen Nahrung ein, wischen wie ein Staubsauger den roten Rost von der Insel und werden ab und an in Kämpfe mit fremden Lebensformen verwickelt. Die Bewegung der Figuren ist dabei ein zweischneidiges Schwert: Zwar fühlt es sich gut an, über die Hügel und Täler der Inseln hinwegzugleiten und manchmal mit den Schultertasten in engen Kurven zu driften, aber die Kamera kann da teilweise nicht mehr mithalten. Kleine Wendemanöver werden schnell zur hakeligen Tortur. Allerdings wurden wir irgendwann automatisch besser meisterten die Steuerung mit ein wenig Übung über die knapp zehn Spielstunden hinweg.

Ein vertrautes Duo

Haven bietet ein Kampfsystem, das ein bisschen an die Action-Time-Battle-Systeme der alten japanischen Rollenspiele erinnert. Kommt es zum Kampf, haben wir anfangs nur die Wahl zwischen zwei Angriffen und Verteidigung – das gilt aber für beide Figuren. Kays Befehle steuern wir über die linke Hälfte des Kontrollers, Yus über die rechte Hälfte. Jede Aktion muss zunächst aufgeladen werden. Das Spiel erwartet von uns, Angriffe getimt zu kombinieren. Manche Gegner müssen auch von zwei flinken Angriffen hintereinander getroffen werden. Das durchaus innovative Kampfsystem holt hier aus sehr simplen Mechaniken ziemlich viel raus. Wirklich komplex wird es nie, die Kämpfe sind auch nie schwer, aber waren doch immer spannend anzusehen, trotz unserer limitierten Interaktionsmöglichkeiten.

Haven KampfsystemTatsächlich bietet Haven sehr viele Mechaniken, die auch an Survival-Spiele erinnern. Sei es eine Hunger-Leiste und die damit verbundene Notwendigkeit zum Kochen oder Crafting und Schlafen. Allerdings fühlen sich diese Elemente in Haven sehr stimmungsvoll und passend an und sind sehr gut in das Schiffbruch-Szenario eingebunden. So kehren wir zwischen den Erkundungsabschnitten immer wieder in unsere Basis, das Raumschiff, zurück.

Dieses fungiert als Hub, in dem wir Kochen, Essen, neue Verbrauchsgegenstände für Heilung und den Kampf herstellen und viele kleine alltägliche Szenen zwischen Kay und Yu erleben, die entweder die Story voranbringen oder einfach nur süß zum Anschauen sind. Diese kurzen Dialoge und Interaktionen werden gekoppelt mit tatsächlichen automatischen Upgrades der Charakterwerte, was für uns ungemein motivierend war. Auch die deutsche Übersetzung vermittelt hier den richtigen Humor und das Gefühl, einer wirklichen Beziehung beizuwohnen. Bald schon fühlte sich das Schiff wie ein echtes zuhause an.

Daheim ist es am schönsten

Tatsächlich fanden wir den inhaltlichen Aufhänger mit der oppressiven Kontrolle über die private Auslebung einer Beziehung gar nicht schlecht, er wird auch nicht einseitig böse dargestellt. Auch die Darstellung der Beziehung fanden wir sehr gelungen. Besonders die Tatsache, dass die beiden von Anfang an zusammen sind und damit der oftmals klischeehafte Teil einer Liebesgeschichte wegfällt, hat uns gut gefallen. Frei von Klischees ist Haven zwar nicht, aber das gehört manchmal eben dazu. Schön ist der Co-op-Modus zu zweit, sodass jeder Spieler eine Figur übernimmt. Besonders im timing-basierten Kampf ist das Zusammenspiel wichtig – die perfekte Umsetzung für diese Art von Kampfsystem.

An der Optik und dem Sound erkennen wir dann aber doch die Verbindung zu Furi. Da ist zum einen die bunte Farbpalette, jetzt mit einem Fokus auf Grün- und Blautöne, die gut zur exotischen Inselwelt passen. Die teils klobigen Charaktermodelle werden durch den farbenfrohen Stil gut kaschiert. Zum anderen hat uns einmal mehr der mitreißende, taktvolle Soundtrack begeistern können, der auch mit ruhigen, verspielten Momenten punkten konnte.

Haven ist kein Spiel, dass durch harte Kämpfe frustrieren will. Frei von Frust ist das Spiel trotzdem nicht: Die Kameraprobleme haben wir schon angesprochen, viel prekärer sind die Abstürze beim Wechseln in einen neuen Spielabschnitt. Das passiert zwar nicht regelmäßig, aber für ein Spiel dieser Länge oft genug und riss uns ohne Vorwarnung aus der schönen Spielstimmung von Haven.

Geschrieben von Jonas Maier

Fazit:

 

Haven ist in vielen Punkten nicht perfekt, aber trotzdem hat mir das Abenteuer an der Seite von Kay und Yu extrem zugesagt. Tatsächlich lag das nicht nur an den sympathischen Figuren plus der gelungenen Darstellung der Beziehung mit gut übersetzten Dialogen, sondern auch am Gameplay. Obwohl das Spiel nicht schwer war, fand ich gefallen an den Survival-Mechaniken, die mich regelmäßig zurück zum Raumschiff gezwungen haben, um mich zu Erholen und neu Auszustatten. Und in diesen ruhigen Momenten überraschte mich Haven regelmäßig mit kleinen, verspielten zwischenmenschlichen Szenen, die mir besser gefallen haben, als so manche überbordende Science-Fiction-Geschichte.