Master Detective Archives: Rain Code – TEST

Wenn es um wendungsreiche und durchgeknallte Mystery-Abenteuer geht, kommt so leicht nichts an die Danganronpa-Reihe heran. Jetzt erscheint das neue Projekt eben jener Entwickler – ob Master Detective Archives: Rain Code an das große Vorbild heranreichen kann, bleibt die Frage.


Als angehender Detektiv der World Detective Organisation namens Yuma Kokohead verschlägt es uns in den finsteren und vom Dauerregen geplagten Kanai Bezirk. Zu allem Überfluss herrscht hier die totalitäre Amaterasu Corporation, die überhaupt keine Lust auf neugierige Detektive hat. Die Parallelen von Master Detective Archives: Rain Code zu Danganronpa liegen auf der Hand: Der Bezirk wahrt ein ultimatives Geheimnis, dem nur die Meisterdetektive mit ihren speziellen Detektivfertigkeiten auf die Spur kommen können. Dazwischen reihen sich eine Menge mysteriöse Mord- und Detektivfälle, die wir zum Teil in klassischer Adventure-Manier, zum Teil in „klassischer“ (wahnsinniger) Danganronpa-Manier lösen müssen.

Danganronpa im Regenmantel

Direkt vorweg sei gesagt, dass uns das Setting und die Grundprämisse wirklich gefallen hat. Der verregnete, nächtliche, neondurchflutete Kanai Bezirk stellt die Unterdrückung durch die Amaterasu Corporation gut dar. Der Versuch der wenigen Meisterdetektive gegen diesen staatsgleichen Konzern anzukommen ist spannend, die Haupthandlung wird aber nur neben den eigentlichen Mordfällen weitererzählt. Oft handelt es sich hierbei um scheinbar unlösbare, verzwickte Fälle, die Auflösung ist aber nur selten so befriedigend und immersiv inszeniert wie in Danganronpa. An Yumas Seite tritt schnell die Todesgöttin Shinigami, die als Yumas Sidekick für jeden dummen Spruch zu haben ist. Durch Shinigami wirkt das Spiel etwas lockerer als Danganronpa, schockierende Momente und jede Menge Blut gibt es dennoch.

Auf der Suche nach der Wahrheit

Den Kanai Bezirk können wir frei erkunden, bis auf die leicht schwankende Framerate sieht die Stadt auf der Nintendo-Switch wirklich toll aus. Abgesehen von kleineren Interaktionspunkte, die uns Erfahrungspunkte für den Detektiv-Rang geben und viel zu vielen optionalen Nebenmissionen hat die Stadt aber keinen spielerischen Mehrwert. Gelangen wir an einen Tatort wird eine Vielzahl an Inszenierungsmöglichkeiten geboten. Mal Erkunden wir diesen in der Thirdperson-Perspektive und befragen Passanten, mal aus der Egoperspektive und suchen nach Hinweisen. Dank der besonderen Detektivfähigkeiten können wir zum Beispiel einen Tatort auch zum Mordzeitpunkt rekonstruieren lassen und so noch mehr Hinweise sammeln. Solche Elemente löst das Spiel selbstständig aus, insgesamt werden wir klar an die Hand genommen und durch die Fälle geleitet, verloren fühlten wir uns nie.

Das ist noch nicht alles: Shinigami erlaubt uns den Zugang zum Geheimen Labyrinth, ein Ort jenseits von Raum und Zeit, indem sich die Mysterien eines Falles und auch deren Protagonisten materialisieren. Durch Quicktime-Events, Entscheidungsoptionen und Minispiele reihen wir hier eine Schlussfolgerung an die nächste, erhalten wortwörtliche Lösungsschlüssel und kommen der Wahrheit beziehungsweise dem Täter hinter einem Fall Schritt für Schritt näher. Das Ganze ist herrlich absurd inszeniert und voller übertriebener Action-Einlagen. Zum Schluss spielen wir jedes Mal das „Todesspiel der Beweisführung“, ein regelrechter Kampf gegen den Hauptverdächtigen, dessen verzweifelte Lügen wir mit den richtigen Lösungsschlüsseln den Garaus machen müssen. Hier ist timingbasiertes Ausweichen angesagt, gleichzeitig müssen wir auch die Aussagen des Verdächtigen im richtigen Moment reagieren und eine passende Antwort liefern. Diese Schlagabtausche verwandeln trockene Verhöre in Anime-Kämpfe und haben uns immer wieder aufs neue gefallen.

Großes Vorbild

So abwechslungsreich und kreativ das Geheime Labyrinth von Master Detective Archives: Rain Code auch gestaltet ist, umso bedauerlicher ist es, dass es nicht an die spannungsgeladenen Verhandlungen aus Danganronpa heranreicht. Das liegt an den schwächeren Minispielen die dazu unter einer unverständlich schlechten Steuerung leiden, aber auch an den zum Vergleich unspektakulären Storyhighlights und Geheimnissen, die wir hier aufdecken. In Danganronpa ist die Atmosphäre regelrecht schnittfest, hier ist das Spiel dank Shinigami immer für einen lustigen Einwurf zu haben, die manchmal unpassend wirken. Darüber hinaus hapert es auch an anderen – unverständlichen – Enden. Die vielen Textboxen können per Autoplay automatisch über den Bildschirm laufen, entscheiden wir uns aber für das manuelle Bestätigen per Tastendruck, gibt es eine eindeutige Verzögerung. Somit kommt die nächste Textbox gefühlt erst eine halbe Sekunde nach Tastendruck, was dem Lesefluss vehement im Wege steht. Schließen wir die Augen, hören wir vermeintlich die elektrische, verspielte Danganronpa-Musik. Sie passt wie der Lösungsschlüssel ins Schloss dieses Soundtracks und ist ein klares Highlight von Master Detective Archives: Rain Code.

Geschrieben von Jonas Maier

Fazit:

Master Detective Archives: Rain Code punktet schnell durch dieselben reize wie Danganronpa. Nach dem Prolog wurde mir aber klar, dass nicht alle Fälle, Geheimnisse und auch Figuren dieselbe Qualität bieten können. Auch Yuma fand ich die längste Zeit langweilig, zumindest die Dynamik zu Shingiami empfand ich vermehrt lustig als nervig. Das sind neben der Handlung und der begehbaren Welt auch die Gründe, warum mir Danganronpa noch einmal ein ganzes Stück besser gefallen hat. Neue Elemente wie die freierkundbare Stadt und eine Aufweichung der Gameplay-Elemente durch das Geheime Labyrinth hätte es für mich nicht gebraucht. Dennoch waren es der Soundtrack und die kreativen Momente in den Geheimen Labyrinthen, warum ich stets zu Master Detective Archives: Rain Code zurückgekehrt bin.