Meisterdetektiv Pikachu – TEST
Das neueste Spiel mit Pokémon ist weder Rollenspiel, noch AR-Spiel, noch Prügler, sondern ein waschechtes Adventure mit dem namensgebenden Meisterdetektiv Pikachu. Um zu zeigen, was das Spiel taugt, hat Arne in unserem Test einige Beweise zusammengetragen.
Die Anfangsgeschichte von Meisterdetektiv Pikachu ist schnell erzählt: Student Tim Goodman macht sich in Ryme City auf die Suche nach seinem verschollenen Vater. Als er Zeuge eines Raubes wird, trifft er auf Meisterdetektiv Pikachu. Tim und Pikachu verstehen sich im wörtlichen Sinn: Sie können miteinander reden. Niemand sonst versteht Pikachu, und Tim kann mit keinem anderen Pokemon sprechen. Pikachu ist zudem ein erfahrener Detektiv, weiß aber dank einer Amnesie nicht mehr, was alles passiert ist. Zusammen machen die beiden sich auf, um alle möglichen Fälle zu lösen, vor allem das Verschwinden von Tims Vater.
Tim, Pikachu und die Pokémon
Die Inszenierung ist gut gemacht. The Pokémon Company und Entwickler Creatures Inc. beweisen einmal mehr, dass sie Pokémon können. Sämtliche im Spiel auftauchenden Pokémon sind perfekt, haben meist aber nur recht kleine Rollen. Pikachu selbst ist die Ausnahme, denn er ist leicht skurril, klingt, als hätte er jahrelang geraucht, trinkt Kaffee und hat immer ein paar Kommentare parat. Die Hauptfigur Tim ist dagegen ein bisschen unscheinbar, auch wenn unsere Geschichte die seine ist, da wir Tim direkt steuern.
Das Spielgeschehen
Auf dem oberen Bildschirm des Spiels findet alles statt, auf dem unteren sind Menüs, Listen und Dialogoptionen. Wir steuern Tim mit dem Steuerkreuz oder dem Schiebepad, Pikachu läuft ihm immer hinterher. Gemeinsam suchen wir Schauplätze ab, um herauszufinden, was geschehen ist. Hierzu befragen wir die Anwesenden, nicht nur Menschen, sondern dank Pikachu auch Pokémon. Von denen erfahren wir nicht nur Teile der Story, sondern auch Hinweise, die in einem übersichtlichen Menü auf dem unteren Bildschirm gesammelt werden. Auch manche Objekte, die wir uns ansehen, geben uns Hinweise auf die Lösung eines Problems. Letztlich wird der obere Bildschirm auch für die vielen Videosequenzen mit Pikachu genutzt.
Auf dem unteren Bildschirm sind zwei Menüauswahlknöpfe, für die Hinweise und die Lösung des aktuellen Falles, und ein Bild von Pikachu. Dort meldet sich Pikachu, wenn er uns etwas mitteilen will. Das sind mal wichtige Hinweise, mal wiederholt er nur das, was gerade ohnehin gesagt wurde, und mal sind es amüsante wie belanglose Szenen, bei denen er Quatsch macht oder uns generelle Detektivtipps gibt. Wir können ihn jederzeit antippen, um ein Video zu sehen, welches jedoch meist zur Kategorie Quatsch gehört. Die Menü-Übersicht ist gut gemacht. Jedes neue Element bekommt eine Markierung, die erst verschwindet, wenn wir es uns angesehen haben. Wenn wir uns alles beim ersten mal Lesen merken, brauchen wir praktisch nie in das Hinweis-Menü zu sehen, was dazu führt, dass dort stets die Markierung auf neue Hinweise angezeigt wird.
Der Ablauf des Spiels ist immer wieder gleich. Wir kommen in eine abgeschlossene Umgebung, die auch aus mehreren Bereichen oder Szenen bestehen kann. Dort gibt es einen Fall zu lösen. Natürlich ist Meisterdetektiv Pikachu ein Detektivspiel, aber dass ausgerechnet wir immer wieder zufällig neue Fälle bekommen, wirkt etwas konstruiert. Um den aktuellen Fall zu lösen, bekommen wir eine Frage, die es zu beantworten gilt. Wenn wir genug Hinweise gesammelt haben, können wir uns von Pikachu ausfragen lassen, um den Fall unter seiner Aufsicht zu lösen. Hierfür sortieren wir auf dem Touchscreen die Beweise in die richtige Position, woraufhin Pikachu uns bestätigt, dass wir alles richtig gemacht haben. Dann konfrontieren wir die Anwesenden mit unserer Lösung des Problems und die Story geht weiter.
Manchmal gibt es zudem Quick-Time-Sequenzen, in denen wir während eines Videoschnipsels im richtigen Moment einen Knopf drücken müssen, um das Video zu beeinflussen. Im Falle eines Fehlers ist das schlimmste, was passieren kann, dass wir es nochmal versuchen müssen. Oder wir sehen einen anderen Ausgang der Sequenz, aber das hat keine großen Auswirkungen auf den Rest des Spiels.
An der Zielgruppe vorbei?
Das Spiel hat eine Altersfreigabe ab 0 Jahren und ist damit theoretisch für Kinder geeignet. Die Rätsel des Spiels sind ebenfalls einfach genug, um von Kindern ab vielleicht acht Jahren gelöst zu werden. Doch es gibt hierbei eine Hürde, denn das Spiel ist zwar in Schrift komplett deutsch, aber die Sprachausgabe in den vielen Videozwischenszenen ist englisch. Dass das Spiel Lesefähigkeiten erfordert, steht außen auf der Verpackung, doch die deutschen Untertitel in den Videos sind sehr kurz eingeblendet und müssen daher sehr schnell gelesen werden. Das dürfte Kindern oder anderen Leuten mit wenig Leseerfahrung schwer fallen. Dabei hätte es nicht mal eine deutsche Sprachausgabe sein müssen. Eine Möglichkeit, in den Videos zu pausieren, um die Texte in Ruhe zu lesen, hätte gereicht.
Ebenfalls bedauerlich ist die vermutlich politische Entscheidung von Nintendo, den 3D-Modus des 3DS und New 3DS zu ignorieren und ausschließlich eine 2D-Darstellung der 3D-Umgebungen zu zeigen. Gerade die Pokémon wären in 3D nett gewesen. Schade, denn auf dem Gebiet hat der 3DS sogar der Switch noch etwas voraus, was er so aber nicht zeigen darf.
Die wirkliche Zielgruppe
Für wen ist also dieses Spiel geeignet? Für Pokémon-Fans ist das Spiel großartig. Die Darstellung der Pokémon ist wunderbar und es ist jedesmal wieder eine Überraschung, wo welche Pokémon auftauchen. In der fiktiven Stadt Ryme City tauchen Bewohner aus den verschiedensten Regionen der Pokémon-Welt zusammen auf, und es gibt für jeden was, seien es originale Pokémon oder welche aus der Alola-Region. Die Geschichte ist ebenfalls sehr unterhaltsam und macht Spaß. Sie ist zwar kindgerecht, aber dennoch bietet sie auch Erwachsenen gute Unterhaltung, denn Pikachu ist ein typischer Film-Noir-Detektiv, nur etwas weniger dreckig, er raucht nicht und auch andere Erwachsenenthemen werden nur am Rande erwähnt. Wer mit Anime und Detektivgeschichten im Allgemeinen etwas anfangen kann, ist ebenfalls prädestiniert, sich das Spiel wenigstens mal anzusehen.
Das Spiel bietet keinen Wiederspielwert, solange wir die Geschichte noch kennen. Es gibt abgesehen von den Pikachu-Videos keine Sammelobjekte, keine Nebenaufgaben, keine Möglichkeit der Freiheit. Das Spiel ist sehr linear und storybasiert, was aber nicht schlecht ist, denn für acht bis zwölf Stunden ist es dennoch unterhaltsam, und solange der Spielwert groß genug ist, braucht es keinen Wiederspielwert.
Geschrieben von Arne Ruddat
Fazit:
Die Figur Pikachu in diesem jazzigen Ambiente als – trotz seiner Genialität – leicht trotteligen, kaffeetrinkenden Detektiv mit rauchiger Stimme zu sehen, ist durch die Bank weg unterhaltsam. Dagegen ist Tim etwas blass. Die Rätsel sind alle nicht allzu schwer, aber die Geschichte unterhält genug, um mich bei der Stange zu halten. Die Präsentation ist auf dem Niveau der letzten regulären Pokémon-Spiele sehr schick. Schade, dass es keine 3D-Darstellung gibt. Insgesamt gibt es an dem Spiel nicht viel auszusetzen, abgesehen von den erwähnten Hürden durch die englische Sprachausgabe.
Ich hoffe sehr, dass noch weitere Teile von Meisterdetektiv Pikachu kommen werden, denn Beweise zu sammeln ist eine nette Abwechslung zum Pokémon-Sammeln, und dieser Pikachu ist äußerst liebens- und sehenswert.