Northgard – TEST

Nach den beiden Action-Rollenspielen Evoland und Evoland II ist mit Northgard auch das dritte Spiel des französischen Entwicklerstudios Shiro Games für Nintendo Switch erschienen. Als Anführer eines Wikinger-Clans bauen wir im Strategiespiel unsere Siedlung auf und versuchen bei Handel, Wissen oder Herrschaft die Oberhand zu gewinnen.


Ursprünglich im März 2018 für den PC erschienen, hat es Northgard als eines von wenigen Aufbau-Strategiespielen auf die Nintendo Switch geschafft. Gerade auf Konsolen ist das Genre unterrepräsentiert, weshalb ein neuer Titel immer die Aufmerksamkeit von Echtzeit-Strategen, Siedlungsplanern und Wirtschaftsverwaltern unter den Spielern weckt. Auf den ersten Blick erinnert Northgard mit seinen knuddeligen Wikinger-Figuren und dem nicht ganz realistischen Stil an Die Siedler oder einige Anno-Teile. Obwohl Shiro Games mit dem dritten Spiel des Studios nicht die Tiefe der Genre-Größen erreicht, beweist Northgard allerlei Stärken.

Siedelnde Wikinger

Northgard bietet uns mit Geschichts-, Einzelspieler- und Mehrspieleranteil drei Modi, in denen wir uns dem Aufbau unserer eigenen Wikinger-Siedlung stellen können. Beim Gameplay unterscheiden sich die drei Modi jedoch nur bedingt. Während wir im Mehrspielermodus online mit bis zu fünf Mitspielern um den Sieg ringen dürfen, haben wir im Einzelspielermodus vielfältige Einstellungsmöglichkeiten wie Computergegneranzahl, Kartenart und -größe oder Schwierigkeitsgrad. Zur Wahl stehen stets sechs Clans mit kleineren Unterschieden etwa bei Forschung und Gebäuden sowie individuellen Vorteilen. Die Kampagne hingegen erzählt in mehreren Kapiteln eine Rachegeschichte, in deren Verlauf wir unterschiedliche Clans sowie die Gameplay-Grundlagen kennenlernen.

Das Spielprinzip ist relativ leicht erklärt. Wir beginnen mit einem Gemeindehaus sowie ein paar Bewohnern und müssen unsere Siedlung wachsen lassen. Neue Einwohner werden abhängig von der Zufriedenheit unserer Untertanen automatisch generiert. Berufe wiederum sind von der Zuteilung zu den Gebäuden abhängig und können somit jederzeit frei gewechselt werden. Einfach drauflos bauen können wir im Gegensatz zu anderen Aufbau-Strategiespielen allerdings nicht. Neben stetiger Ressourcenknappheit, schränken uns auch die Gebäudelimitierungen pro Gebiet ein. Die Spielwelt ist in diese klar definierten Gebiete eingeteilt. Es ist an uns, unseren Herrschaftsbereich zu vergrößern, um so auch mehr Gebäude, neue Ressourcen und Geheimnisse zu entdecken. Um neue Gebiete einzunehmen, müssen wir mit unserer überaus wertvollen Nahrung – oder je nach Clan wahlweise auch mit nicht weniger kostbaren Kröwns, der Währung der Wikinger – bezahlen.

Planungsnotwendigkeit

Da wir in jedem Gebiet nur einige wenige Gebäude bauen dürfen und die Aufwertungen für mehr Bauplätze limitiert und teuer sind, ist Planung gefragt. Wir müssen uns gut überlegen, ob ein neues Haus für mehr Einwohner, eine Jägerhütte oder doch ein Heiler wichtiger ist. Auch Ausbildungslager für unser Militär, Steinbrüche oder Brauereien sind wichtig, um unsere Siedlung voranzubringen. Nicht zu vergessen der immer nahende Winter, denn ein zentrales Spielelement von Northgard ist die wechselnde Jahreszeit. Wird es kälter und fällt Schnee, bedeutet das höheren Nahrungs- und Holzverbrauch. Haben wir zu wenig, hungern und frieren unsere Einwohner, werden im schlimmsten Fall sogar krank und sterben. Entsprechend sinkt die Zufriedenheit und damit das Bevölkerungswachstum, was im Endeffekt zum Aussterben unseres Clans führen kann. Gute Vorbereitung, sinnvolles Ressourcenmanagement und Verwaltung unserer Wikinger ist unabdingbar, um zu überleben.

Dafür verzichtet Northgard auf lange Warenkreisläufe. Neben Nahrung und Holz zählen nur noch Kröwns, Steine und Eisen zu den Ressourcen. Alles wird benötigt, um etwa Gebäude aufzuwerten, Soldaten auszubilden oder in der Schmiede bessere Werkzeuge, Waffen und besondere Relikte anzufertigen. Das war es dann aber auch schon. Handeln ist aber trotzdem möglich, nur ebenfalls auf die genannten Ressourcen begrenzt. Mit feindlichen und neutralen Fraktionen sowie via Schiff etwa mit unserer Heimat oder Vinland, können wir einen regen Austausch beginnen, um so Geld zu erhalten. Im Gegenzug können wir auf Marktplätzen Ressourcen für Kröwns erwerben. Ausreichend Tiefgang wird also auch ohne große Produktionsabläufe geboten. Ähnliches gilt auch für die Gebäudevielfalt, die sich trotz ausbleibender unterschiedlicher Designs für die Clans sehen lassen kann. Manche Fraktionen haben sogar spezielle Gebäude.

Militär und Wissen

Um uns gegen Feinde, zu denen auch Wölfe, Bären oder mythische Wesen gehören, zu verteidigen, bilden wir Soldaten aus. Verschiedene Gebäude erlauben uns unterschiedliche Truppentypen. Die einzelnen Soldaten können wir wiederum Gruppen zuordnen, die wir schnell mittels Controllereingabe befehligen können. Zudem verdienen wir uns mit der Zeit Punkte, die wir in unsere Militärlaufbahn investieren dürfen. Drei verschiedene Wege sind vorhanden, die wiederum jeweils drei Stufen umfassen und uns ein klein wenig Individualisierung unseres Militärs ermöglichen.

Haben wir genug Wissen, etwa Siedler in Steinkreisen und anderen besonderen Einrichtungen, angesammelt, dürfen wir eine neue Technologie erlernen. Eingeteilt sind diese in drei Bäume, die gleichzeitig einer Grundtechnologie entsprechen und sich auf Handwerk, Militär und Handel beziehen. Jeweils neun Technologien bedeuten einige Forschungsmöglichkeiten, die je Clan teilweise sogar abweichen können. Haben wir genug Wissen erlernt, dürfen wir außerdem einen von vier Segen wählen. Diese sind wichtig, um einen Weisheitssieg zu erlangen.

Vielfältige Siege

Ziel von Northgard ist, wie in vielen anderen Genre-Vertretern, irgendwie den Sieg zu erringen. Dafür bietet das Aufbau-Strategiespiel gleich mehrere Möglichkeiten. Ganz klassisch können wir durch Ausrotten der anderen Fraktionen einen Vorherrschaftssieg erringen. Alternativ besteht aber auch die Möglichkeit, mittels Ruhm, Handel oder Weisheit unsere Gegner zu übertrumpfen. Dafür müssen wir etwa genug Gebiete kontrollieren, besondere Gebäude erreichten oder viel Wissen anhäufen. Das bringt ausreichend Abwechslung und ermöglicht es uns, unsere Siedlung auf verschiedene Weisen auszurichten, ohne jemals eine Siegbedingung gänzlich auszuschließen.

Fast fehlerfrei portiert

Eine große Frage stellt sich bei Echtzeit-Strategiespielen auf Konsolen immer: Wie funktioniert die Steuerung? Im Fall von Northgard sind wir positiv überrascht, wie flüssig und gut sich das Wikinger-Siedeln mit einem Controller bedienen lässt. Praktische Ringmenüs, sinnvolle Bauvorschläge in einer Schnellauswahl, einfache Militärbedienung und allerlei mehr garantieren ein gutes Spielgefühl. Lediglich die manchmal versteckten Informationen und Details sind uns anfangs negativ aufgefallen. Haben wir erst einmal alles erlernt und gefunden, geht unser Siedlungsbau jedoch locker von der Hand.

Ähnlich gut umgesetzt ist Northgard technisch. Obwohl die Bodentexturen bei naher Zoomstufe etwas matschig wirken und gelegentliche Ruckler, etwa beim Jahreszeitenwechsel, negativ auffallen, trübt das den Spielspaß zu keiner Zeit. Etwas gestört hat uns allerdings die oft kleine Schrift, die das Lesen von Texten manchmal unnötig anstrengend gestaltet. Untermalt ist das Spielgeschehen von einem passenden, aber nicht herausstechenden Soundtrack, der ordentlich die gelungene Wikinger-Atmosphäre unterstützt. Erwähnt werden sollte noch, dass das Conquest-Update bisher nur für den PC erschienen ist. Entsprechend ist zukünftig noch mit kostenlosen neuem Content zu rechnen, während neue Clans als kostenpflichte Download-Inhalte ebenfalls bisher nur für den PC verfügbar sind.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

Northgard ist ein schönes Aufbau-Strategiespiel, das vielleicht nicht so viel Tiefe wie andere Genre-Vertreter bietet, dafür aber mit seiner Jahreszeitmechanik und dem Überlebensaspekt im Winter überzeugt. Dazu kommen ein liebevoll umgesetztes Wikinger-Szenario, motivierende Siedlungsverwaltung und -erweiterung sowie vielfältige Siegesmöglichkeiten. Dank Forschung, Militär und Handel, sechs Clans und unterschiedlichen Spielmodi wird zudem ausreichend Abwechslung geboten. Die kleineren technischen Mängel fallen mir kaum auf, dafür bin ich nach wie vor von der gelungenen Steuerung angetan. Wer etwas mit Echtzeit-Aufbau-Strategie anfangen kann, macht mit Northgard nichts falsch – das gilt auch ohne richtige Alternative auf der Switch.