Rune Factory 5 – TEST
Spätestens seit Stardew Valley sind Bauernhof-Simulationen wieder hoch im Kurs. Neben Harvest-Moon- und Story-of-Seasons-Teilen ist die Rune-Factory-Reihe auf Nintendo-Systemen prominent vertreten. Nun erscheint Rune Factory 5 exklusiv für Nintendo Switch.
Rune Factory 5 ist eine sehr konservative Fortsetzung, die alle wichtigen Elemente des Vorgängers direkt übernimmt – dennoch geht mit dem fünften Teil eine große Neuerung einher: der große Sprung in ein volles 3D-Spiel. Zwar überzeugte Rune Factory bisher immer auf Gameplay-Ebene, warum eine saubere Technik auch fürs Spielerische sehr wichtig ist, zeigt Rune Factory 5.
Typisch für die Reihe übernehmen wir die Rolle eines Jungen oder Mädchens, das an der chronischen Krankheit vieler Protagonisten japanischer Rollenspiele leidet. Amnesie-geplagt werden wir in Rigbarth aufgenommen, ein abgelegenes Dörfchen, das sogleich unser Potential erkennt und uns zum Monsterjäger und Selbstversorger ernennt. Während die Story nur ein loser Aufhänger ist, sind in Rune Factory 5 eher die kleinen Geschichten rund um die Bewohner des Dorfes spannender. Das liegt auch am Serien-Charme, den Rune Factory 5 aufrechterhalten kann – bestehend aus aberwitzigem Humor, drolligen Figuren und einer warmen Welt, in der wir auch die Gegner kaum ernst nehmen können.
Der kleine Selbstversorger
In Rigbarth bekommen wir direkt vor unserer Unterkunft ein kleines Feld zugewiesen, auf dem wir uns fortan jeden Tag um den Anbau von Nutzpflanzen kümmern sollen. Die Zeit schreitet in Rune Factory 5 automatisch voran. Jeden Morgen um sieben Uhr springen wir aus dem Bett und sind zunächst frei in der Entscheidung, wie wir den Tag verbringen wollen. Neben der Farmarbeit, kleineren Aufträgen und Storymissionen dürfen wir auch im Stile eines seichten Action-Rollenspiels die Umlande von Monstern befreien und nach Ressourcen absuchen.
Sehr schön ist die Progression von Charakter, Farm und frei einrichtbarem Zimmer. Zu Beginn besitzen wir keine Fähigkeiten, erst das Mampfen von Rezeptbroten erlaubt uns das Kochen, Craften und Schmieden aller notwendigen Gegenstände. Dann brauchen wir noch Werkzeuge, Lizenzen und Möbel wie einen Kochtisch und den Chemiekasten. Damit werden wir unabhängig von den anderen Anbietern im Dorf. Das alles kostet mächtig Geld und Ressourcen wie Stein und Holz, sodass wir durch das fleißige Anbauen, Gießen und Ernten jeden Tag ein Stückchen näher an unsere nächsten Bauvorhaben herankommen. Zusätzlich leveln wir Fertigkeiten aller Art durch die Ausführung. Selbst im Gehen und Schlafen werden wir kontinuierlich mit Level-ups versorgt, was uns in diesem Fall unsere Statuswerte erhöht. Das alles sorgt für pure Spielfreude und motiviert durch den klar ersichtlichen Fortschritt, der uns regelmäßig vor Augen geführt wird.
Frustrierende Performance
Die Entwickler von Rune Factory 5 entschieden sich im Gegensatz zum Vorgänger für eine vollständige dreidimensionale Inszenierung der Welt. Dazu zählen eine Third-Person-Perspektive und eine frei drehbare Kamera, die die vielen leeren und sterilen Bereiche der Welt nun einfängt. Schon nach wenigen Spielminuten war uns klar, dass wir hier die stilsichere Draufsicht aus dem Vorgänger um Längen bevorzugen. Das Ganze läuft über eine altbackene 3D-Optik, die schöne farbenfrohe Umgebungen erlaubt, in der die Anime-Figuren durch ihr Design und Outfit hervorstechen.
Rune Factory 4 (Special) ist ein Spiel der Geschwindigkeit. Flott bewegen wir uns durch die Welt und erledigen die Farmarbeit, Einkäufe und die soziale Interaktionen im Sekundentakt. Auch das beengte Dorf mit minimalen Ladezeiten beim Betreten und Verlassen der Häuser war auf diese Spielweise ausgelegt. In Rune Factory 5 ist das nicht mehr möglich. Das Dorf Rigbarth und die wichtigen Einrichtungen wie der Laden zum Samenkaufen und die Werkstatt für neue Möbel erstrecken sich über eine viel zu große Fläche. Am schlimmsten sind jedoch die Einbrüche und Laderucker. Jedes Türöffnen samt Ladezeit wird zum technischen Graus. Es ist schockierend, wie schlecht das technisch anspruchslose Rune Factory 5 für die Nintendo Switch optimiert wurde. Die Schnellreise fördert das Spieltempo hier auch nur bedingt.
Charmantes Dorfleben
Besonders schade ist der Verlust des “Wuselfaktors”, der in Rune Factory 4 einen bedeutenden Teil des Charmes und damit der klaren Stärke des Spiels ausgemacht hat. Jeden Tag liefen wir im Vorgänger unseren Mitbewohnern im Dorf über den Weg, während sie ihren Alltag und ihren Verpflichtungen der Ladenöffnungszeiten nachgingen. Auch in Rune Factory 5 besitzen die Figuren einen Tagesablauf. In der großen, leeren Stadt finden wir sie aber am schnellsten über die (ziemlich hässliche) Karte. Das ist umso bedauerlicher, weil die Rune-Factory-Stärken klar erkennbar sind: Das entspannte Dorfleben, der Humor und eine friedliche, entschleunigte Form eines japanischen Rollenspiels sind allesamt vorhanden.
Geschrieben von Jonas Maier
Fazit:
Ich hatte wirklich hohe Erwartungen an Rune Factory 5. Nicht etwa, weil ich den Trailern im Vorhinein ein besonders tolles Spiel abgekauft hätte, sondern weil ich davon ausging, dass dieser Teil die Grundstärken des Vorgängers mitbringt. Im Kern ist das auch der Fall und so ist auch der besondere Charme der Reihe in Rune Factory 5 vertreten. Umso bitterer ist die Tatsache, dass das Spiel dann an rudimentären Dingen wie einer ertragbaren Performance scheitert. Mit dem großen Schritt ins “richtige” 3D-Spiel hat sich Rune Factory 5 auch etwas übernommen. Trotzdem hatte ich meinen Spaß beim Rübenanbau und -ernten, beim kontinuierlichen Ausbau meiner Wohnung und den Trips ins Umland, um mit dem simplen Action-Kampfsystem drollige Monster zu verkloppen und ihre Ressourcen zu sammeln. Hier hätten nur wenige Verbesserungen zu einem so viel besseren Spiel geführt.