Tails of Iron – TEST

Als Rattenprinz Redgi stellen wir uns in Tails of Iron den feindlichen Froschinvasoren entgegen, um unser brutal überrantes Königreich zurückzuerobern und den Tod unseres Vaters zu rächen. Das handgezeichnete 2D-Action-Rollenspiel setzt dabei eindeutig auf den Soulslike-Aspekt und stellt uns vor eine enorm anspruchsvolle Herausforderung.


Soulslike-Spiele gibt es mittlerweile einige. Auch im Indie- und 2D-Stil findet sich so mancher Vertreter des durch Demon’s Souls und Dark Souls geprägten Untergenres. Odd Bug Studios verpasst ihrem in einem handgezeichneten 2D-Stil gehaltenen Soulslike-Action-Rollenspiel mit einem besonderen Szenario einen ganz eigenen Anstrich. Dabei ist Tails of Iron in einer üblichen mittelalterlichen Dark-Fantasy-Welt angesiedelt. Die Besonderheit hierbei sind jedoch die Bewohner. Es handelt sich um Ratten und Frösche, die schon seit langer Zeit verfeindet sind. Vor Jahrzehnten gelang es schließlich König Rattus, die Frösche in die Sümpfe zurückzutreiben und das Ratten-Königreich zu befreien. Seitdem herrscht Frieden, doch Rattus ist alt geworden und möchte einen seiner Söhne zu seinem Nachfolger ernennen. Natürlich schlüpfen wir in die Rolle eines der Prinzen. Als Redgi, dem kleinsten und vermeintlich schwächsten Königssohn, müssen wir uns zu Beginn von Tails of Iron der Krone als würdig erweisen. Zuvor lernen wir die wichtigsten Grundlagen und treten anschließend in einem Kampf gegen unseren Bruder Denis an.

Gnadenloser Krieg

Es ist natürlich unser Ziel, diese erste Auseinandersetzung für uns zu entscheiden, um zum neuen König gekrönt zu werden. Dabei lernen wir schnell, worauf es in Tails of Iron ankommt. Auf eine Ausdauerleiste haben die Entwickler verzichtet. Der Fokus soll vielmehr auf der Beobachtung und Analyse der Gegner liegen. Wir müssen genau abschätzen, wie unsere Kontrahenten agieren, welche Angriffe sie anbringen und wie wir darauf reagieren müssen. Im Grunde basieren die Aktionen der Gegner auf drei Prinzipien, die optisch dargestellt werden. Erscheinen gelbe Blitze über dem Kopf unseres Feindes, müssen wir den Angriff rechtzeitig mit unserem Schild abwehren, um den Gegner zurückzustoßen. Bei Attacken mit roten Blitzen heißt es auszuweichen und Aktionen mit roten Kreisen bedeuten Flächenangriffe und entsprechend für uns, Entfernung zum Feind aufzubauen. Obwohl das simpel klingt, ist es trotzdem nicht einfach, sich an jeden Gegner anzupassen. Die Grundlagen sind hilfreich, doch die genaue Attacke und Ausführung dieser lässt sich nur mit viel Übung ermitteln. Und wir meinen wirklich viel Übung, denn in Tails of Iron sterben wir häufig. Sehr, sehr häufig.

 

Frustresistenz ist entsprechend zwingend erforderlich. Wer schnell aufgibt oder bei bockschweren Kämpfen den Spielspaß verliert, ist bei Tails of Iron falsch. Wir müssen lernen, die Gegner einschätzen, uns anpassen und das häufig auch gegen mehr als nur einen Feind. Schon eine falsche Reaktion oder einmal nicht aufzupassen kann uns den Sieg kosten. Zwar dürfen wir uns mit unserer Trinkflasche heilen, aber dabei müssen wir darauf achten, nicht getroffen zu werden. Außerdem ist der Inhalt recht schnell aufgebraucht und mitten im Kampf ist ein Nachfüllen nicht möglich. Gerade bei Bossen, die oft mehrere Phasen haben und immer von kleineren Standardgegnern begleitet werden, ist es also wichtig, darauf zu achten, die begrenzten Heilmöglichkeiten richtig einzusetzen. Immerhin verlieren wir bei einem Ableben nicht zu viel Fortschritt, da nach fast jeder Auseinandersetzung eine Speichermöglichkeit auf uns wartet. Alleine dadurch haben wir nie den Eindruck, als wäre Tails of Iron unfair. Gnadenlos und bockschwer, sicher, aber stets schaffbar – und sei es erst nach dutzenden Toden. Motivieren kann Tails of Iron gerade deshalb, weil wir immer das Gefühl haben, gewinnen zu können. Wenn wir dann mit klopfendem Herzen, vollkommen angespannt, endlich erfolgreich sind, ist das ein enormes Glücksgefühl.

Atmosphärisches Rattenreich

Allerdings setzt Tails of Iron nicht nur auf Kämpfe, auch wenn diese eindeutig im Mittelpunkt des Souslikes stehen. Wir treffen regelmäßig auf andere Ratten wie etwa unsere Brüder und erhalten von ihnen Aufgaben. Diese Quests erfordern oft eher simples Einsammeln von Gegenständen, doch genauso oft erkennen wir erst im Nachhinein, wie wichtig das für die Rückeroberung des Königreichs, die Geschichte und auch die Atmosphäre des Spiels ist. Schließlich sind wir König Rattus‘ Nachfolger und wollen unsere Heimat verteidigen. Dass wir dafür auch den Überlebenden helfen, ist nur logisch. Zudem erhalten wir immer wieder neue Ausrüstung, die wir an Kisten wechseln dürfen. Unterschiedliche Waffentypen, die spürbaren Einfluss auf die Kämpfe haben, Helme, Schilde und Rüstungen ermöglichen uns eine gewisse Anpassungsmöglichkeit. Wichtig ist es dabei, auf das Gewicht zu achten. Je schwerer Redgi ist, desto langsamer sind seine Bewegungen. Hier hängt es von unserer persönlichen Vorliebe ab, ob uns beispielsweise eine bessere Verteidigung einen Nachteil in unserer Bewegungsfreiheit wert ist. Dank der hervorragenden, flüssigen Steuerung ist jede Änderung sofort spürbar, was uns unsere Entscheidung zumindest etwas erleichtert. Schließlich können wir schnell erkennen, welche Auswirkungen ein Ausrüstungswechsel mit mehr Gewicht hat.

Erzählt wird die Geschichte von Tails of Iron übrigens fast komplett ohne Texte. Gespräche finden ausschließlich mittels kleinen Bildern in Sprechblasen statt. Hier erhalten wir Hinweise auf Orte, Personen oder wohin wir als nächstes gehen sollten. Dafür fungiert Doug Cockle (bekannt als Geralt in den The-Witcher-Spielen) als englischsprachiger Erzähler und trägt enorm viel zur sowieso bereits grandiosen Atmosphäre bei. Erschaffen wird die düstere Stimmung alleine schon durch den schönen handgezeichneten 2D-Grafikstil. Die Umgebungen sind detailreich, die drückende Beklommenheit des blutigen Feldzugs der Frösche ist überall deutlich erkennbar und die Figuren sind nicht weniger mit viel Liebe umgesetzt. Da mit Ausnahme von Bossen auf Lebensanzeigen für Gegner verzichtet wird, müssen wir auf Verletzungen an ihnen achten, um festzustellen, wie stark sie bereits verwundet sind. Auch das trägt massiv zur Atmosphäre und Immersion bei. Zusätzlich verzichtet Tails of Iron auf Musik. Stattdessen hören wir das Plätschern des Regens, knallendes Donnern oder lautstark einschlagende Blitze. Wenn einer der frühen Bosskämpfe vom Trommeln der Frösche im Hintergrund begleitet wird, ist das enorm treibend und gleichzeitig überaus stimmungsvoll. Hier trumpft Tails of Iron wahrlich auf und beweist, wie atmosphärisch eine passende Soundkulisse sein kann. Gemeinsam mit dem schicken Grafikstil, der düsteren Spielwelt und der spannenden, schön erzählten Geschichte entsteht eine wunderbare Stimmung, die uns nicht mehr loslässt und ihren Teil zur Motivation (und Frustration) der Kämpfe beiträgt.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

Soulslikes sind nicht unbedingt meine Spielart. Dafür ist meine Frustresistenz einfach zu niedrig. In den letzten Monaten habe ich aber immer wieder Kontakt mit dem Genre gehabt und zumindest den Reiz an den bockschweren Spielen erkannt. Tails of Iron hat mit dem detailreichen Grafikstil schnell mein Interesse geweckt und so war ich entschlossen, mich auf die knackigen Kämpfe einzulassen. Obwohl ich immer wieder frustriert, wütend und genervt war, und resignierend aufgegeben habe, habe ich mich doch auch stets aufs Neue in Tails of Iron verbissen, um weiterzukommen. Niemals hatte ich das Gefühl, die Auseinandersetzungen seien unfair oder unschaffbar. Tatsächlich bin ich mit jedem Versuch sogar immer etwas besser geworden, konnte einen Boss noch näher an den Tod bringen, bis ich irgendwann erfolgreich war. Dank sehr häufiger Speicherpunkte bleibt Frust über verlorenen Fortschritt fast völlig aus, sehr schön. Zusätzlich ist Tails of Iron wirklich atmosphärisch und untermalt das Geschehen mit einer hervorragenden Soundkulisse, die viel zur Faszination des Spiels beiträgt. Die spannende Geschichte über die Rückeroberung des Ratten-Königreichs und das frische Dark-Fantasy-Setting runden das Erlebnis wunderbar ab und sorgen endgültig dafür, dass Tails of Iron ein lohnenswertes und aus der Masse herausstechendes Soulslike-Action-Rollenspiel ist. Allerdings sollte jedem der recht hohen Gewaltgrad sowie die wirklich, wirklich gnadenlosen Kämpfe bewusst sein. Fans bockschwerer Spiele werden aber definitiv ihre Freude an Tails of Iron haben.