Nintendo Labo – VORSCHAU

Als Nintendo am 17. Januar eine neue Spiel-Idee „für Jung und Alt“ vorstellte, hatte niemand damit gerechnet, dass es sich dabei um Pappe und Software handeln würde. Doch Nintendo Labo scheint genau das zu sein: Papp-Spielzeuge, die mit passender Software ein Ganzes ergeben. Was erwartet uns am 27. April? Wir tragen zusammen, was wir wissen.


Die Idee, Spielzeuge zu bauen, ist Grundpfeiler von Nintendos Firmengeschichte. Dass es in den letzten dreißig Jahren eher Videospiele waren als Kartenspiele und Plastikspielzeug, ist im Grunde nur Kind seiner Zeit. Letztlich ist Nintendo eine Spielzeugfirma, die mit Nintendo Labo und seinen Toy-Cons genau das macht, was sie seit über hundert Jahren gemacht hat, nämlich Dinge verkaufen, die Spaß machen, ganz gleich wie. Und in Nintendos Historie gab es sowohl Software, wie wir alle wissen, als auch Papp-Modelle. Das zu kombinieren hätte also nicht so abwegig sein sollen, wie es uns schien.

 

Nintendo Labo besteht aus cleverer Software, die die Nintendo Switch mit ihren vielen Sensoren mit Hardware aus Pappe, die wir selbst zusammensetzen dürfen, kombiniert. Soviel sagte bereits der erste Trailer. Die Pappmodelle werden komplett als Bausatz geliefert und ausschließlich gesteckt, nicht geklebt, um sie in dreidimensionale Gebilde zu verwandeln. Es gibt neben Pappe als Material noch Fäden aller Art und silbern reflektierende Aufkleber, die für die Sensoren wichtig sind. Das Zusammenbauen erfolgt nach ausführlicher Video-Anleitung mit dreidimensionalen Darstellungen aller Teile auf der Switch, die so ausgefeilt und umfassend wirken, dass wir uns jetzt schon für sämtliche Möbelhaus-Selbstbaumöbel solche Aufbauanleitungen wünschen. In die selbstgemachte Hardware werden dann an den passenden Stellen die Switch selbst und die Joy-Cons eingesteckt, um sie mit Leben zu füllen.

Es wird ab dem 27. April 2018 zwei Sets zu kaufen geben: Das Toy-Con 01 Multi-Set und das Toy-Con 02 Robo-Set. Außerdem gibt es noch ein Design-Set mit Aufklebern in Nintendo-Optik, um die schlichte Pappe in Kunstwerke zu verwandeln, dieses ist jedoch rein optional. Schön an sämtlichen Modellen ist, dass es eine Video-Option in der Software gibt, die die Funktionsweise von allen Aspekten der Toy-Cons erklärt.


Toy-Con 01 Multi-Set

Das Multi-Set besteht aus fünf Toy-Con-Modellen, die verschiedene Schwierigkeiten in Aufbau und Komplexität haben. Das einfachste Modell ist ein Auto genanntes Modell, das sich durch die Vibration der Joy-Cons fortbewegen kann. Da das Auto mit den Joy-Cons versehen wird, lässt sich die Infrarot-Kamera des rechten Joy-Con auch für eine rudimentäre Bildwiedergabe der Auto-Sicht nutzen. Es gibt ein Motorrad-Spiel, bei dem eine Art Motorradlenker aus Pappe das Spielgerät wird, wir aber auch mit einem Mini-Motorrad Strecken abfahren können, die wir im Spiel dann editieren und anschließend befahren dürfen.

Ein Angelspiel besteht aus einem Teich, wo die Konsole selbst hochkant Platz drin findet, und einer Angel, in der die beiden Joy-Cons die Sensoren bereitstellen, die für ein realistisches Angeln nötig sind. Im Teich schwimmen Fische, die wir über die Angel an den Haken bekommen und aus dem Wasser ziehen sollen. Dieses Spiel wird durch die Möglichkeit ergänzt, selbst Fische aus Pappe auszuschneiden und in das Spiel einzulesen, um sie anschließend zu angeln.

Das komplexeste Toy-Con ist das Klavier, das eine Klaviatur mit dreizehn Tasten aufweist. Über ein cleveres optisches System im Klavier-Korpus werden von der Joy-Con-Kamera für jede Taste eigene Reflektoren erkannt, so dass es tatsächlich damit möglich ist, echte Töne zu spielen. Es gibt über Papp-Knöpfe zusätzlich noch Modulatoren, etwa die Option, die Oktavierung der Klaviatur zu ändern. Die Software für das Klavier bietet verschiedene Möglichkeiten zum Komponieren, neben eigenen Tönen sogar eine Drummachine.


Toy-Con 02 Robo-Set

Gegen den Umfang vom Multi-Set wirkt das Robo-Set recht simpel. Es gibt ausschließlich ein Toy-Con zu bauen, das euch jedoch dafür in einen Roboter verwandelt. Das Set ist im Grunde ein Rucksack, der über Bänder und Schlaufen mit euren Gliedmaßen verbunden und aufgesetzt wird. Darüber könnt ihr dann im zugehörigen Spiel, das am besten, im Gegensatz zu den meisten Spielen des Multi-Sets, auf dem Fernseher wiedergegeben wird, euren Roboter mit euren Körperbewegungen steuern.

Der Roboter kann diverse Funktionen ausführen, die alle über haptische Änderungen an eurem Toy-Con eingestellt werden. Schlagen funktioniert durch Bewegung eurer Arme nach vorn. Um euch in ein Auto zu verwandeln, geht in die Knie. Um dann zu einem Flugzeug zu werden, breitet die Arme aus. Wenn ihr auf einem Bein steht und einen Arm in die Höhe reckt, wächst euer Roboter und kann plötzlich noch mehr Zerstörungskraft entfalten.

Das scheint übrigens das einzige zu sein, was in diesem Spiel der Inhalt ist. Zerstörung von Gebäuden und anderen Umgebungen und ein bisschen Parkour in entsprechenden Abschnitten. Während das Multi-Set eine breite Vielfalt von Toy-Con-Optionen bietet, ist das Robo-Set auf diesen Roboter beschränkt. Dass das zugehörige Spiel etwas taugt, muss sich erst noch beweisen. Der Ansatz ist jedoch interessant, denn hier scheint immerhin ein komplettes Spiel Teil des Sets zu sein, nicht nur eine Reihe von Mini-Spielen.


Toy-Con-Werkstatt

Die mitgelieferten Toy-Cons werden wohl schon für eine ganze Weile Spielspaß sorgen. Doch wem das nicht genügt, der kann in der in beiden Sets integrierten Toy-Con-Werkstatt völlig eigene Toy-Cons generieren. Es lassen sich hierfür die Sensoren der Joy-Cons über einfache Wenn-Dann-Verknüpfungen kombinieren, aber auch komplexere Programmierung ist möglich. Der Fantasie sind hierbei so wenig Grenzen gesetzt wie es Sensoren in der Switch gibt. Wenn ihr euch vorstellen könnt, dass es funktionieren müsste, dann lässt es sich bauen und herstellen, sogar ein auf Knopfdruck umfallendes Toy-Con-Männchen.

Die Toy-Con-Werkstatt scheint das wirklich mächtige Werkzeug zu sein, mit dem Nintendo Labo punkten will. Die Möglichkeiten sind schier unendlich, denn es braucht nur eine Idee, genug Zeit und Pappe oder Lego oder was immer euch an Materialien einfällt, um dort Joy-Cons und Switch einzusetzen und euer Spielzeug in etwas ganz Besonderes zu verwandeln. Ihr wollt euer Hantel-Set um einen Zähler erweitern, der euch nach jedem zehnten Bankdrücken anfeuert? Euch fehlt eine Nachtsichtkamera, um um eine dunkle Ecke im Keller zu gucken? Ihr möchtet die Joy-Cons auf Befehl vibrieren lassen, um zu gucken, welcher zuerst vom Tisch fällt? Euer Zimmer braucht eine automatische Klingel, sobald die Tür sich bewegt? Alles überhaupt kein Problem mit Nintendo Labo.

Kritik am Material

Was sich noch zeigen muss, ist die Qualität der Pappe und die Möglichkeit, mit Nintendo Labo etwas anzufangen, wenn eure sämtlichen Toy-Cons durch etwa einen Wasserschaden unwiederbringlich zerstört wurden. Nintendo hat angekündigt, Papp-Bögen zum Nachkaufen anzubieten. Wie das dann tatsächlich aussehen wird, zu welchem Preis welche Teile angeboten werden, ist allerdings noch nicht bekannt. Hier ist jedoch von Nintendos Seite der erste Schritt zu tun, denn Pappe wird kaputtgehen, und es wäre schade, wenn die Nachkauf-Optionen dann nicht reizvoll genug sind und im Gedächtnis der Spieler nur bleiben wird, dass ihre reparierten Toy-Cons nicht so gut funktionierten.

Wenn ihr noch mehr Infos und mehrere erklärende Videos braucht, findet ihr die auf der offiziellen Website von Nintendo Labo.

Geschrieben von Arne Ruddat

Prognose:

Für kreative Köpfe, Leute, die gern etwas basteln, und Neugierige (fast) jeden Alters scheint Nintendo Labo eine großartige Ergänzung zur vorhandenen Switch zu sein. Dass Nintendo Labo zum System-Seller wird, halte ich jedoch für unwahrscheinlich. Als Zusatz für ein bestehendes System jedoch und als Spaß mit den eigenen Kindern oder als Möglichkeit, überhaupt physikalisch etwas zu bauen und mit Sensoren zu etwas ganz Besonderem zu machen, ist Nintendo Labo eine großartige Idee, die sich hoffentlich durchsetzt. Es wäre bei großem Anklang etwa denkbar, dass Nintendo einen Wettbewerb ausruft, bei dem Spieler ihre eigenen Kreationen präsentieren dürfen, die dann in zukünftigen Sets von Nintendo angeboten werden. Oder dass Nintendo noch viele weitere Sets anbietet, in denen bislang ungeahnte Möglichkeiten genutzt werden. Ich jedenfalls habe alles vorbestellt und – obwohl mich das Robo-Set vom Umfang her noch nicht überzeugt hat – bin sehr neugierig auf alle Funktionen, die Nintendo Labo uns bietet.