Root Letter: Last Answer – TEST
Die meisten Menschen empfinden eine Menge Nostalgie für die Jugend und Schulzeit. Viele Spiele und vor allem auch Visual Novels versuchen diese Nostalgie in ihren Spielen aufzugreifen, so auch Root Letter: Last Answer.
Brieffreundschaften können teilweise stärker sein, als reguläre Bekanntschaften. Über Jahre hinweg hat der nicht weiter benannte Protagonist aus Tokyo mit Aya aus der Stadt Matsue Briefe ausgetauscht, bis der Kontakt zum Stillstand kam. Jetzt, nach fünfzehn Jahren, macht er sich auf die Suche nach ihr und reist nach Matsue. Der letzte Brief war mehr, als nur etwas beunruhigend. Rückblenden und das verhängnisvolle Intro machen schnell klar, dass noch einiges im Unklaren liegt. Ein Mord, ein Feuer und die stetige Frage, ob Aya überhaupt noch lebt, überschatten die Reise durch Matsue, die zunächst aber sehr entspannt beginnt.
Ein verhängnisvoller Brief
Als Root Letter im Jahr 2016 erschien, war die Visual Novel ein so großer Erfolg, dass die Entwickler für die Neuveröffentlichung auf eine besondere Idee setzen. Zusätzlich zu den gezeichneten Figuren und Hintergründen gibt es nun den Live-Action-Modus. Alle Gebiete und Personen wurden durch echte Schauspieler und Settings ersetzt. Natürlich ist nicht alles dynamisch inszeniert und es gibt noch immer viele Standbilder, trotz der gut gelungenen regelmäßigen Ein- und Ausblendung von Charakterportraits. Trotzdem freuen wir uns, dass dieses Spiel wie schon 428 Shibuya Scramble eine bisher eher verschmähte Art der Inszenierung nutzt, die eindeutig ihren Charm besitzt.
Der größte Unterschied liegt in der Farbgestaltung. Während die Hintergründe und Figuren im gezeichneten Modus wesentlich bunter und farbenfroher ausfallen, sind die echten Bilder der japanischen Straßenzüge gedämpfter. Das ist nicht schlecht, die realistische Anmutung im Zusammenhang mit der ernsten Story hat uns besser gefallen, als die doch eher austauschbare Anime-Optik. Wir empfehlen in der ersten Spielstunde hin und her zu wechseln, um herauszufinden, welcher Stil einem eher liegt.
Einfach entspannend
Root Letter: Last Answer geißelt den Spieler nie mit ausufernden Textpassagen und mixt bekannte Adventure-Elemente in die Spielstruktur ein. Damit wird die Visual Novel fast schon zu einem Detektiv-Abenteuer. Mal suchen wir Hintergründe nach Informationen ab, wählen die richtige Antwortmöglichkeit in Dialogen aus und nicht selten müssen wir Gegenstände aus dem Inventar zum richtigen Zeitpunkt hervorkramen. Schnell dürfen wir auch über die Karte schon besuchte Orte erneut ansteuern. Besonders passend für die Stimmung ist auch die lückenlose Erzählung. Wir begleiten unseren Charakter auf Schritt und Tritt, und wenn es dunkel wird, suchen wir das örtliche Gasthaus auf. Dabei hat das Spiel fast schon eine therapierende Wirkung auf den Spieler, denn trotz dramatischer Handlung ist die Stimmung stets ruhig, entspannend und besinnlich. Das selbe lässt sich über den Soundtrack sagen. Vertont ist das Ganze auf Japanisch, bis auf den eigenen Charakter, der stumm als einzige Figur stumm bleibt.
Das Spiel bietet ein wunderbares Spieltempo mit regelmäßigem Wechsel der Hintergründe, Tonalitäten und Gameplay-Abschnitte, sodass die Spielzeit von knapp zehn Stunden wie im Flug vergehen. Auch für Nichtkenner des breiten Visual-Novel-Genres ist das Spiel mehr als nur einen Blick Wert, auch wegen der im Vergleich kurzen Spielzeit. Nach einem Durchgang warten natürlich noch die anderen Routen auf den Spieler, erforscht zu werden. Hier und da beeinflussen unsere Antwortmöglichkeiten das Ende, leider können wir von den Antworten selbst nicht auf den finalen Verlauf der Story schließen. Um einen Guide werden Leute, die auch das finale Ende sehen wollen, nicht herumkommen.
Geschrieben von Jonas Maier
Fazit:
Die Wahl zwischen der neuen Live-Action-Erzählweise und der gezeichneten Version ist ein Mehraufwand der Entwickler, den auch Kenner des Originals wertschätzen werden. Schnell habe ich für mich entschieden, dass mir die Live-Action-Inszenierung besser gefiel; auch weil die Szenen eine ganz eigene Stimmung transportiert haben. Zusammen mit dem verspielten, hallenden Klavier-Geklimper, das den nostalgischen Unterton unterstreicht, passt das Ganze gut zur ernsten Thematik. Trotzdem gibt es immer wieder lustige Abschnitte mit seltsamen Charakteren, die in der Anime-Darstellung wohl nicht so schnell aus der Rolle fallen, wie in der echten Welt. Ich bin selbst überrascht, wie gut diese Mischung gelungen ist und in was für einem entspannenden Spielerlebnis Root Letter: Last Answer mündet. Unabhängig vom Grafikstil punktet das Spiel vor allem mit seinen ruhigen Tönen und seinem entschleunigten Spieltempo. Wer mit dieser Form der Inszenierung zurecht kommt, wird auf jeden Fall seine Freude mit Root Letter: Last Answer haben.