Where the Water tastes like Wine – TEST
Im von Dim Bulb Games und Serenity Forge entwickelten Adventure Where the Water tastes like Wine aus dem Jahr 2018 erleben wir über zweihundert Geschichten. Diese sind zwar sehr interessant geschrieben, in der Switch-Fassung von 2019 aber alles andere als leicht zu lesen.
Es hätte so schön enden können: Bei einer Pokerrunde bleiben am Ende nur unser ärgster Konkurrent und wir übrig. Als wir uns vom Tisch entfernen wollen, verlangt unser Gegenspieler nach einer letzten Runde. Zögernd willigen wir ein – und werden mit dem größten Glück beziehungsweise besten Blatt im Spiel belohnt. Genau in diesem Moment erhöht unser Rivale seinen Einsatz, den wir unmöglich toppen können. Er macht uns allerdings das Angebot, dass wir ihm unser Wort geben und in seiner Schuld stehen, sollten wir verlieren. Natürlich willigen wir in das Angebot ein und gehen mit, doch als wir wieder auf unsere Karten schauen, ist unser gutes Blatt verschwunden.
Stattdessen betrachten wir auf einmal Tarotkarten, deren Bedeutung wir nicht verstehen – und unser Gegenüber gibt sich auf einmal als Wolf zu erkennen. Das Pokerspiel ist zwar überraschend vorbei, doch Where the Water tastes like Wine beginnt hier erst richtig. In seiner Schuld stehend schickt uns der nach Wissen dürstende Wolf kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten von Amerika, die stilistisch an die 1930er-Jahre erinnern. Unsere Aufgabe besteht darin, in der Gestalt eines Skeletts, Geschichten zu sammeln. So reisen wir bei entspannter Blues-, Country- und Jazzmusik über eine Landkarte der Staaten von Ort zu Ort, werden Augenzeuge von Ereignissen oder erfahren in Dialogen von witzigen, traurigen, seltsamen oder sogar übernatürlichen Geschehnissen.
Per Anhalter durch die Vereinigten Staaten
Wie schnell wir zu unserem Zielpunkt kommen, hängt davon ab, welche Art der Fortbewegung wir einschlagen. So können wir zwar wunderbar per pedes unterwegs sein, was jedoch Zeit und vor allem Nerven kostet. Das Wandern über die Landkarte ist äußerst repetitiv und auch ermüdend. Beschleunigen können wir unsere Spielfigur hier nur, indem wir auf Knopfdruck pfeifen und nebenher kleinere Quick-Time-Events ausführen. Wem das zu umständlich ist, kann an befahrenen Landstraßen auch versuchen, per Anhalter voranzukommen. Für längere Strecken eignet sich die Bahnfahrt. Wer ehrlich ist, muss zuvor aber seine Geldbörse durch Arbeit oder Betteln in größeren Städten wie New York City aufbessern. Ein Vorteil dabei ist, dass wir so an weitere Geschichten gelangen.
Wenn uns die US-Dollars einmal ausgehen sollten, können wir uns an Güterbahnhöfen auch auf einen Zug schleichen. Bei der Warenkontrolle laufen wir dann aber Gefahr, vom Personal entdeckt und verprügelt zu werden, was auf Kosten unserer Lebensenergie geht, die wir nur in den größeren Städten an Restaurants – natürlich für Geld – auffrischen können. Ziel von Where the Water tastes like Wine ist, zwölf Reisende in den Staaten aufzuspüren, ihnen unsere gesammelten Geschichten zu vermitteln, ihr Vertrauen zu gewinnen und zu guter Letzt mehr über ihre Vergangenheit zu erfahren. Zudem haben die mehr als zweihundert enthaltenen Geschichten mehrere Versionen.
Schriftgröße im Miniaturformat
Erfahren wir in Boston beispielsweise etwas über zwei Damen, die Alkoholschmuggel betreiben, kann dieser Bericht in Pittsburgh ganz anders erzählt werden. Haben wir beide Versionen vernommen, können wir die Story beim nächsten abendlichen Lagerfeuer bei Gesellschaft nicht nur anders, sondern vielleicht sogar spannenden erzählen, um mehr Pluspunkte bei den zwölf Reisenden zu sammeln. Where the Water tastes like Wine ist ein Adventure, bei dem es weniger um das Kombinieren von Gegenständen oder irgendwelchen Rätselmechaniken geht. Die Narration über die deutschen Bildschirmtexte bei englischer Vollvertonung steht eindeutig im Vordergrund, sodass für den maximalen Spielspaß Lesebereitschaft und ein gutes Erinnerungsvermögen vorausgesetzt wird.
Leider handelt es sich bei der Konsolenfassung um eine schlichte Portierung der PC-Fassung. Das Spiel läuft auf der Switch zwar problemlos und sehr flüssig, doch haben es die Entwickler versäumt, die Schriftgröße anzupassen. Soll heißen, dass die Textboxen in den meisten Fällen leider viel zu klein sind und die Schrift trotz des reichlich vorhandenen Platzes auf dem Bildschirm zusammengedrückt wird. Was auf dem Fernsehbildschirm schon ab einem Abstand von anderthalb Metern ein Problem darstellt, ist im Handheld-Modus noch ärgerlicher. Wer die Möglichkeit hat, sollte das Abenteuer daher unbedingt auf dem heimischen PC mit kleinem Abstand und passender Schriftgröße genießen.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Where the Water tastes like Wine ist meiner Meinung nach ein sehr interessant gestaltetes Adventure. Das Spiel konzentriert sich vollständig auf die Narration von über zweihundert Geschichten, die mit ansteigender Spielzeit mit neuen Details aktualisiert werden. Jede Erzählung wird mit neuen Einzelheiten greifbarer und sogar spannender, was sich vor allem am abendlichen Lagerfeuer mit einem anderen Reisenden bemerkbar macht. Hierbei handelt es sich um illustre Figuren, über die ich immer mehr erfahren möchte. Leider wird der Fortschritt in Where the Water tastes like Wine für meinen Geschmack zu sehr über nervige Laufwege erkauft, die mich schon nach ein bis zwei Spielstunden anöden. Hinzu kommt, dass ich viel zu oft die Augen zusammenkneifen muss, um überhaupt die Bildschirmtexte lesen zu können. Was auf dem Fernsehbildschirm schon ein nerviges Ärgernis ist, ist im Handheld-Modus überhaupt nicht tragbar. So gesellt sich der Titel in die Riege der Switch-Spiele, die prinzipiell wirklich gut sind, aber aufgrund der Umsetzung kaum zu empfehlen sind. Wer die Möglichkeit hat, eine hohe Lesebereitschaft mitbringt und sich mit den langen Laufwegen arrangiert, sollte dem Titel lieber auf dem PC eine Chance geben. Die Konsolenfassung sollte tatsächlich nur der letzte Ausweg sein.