Rune Factory 4 Special – TEST
Rune Factory 4 Special lässt uns, genauso wie das Nintendo-3DS-Original, als Prinzessin oder Prinz Gemüse, Obst und allerlei anderes auf unserer Farm anbauen, Beziehungen knüpfen und Monster bekämpfen. Im Gegensatz zur 3DS-Version verfügt das Switch-Remaster über deutsche Texte.
Ursprünglich ist Rune Factory 4 in Japan 2012 und in Europa 2014 für den Nintendo 3DS erschienen. Für die Special-Version wurde das Rollenspiel technisch angepasst und hat neben deutschen Texten auch Neuerungen wie den Frischverheirateten-Modus und einen zusätzlichen, besonders harten Schwierigkeitsgrad spendiert bekommen. Inhaltlich ist die Neuauflage des vierten Serienteils des Fantasy-Harvest-Moon-Titels aber unangetastet geblieben.
Verlorenes Gedächtnis
Zu Beginn des Spiels beantworten wir eine Frage, die darüber entscheidet, ob wir einen männlichen oder weiblichen Charakter spielen. Sind wir mit dem Ergebnis allerdings nicht zufrieden, dürfen wir bevor wir loslegen das Geschlecht wechseln. Anschließend finden wir uns auf einem Luftschiff wieder. Dort werden wir von Banditen angegriffen, verlieren nach einem Schlag auf den Kopf unsere Erinnerungen und fallen schließlich von Bord. Zum Glück landen wir auf der scheinbar sehr weichen Drachendame Ventuswill, die nicht nur als Göttin und Schutzherrin Selphias verehrt wird, sondern uns gegenüber auch sehr freundlich ist. Als einzige Erinnerung ist unserem Charakter der eigene Name verblieben. Diesen dürfen wir frei wählen oder auf die Vorgaben Frey für die weibliche und Lest für die männliche Spielfigur setzen. Egal wofür wir uns entscheiden, kommt es zur Verwechslung, da in Selphia ein Adeliger namens Arthur erwartet wird. Kurzerhand dürfen wir in der Burg übernachten. Natürlich fliegt die Verwechslung schon bald auf. Statt uns aber woanders einzuquartieren, überschreibt uns Prinz Arthur einfach seine Rechte und Pflichten, weshalb es nun an uns liegt, die Aufgaben des Adligen zu erfüllen.
Wer nun denkt, das Leben eines Prinzen oder einer Prinzessin wäre einfach und würde aus Massagen, großartigen Speisen und langem Schlafen bestehen, liegt falsch. Stattdessen müssen wir uns um das Feld der Burg kümmern und mittels Prinz- oder Prinzessinpunkten in die Entwicklung Selphias sowie unserer Ausrütung investieren. Damit aber nicht genug, dürfen wir die Stadt verlassen und in an Secret of Mana erinnernden Kämpfen gegen Monster antreten, uns mit diesen Anfreunden und sie für die Feldarbeit einspannen, Dungeons erkunden und engere Beziehungen zu den Bewohnern der Stadt knüpfen. Ganz dem Genre folgend natürlich inklusive Liebe und Hochzeit. Dabei können jeweils sechs Nicht-Spieler-Charaktere vom weiblichen und männlichen Protagonisten umworben werden. Es steckt also einiges an Umfang und Abwechslung in Rune Factory 4 Special.
Besondere Talente
Wenig überraschend sind wir kein normaler Mensch, sondern gehören den seltenen Erdfreunden an. Damit sind wir wie geschaffen für das Anbauen von Gemüse, Obst, Blumen und allerlei anderer Dinge. Gleichzeitig ist unsere Verbindung zur Welt und den dieser Kraft gebenden Runen gefestigt. Rune Factory 4 Special greift das für die durchaus interessante und gelungene Fantasy-Geschichte auf. Im Auftrag von Ventuswill begeben wir uns in Dungeons, erkunden diese und treten schließlich gegen Bossgegner an. Dabei fällt der Umfang der Handlung unerwartet groß aus und auch nachdem wir bereits das nahende Ende erwartet haben, passiert noch etwas. Damit ist das Bauernhof-Rollenspiel nicht nur auf einen Aspekt fokussiert, sondern rückt alle Elemente für sich in den Mittelpunkt und vereint sie zu einer spaßigen Mischung.
Bevor wir jedoch die Welt erkunden und gegen Monster antreten, heißt es die Grundlagen als frischgebackener verantwortlicher Prinz beziehungsweise als Prinzessin zu erlernen. Das fängt bei der Arbeit auf dem Feld an. Mit einer Hacke pflügen wir die Ernte um, dann sähen wir Samen aus und gießen diese anschließend. Je nachdem was wir anpflanzen, dauert es einige In-Game-Tage, bis wir etwas ernten können. Unsere Erzeugnisse dürfen wir, genauso wie alles andere, das wir in unserem Inventar ansammeln, mit Hilfe der Lieferkiste verkaufen. Das ist wichtig, um Geld für neue Saat zu haben oder Aufträge zu erfüllen. Letztere erhalten wir von der Auftragsbox vor der Burg sowie den Bewohnern selbst. Neben Prinz- beziehungsweise Prinzessinpunkten winken verschiedenste Belohnungen und bessere Beziehungen zu den Bewohnern.
Verwalten, Freundschaft, Liebe
Wie erwähnt dürfen wir Selphia mit Hilfe unserer angesammelten Prinz- oder Prinzessinpunkten verwalten. Das bedeutet nicht, dass wir an der Stadt direkt etwas ändern dürfen. Vielmehr veranlassen wir an vorbestimmten Tagen Feste, investieren in das Sortiment der Geschäfte, vergrößern unser Zimmer, die Farm, unser Inventar oder bauen Lager, Lieferkisten oder eine Monsterscheune. Damit investieren wir unsere Punkte zum größten Teil in unsere Möglichkeiten. Ein interessanter Aspekt sind diese trotzdem. Oft reicht es nicht, lediglich über die notwendigen Punkte zu verfügen, auch Holz, Steine und Gold werden benötigt.
Feste werden genauso wie die Geburtstage der Bewohner von Selphia in unserem Kalender festgehalten. Mal stellen wir uns einem großen Angelwettbewerb, mal geht es um die beste Ernte und ein anderes Mal wird der Beginn des Sommers mit einem Tag am Strand gefeiert – Badekleidung inklusive. Eingeteilt ist das Jahr dabei in vier, den Jahreszeiten entsprechende Monate mit jeweils dreißig Tagen. Das ist vollkommen ausreichend, da wir bereits zahlreiche Stunden benötigen, um auch nur einen Monat hinter uns zu bringen. Um so schöner ist es immer wieder, etwas Neues zu entdecken oder einem besonderen Ereignis entgegenzusehen. Zufällige Stadt-Events, wie etwa eine Pyjama-Party oder sich verbreitende Gerüchte, runden das lebendige Gefühl der Stadt ab. Da wir die Bewohner Selphias immer besser kennenlernen, wachsen sie uns mit der Zeit auch immer mehr ans Herz. Freundschaftslevel tragen ihren Teil dazu bei – und natürlich wollen wir auch unsere große Liebe finden, heiraten und eine Familie gründen.
Und noch mehr
Als wäre das nicht genug, dürfen wir die Nicht-Spieler-Charaktere mit auf unsere Erkundungen der Welt und Dungeons nehmen. Allerdings lässt die künstliche Intelligenz eher zu wünschen übrig, so dass unsere Begleiter meist keine große Hilfe sind. Dafür funktioniert die Steuerung sehr gut. Die Auseinandersetzungen mit den Monstern sind zudem kurzweilig, können je nach Schwierigkeitsgrad und unserem Level sowie dem Können mit einer Waffe aber herausfordernd werden. Wie bei allem anderen, verbessern wir uns durch das Nutzen der verschiedenen Waffenarten im Umgang mit diesen. Schwingen wir besonders oft ein Schwert oder stechen mit einem Speer zu, erlernen wir neue Fähigkeiten. Das gilt auch für andere Tätigkeiten: Feldarbeit, holzfällen, angeln, sogar laufen, baden, essen und schlafen verfügen über eigene Level und verbessern sich mit der Zeit. Die höheren Level in unseren Fertigkeiten nehmen wiederum Einfluss auf unsere Charakterwerte und erhöhen unsere Attribute, Lebenspunkte oder Runenpunkte. Letztere verbrauchen wir wiederum bei fast allem wie beispielsweise Magie, Spezialangriffen, Steine abbauen, holzfällen, kochen oder schmieden. Höhere Werte sind also hilfreich.
Wie erwähnt können wir auch schmieden und kochen. Damit nicht genug dürfen wir auch Heiltränke und andere Ausrüstung selbst herstellen. Sobald wir die entsprechende Lizenz erworben haben, können wir die notwendigen Möbelstücke bei verschiedenen Bewohnern der Stadt kaufen. Neue Rezepte erlernen wir entweder durch einfaches Versuchen oder mittels Rezeptbrot, das wir beim örtlichen Koch erwerben können. Allerdings verbrauchen die verschiedenen Speisen, Waffen, Rüstungen und so weiter bei der Herstellung ebenfalls Runenpunkte. Haben wir zu wenige, scheitert unser Herstellungsversuch. Dabei spielt natürlich auch unser Level in der jeweiligen Crafting-Kategorie eine Rolle. Es heißt also: Viel kochen, schmieden und fertigen bringt uns weiter und erleichtert das Herstellen besserer Gegenstände. Diese sind als selbsthergestellte Geschenke wiederum besonders beliebt bei den Bewohnern Selphias – zumindest, wenn sie ihren Vorlieben entsprechen.
Sichtlich gealtert
Obwohl Rune Factory 4 Special im Vergleich zur 3DS-Version deutlich aufgehübscht wurde, kann das Rollenspiel sein Alter nicht vollkommen verbergen. Zu keiner Zeit weckt die Grafik einen vollkommen zeitgemäßen Eindruck. Negativ ist das aber nicht, da das Spiel über unglaublich viel Charme, einige wenige schicke Anime-Sequenzen und einen enormen Umfang verfügt. Untermalt wird das Geschehen zudem von einem wundervollen Soundtrack, der stets passt. Im Hauptmenü können wir zudem zwischen englischer und japanischer Sprachausgabe wählen. Allzu viel gesprochene Worte gibt es allerdings nicht. Lediglich besonders wichtige Dialoge haben halbwegs eine Vertonung erhalten, ansonsten folgen lediglich kurze Kommentare, die nicht immer etwas mit dem Gespräch zu tun haben. Auch hier ist das Alter von Rune Factory 4 Special deutlich festzustellen. Dem Spielspaß schadet das jedoch zu keiner Zeit. Selbst die manchmal etwas hakelige Steuerung fällt niemals beeinträchtigend auf, so dass wir viel Freude mit Rune Factory 4 Special haben und noch haben werden. Schließlich ist der Umfang enorm und bietet Spielspaß für viele Stunden.
Geschrieben von Alexander Geisler
Fazit:
Rune Factory 4 Special ist eine wunderbare Mischung aus Farming- und Action-Rollenspiel und vereint damit die Stärken von Harvest Moon mit Titeln wie Secret of Mana. Kein Wunder, dass mir die Switch-Neuauflage des ursprünglich für den Nintendo 3DS erschienenen Rollenspiels so viel Spaß bereitet. Es ist einfach unterhaltsam sich um die Felder zu kümmern, Aufträge zu erfüllen, Monster zu bekämpfen, Dungeons zu erkunden oder einfach nur Beziehungen zu den Nicht-Spieler-Charakteren zu knüpfen. Dazu gesellen sich zahlreiche Crafting-Möglichkeiten und eine interessante Geschichte. Der Umfang von Rune Factory 4 Special ist entsprechend enorm, so dass das Rollenspiel für viele Stunden vor den Fernseher fesselt. Dass die Grafik nicht ganz zeitgemäß, die künstliche Intelligenz der Begleiter ausgesprochen schwach und die Steuerung manchmal etwas hakelig sind, fällt mir nicht wirklich negativ auf. Dafür stimmt das Gesamtpaket zu sehr. Rollen-, Harvest-Moon- und Stardew-Valley-Spieler sollten sich Rune Factory 4 Special unbedingt ansehen. Fans der Reihe greifen sowieso zu – und sei es nur als Überbrückung bis der fünfte Serienteil erscheint.