25 Jahre Tales of: Ein Überblick – SPECIAL
Am 15. Dezember feierte Bandai Namcos Tales-of-Reihe das fünfundzwanzigjährige Jubiläum. Das Licht der Welt erblickte das drittgrößte japanische Rollenspielfranchise 1995 mit dem ersten Teil Tales of Phantasia. Seit damals sind achtzehn Hauptteile und zahlreiche Ableger erschienen.
Ähnlich wie bei den anderen beiden großen aus Japan stammenden Rollenspielreihen Final Fantasy und Dragon Quest, sprich JRPGs, stehen die meisten Tales-of-Spiele für sich und haben keine Verbindungen zu den anderen Teilen der Reihe. Lediglich einige Titel wie Tales of Destiny mit Tales of Destiny 2 oder Tales of Xillia mit Tales of Xillia 2 haben direkte Fortsetzungen erhalten. Andere Tales-of-Spiele sind in einer gemeinsamen Welt oder Zeitlinie angesiedelt. Das trifft beispielsweise auf Tales of Symphonia und Tales of Phantasia oder Tales of Zestiria und Tales of Beseria zu.
Eigenständig mit Gemeinsamkeiten
Obwohl die Spiele bei Welt, Geschichte und Charakteren eigene Wege gehen, sind sie durch Gameplay-Grundlagen und den im Ton wechselhaften, aber stehts vorhandenen Anime-Artstil inklusive aufwendiger Anime-Zwischensequenzen von namenhaften Studios wie Ufotable oder Production I.G. miteinander verbunden. So wird in jedem Tales-of-Spiel im sogenannten „Linear Motion Battle System“ gekämpft. Dabei wechselt das Geschehen bei Feindkontakt in eine Arena, in der wir uns auf einer Linie frei bewegen können, Angriffe ausführen und Spezialaktionen loslassen. Gerade diese Action-Ausrichtung setzt die Tales-of-Reihe von den Ursprüngen anderer JRPG-Reihen ab.
Ein weiterer roter Faden, der sich durch die Reihe zieht, ist das High-Fantasy-Setting, das fast immer mit moderner Technologie und Science-Fiction-Elementen bereichert wird. Zudem behandeln die Geschichten immer ernste Themen zu denen oft die Koexistenz verschiedener Kulturen, Staaten oder Völker sowie Rassismus zählen. Nicht selten lassen sich die Entwickler dabei von realen Ereignissen beeinflussen. Zugleich verarbeiten die Tales-of-Spiele immer charakterbezogene Themen und Ereignisse, bei denen es sich etwa um Gerechtigkeit und Vertrauen dreht. Allgemein stehen die Figuren oft im Mittelpunkt und es ist ihre Entwicklung, ihr Wachstum an den Ereignissen, denen sie sich stellen müssen, die viel zur Story beitragen oder diese zeitweise sogar gänzlich ausmachen. Dadurch erhalten die Tales-of-Spiele oft einen Coming-of-Age-Einschlag, der gut zu den meist jugendlichen bis jungerwachsenen Charakteren passt.
Die Anfänge
Hinter dem ersten Teil, Tales of Phantasia, der am 15. Dezember 1995 in Japan für das Super Famicom erschienen ist, stand damals das Entwicklerstudio Wolfteam. Das geplante japanische Rollenspiel basiert auf der unveröffentlichten Novel Phantasia (jap. Teiru Fantajia) von Yoshiharu Gotanda, der bei Tales of Phantasia die Positionen des Scenario Writers und Lead Programmers einnahm. Allerdings wurden im Laufe der Entwicklung Teile der Novel verändert oder verworfen. Bevor Wolfteam mit dem Projekt an Namco herantrat, stellten sie es Enix vor. Die Dragon-Quest-Macher lehnen Phantasia allerdings ab. Vollkommen zufriedenstellend soll die Entwicklung aus Sicht von Wolfteam nicht verlaufen sein. Yoshiharu Gotanda und andere Entwickler verließen nach der Fertigstellung von Tales of Phantasia das Studio und gründeten Tri-Ace, das später mit der Star-Ocean-Reihe eine weitere große JRPG-Reihe begründete.
Das Entwicklerstudio zeichnete sich im Anschluss für die weiteren Tales-of-Spiele Tales of Destiny, Tales of Eternia und Tales of Destiny 2 (zusammen mit Telenet Japan) verantwortlich. Im Jahr 2003 wurde Wolfteam von Namco übernommen und in Namco Tales Studio umbenannt. Als erster Teil unter neuem Namen erschien im selben Jahr das bei Fans beliebte Tales of Symphonia, das schließlich auch als erster Teil der Reihe in Europa erschien. In Nordamerika fand die Reihe bereits mit dem zweiten Teil Tales of Destiny ihren Anfang.
Langer Weg nach Europa
Europäische Fans japanischer Rollenspiele mussten sich lange gedulden, bis erstmals ein Tales-of-Spiel in Europa veröffentlicht wurde. Fast neun Jahre nach Tales of Phantasia und über ein Jahr nach der japanischen Erstveröffentlichung erschien Tales of Symphonia am 19. November 2004 für den GameCube unter anderem in Deutschland. Die in Japan am 22. September 2004 und damit über ein Jahr nach der Erstveröffentlichung am 29. August 2003 erschienene PlayStation-2-Version des Rollenspiels hat es im Original nie in den Westen geschafft. Tales of Symphonia begründete den Erfolg der Reihe in Europa. Die Serie konnte dank der epischen und spannenden Geschichte von Lloyd und Colette zahlreiche neue Fans gewinnen. Aufgrund der Größe des Spiels musste Tales of Symphonia seinerzeit auf zwei GameCube-Discs ausgeliefert werden.
Der Erfolg von Tales of Symphonia und das geweckte Interesse an der Reihe führte schließlich dazu, dass Namco auch ältere Teile in den Westen brachte. So erschien am 10. Februar 2006 eine Neuauflage von Tales of Eternia für die PlayStation Portable der nur knapp einen Monat später eine Game-Boy-Advance-Umsetzung von Tales of Phantasia folgte. Dafür wurden die nach Tales of Symphonia erschienen Teile übersprungen und sind zum Teil bis heute nicht in Europa erhältlich. Dazu zählen etwa Tales of Rebirth, Tales of Legendia oder Tales of the Innocence. Erst mit dem Xbox-360-exklusiven Tales of Vesperia, dem elften Serienteil, gelangte eine neue Episode einige Zeit nach ihrer japanischen Veröffentlichung auch in den europäischen Handel. Seitdem sind zumindest alle Tales-of-Hauptspiele, wenn auch mit teils monate- oder sogar jahrelanger Verspätung, auch im Westen veröffentlicht worden. Zuletzt erschien das für PlayStation 4 und PC entwickelte Tales of Beseria, das am 27. Januar 2017 auf Tales of Zestiria und die beiden zuvor erschienenen Xillia-Teile folgte. Tales of Hearts R und Tales of Graces f sind 2014 beziehungsweise 2012 sogar direkt in ihren überarbeiteten oder erweiterten Versionen in Europa veröffentlicht worden. Dabei stehen die Namenszusätze für das, was geboten wird. Tales-of-Spiele mit einem „R“ stehen für Remakes oder Reimagination also Neuauflagen während „f“ für Future steht und Bonus-Story-Inhalte kennzeichnet.
Zahlreiche „Ableger“ und Crossover
Abseits der Hauptreihe, die jedes große Tales-of-Spiel umfasst, sind im Laufe der Jahre auch zahlreiche Ableger und Crossover-Titel erschienen. Wurden ursprünglich auch manche direkte Fortsetzung wie Tales of Symphonia: Dawn of the New World zu den Ablegern gezählt, gehören solche Spiele seit 2020 ebenfalls zur Hauptreihe. Stattdessen zeichnen Ableger nun Gameplay-Abweichungen oder andere spezielle Eigenschaften aus. Crossover hingegen greifen auf Charaktere und Welten unterschiedlicher Tales-of-Spiele zurück.
Einen ersten Ausflug abseits der Hauptreihe verzeichnet die Tales-of-Reihe bereits mit dem im November 2000 erschienenen Game-Boy-Spiel Tales of Phantasia: Narikiri Dungeon, das im Laufe der Jahre einige Nachfolger erhalten hat und teilweise sogar zur Hauptreihe gezählt wird. Hier zeigt sich, dass die Einstufung nicht immer eindeutig ist. Während das Game-Boy-Original eine seltene Ausnahme darstellt und auf eine rundenbasierte Variante des bekannten Kampfsystems setzt, kehrte die Neuauflage Tales of Phantasia: Nakiri Dungeon X 2010 auf der PlayStation Portable zur linearen Konfrontation zurück. Weitere Abelger sind neben den Handheld-Systemen von Nintendo und Sony besonders für Mobile-Geräte erschienen. Dazu zählen etwa Tales of Breaker oder Tales of Wahrheit.
Crossover hingegen haben ihren Anfang in Tales of Fandom Vol. 1, das 2002 für die PlayStation erschienen ist. Auch hier sind im Anschluss weitere Teile wie Tales of Fandom Vol. 2 oder die Tales-of-the-World:-Narikiri-Dungeon-Spiele sowie die Tales-of-the-World:-Radiant-Mythology-Teile erschienen. Neben Game Boy Advance und PlayStation Portable wurden diese Titel vor allem auf mobilen Plattformen veröffentlicht. Ausnahmen sind etwa das 2012 für den PC erschienene Tales of the World: Dice Adventure oder das 2014 für den Nintendo 3DS veröffentlichte Tales of the World. Mit Tales of the Rays aus dem Jahr 2017 und dem aktuellen Tales of Crestoria, das 2020 erschienen ist, haben es die beiden letzten Mobile-Ableger der Tales-of-Reihe sogar nach Europa geschafft. Dabei erzählt Tales of Crestoria sogar eine eigene Geschichte mit neuen Helden und verknüpft diese mit bekannten Charakteren aus allen Spielen der JRPG-Reihe.
Abseits der Spiele
Zeichnen bereits die Tales-of-Spiele aufwendige Anime-Intros und -Zwischensequenzen aus, ist es wenig überraschend, dass die Reihe auch entsprechende Umsetzungen spendiert bekommen hat. Bereits im Januar 2001 startete die erste Anime-Serie Tales of Eternia: The Animation basierend auf Namcos JRPG-Reihe. Es folgten unter anderem eine Original-Video-Animation-Umsetzung von Tales of Phantasia im Jahr 2004 und 2007 eine in mehrere Handlungsbögen aufgeteilte Original-Video-Animation-Reihe zu Tales of Symphonia. Ebenfalls umgesetzt wurden Tales of the Abyss als Anime im Fernsehen, der Film Tales of Vesperia: The First Strike und Tales of Zestiria. Abseits der Filme, Fernsehserien und Original Video Animations bekamen einige Ableger und Crossover-Titel kurze Anime-Umsetzungen spendiert, die vor allem dem Werbezweck dienten. So beispielsweise das 15 Minuten lange Tales of Crestoria: The Wake of Sin, das auf dem ersten Kapitel des Mobile-Spiels basiert. In Deutschland sind bisher Tales of Symphonia: The Animation und Tales of Zestiria the X sowie Tales of Zestiria: Dawn of the Shepherd bei KSM Anime und Tales of Vesperia: The First Strike bei Animaze auf DVD und Blu-ray Disc sowie digital erschienen.
Multimedia-Auswertungen von bekannten Videospielreihen sind in Japan keine Seltenheit. So überrascht es nicht, dass die Tales-of-Spiele auch abseits der Anime-Branche entsprechende Aufmerksamkeit erhalten hat. Seit 1997 sind über sechzig Manga-Reihen basierend auf der JRPG-Reihe gestartet. Darunter neben direkten Umsetzungen der Spiele auch Nebengeschichten, Cross-overs oder Comedy-Ableger. Selbst das Yonkoma-Format, auch als 4-koma-Prinzip bekannt, bei dem in vier Bildern beziehungsweise Panels eine kurze Story mit Pointe erzählt wird, erfreut sich bei den Tales-of-Manga großer Beliebtheit. In Deutschland ist davon nur wenig veröffentlicht worden. Tokyopop hat unter anderem Tales of Xillia: Side;Milla, Tales of Symphonia und Tales of Zestiria als Manga in den Handel gebracht. Die Umsetzungen zu Tales of Phantasia und Tales of Vesperia wurden entweder abgebrochen oder trotz Lizenzierung nicht veröffentlicht. Auch neuere Manga-Reihen haben bisher nicht die Aufmerksamkeit der deutschen Verlage erringen können.
Anime und Manga sind aber nicht die einzigen Bereiche, in die Namco mit der Tales-of-Reihe abseits der Spiele vordringen konnte. So sind ebenfalls einige Hörspiele zu den JRPGs in den Handel gekommen. Keine Seltenheit bei erfolgreichen und beliebten Games, auch wenn es im Westen ein wenig befremdlich klingen könnte. Aufgrund der hohen Sprachbarriere ist eine Veröffentlichung der Hörspiele außerhalb Japans eher unwahrscheinlich und selbst ein Import dürfte für viele interessierte Fans ohne Japanischkenntnisse wenig Sinn ergeben.
Die Zukunft
Abgesehen vom Mobile-Spiel Tales of Crestoria ist der zuletzt erschienene Teil die Neuauflage Tales of Vesperia: Definitive Edition, die am 11. Januar 2019 weltweit für Nintendo Switch, PlayStation 4, Xbox One und PC erschienen ist. Bereits auf der E3 2019 kündigte Bandai Namco Tales of Arise an. Das japanische Rollenspiel und zugleich neunzehnte Teil der Reihe sollte ursprünglich im Jubiläums-Jahr 2020 für PlayStation 4, Xbox One und PC erscheinen, musste aber auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Im Gegensatz zu früheren Teilen nutzt Tales of Arise keine hauseigene Grafikengine, sondern setzt auf die Unreal Engine 4. Auch beim Gameplay soll die bekannte Tales-of-Formel überarbeitet werden. Was genau das für Tales of Arise bedeutet, dessen Entwicklung laut Produzent Yusuke Tomizawa bereits vor der Ankündigung von Tales of Vesperia: Definitive Edition begonnen hat, ist noch nicht bekannt. Ob Bandai Namco abseits von Tales of Arise weitere Spiele der Reihe, etwa Neuauflagen oder Portierungen beispielsweise für Nintendos Switch plant, ist derzeit nicht bekannt.
Wenn ihr euch für die Tales-of-Reihe interessiert, möchten wir euch an dieser Stelle die Videoreihe zu Tales of 25th Anniversary auf dem YouTube-Kanal von Bandai Namco Entertainment Europe empfehlen. Mit einem kurzen Video wird dort täglich ein Teil des JRPG-Franchises vorgestellt.