Sunlight Scream – TEST
Eine verschlafene Kleinstadt wird Schauplatz mysteriöser Ereignisse und grausamer Morde. Allerdings leidet die Mystery-Thriller-Geschichte der Visual Novel Sunlight Scream von Faithy Games unter einigen Schwächen.
Nach dem Unfalltod seiner Mutter kehrt der Student Max Hardy von Los Angeles nach Sunlight City zurück. Dort lebt sein Bruder Chris und bietet ihm nicht nur eine Wohnung, sondern auch die Finanzierung eines Studienplatzes an der örtlichen Universität an. Seit der Trennung ihrer Eltern acht Jahre zuvor haben sich Max und Chris nicht mehr gesehen. Dennoch ist Chris mehr als bereit, Max zu unterstützen. Kurz nach seiner Ankunft erfährt Max außerdem, dass auch sein Vater vor kurzem bei einem Überfall getötet wurde. Mit diesem Hintergrund beginnen wir als Max unseren neuen Alltag in Sunlight City. An der Universität finden wir bald neue Freunde, lernen Mobber kennen und erhalten schon bald verstörende Anrufe mit Morddrohungen. Eine gute Grundlage für eine spannende Mystery-Thriller-Geschichte, zumal wir regelmäßig Entscheidungen mit unterschiedlicher Gewichtung treffen.
Holpriger Mystery-Thriller
Allerdings stellt sich in den etwa sieben Stunden, die wir für einen Durchgang von Sunlight Scream benötigen, heraus, dass die Geschichte unter deutlichen Schwächen leidet. Dabei ist der zähe und sich schleppende Einstieg sogar noch verzeihbar. Erst nach zwei Stunden zieht die Geschichte wirklich an. Zuvor werden die wichtigsten Akteure ausführlich vorgestellt. Hier versucht die Visual Novel auch eine Bindung zu den Charakteren aufzubauen, damit wir später leichter mit ihnen mitfiebern. Das ist besonders deshalb wichtig, weil wir uns als Max auch entscheiden, wem wir vertrauen und wem nicht. Damit beeinflussen wir die Beziehungen von Max und den Verlauf der Geschichte. Einige Entscheidungen haben gar Auswirkungen darauf, wer stirbt oder überlebt. Daraus ergeben sich unterschiedliche Enden, was den Wiederspielwert wie bei anderen Visual Novels theoretisch erhöht.
Die grundlegende Geschichte ist auch spannend genug, um dazu zu motiveren, zumindest wenn die Handlung nicht unter Logiklücken, unsinnigem Verhalten der Charaktere und einem viel zu gehetzten Finale leiden würde. Könnten wir einige dieser Schwächen noch verzeihen, schaden sie gemeinsam dem Unterhaltungswert und der Spannung von Sunlight Scream spürbar, zumal es uns schon früh schwerfällt, uns in Max hineinzuversetzen. Während die anderen Charaktere zwar weitgehend bekannte Stereotypen erfüllen, aber dennoch irgendwie interessant sind, bleibt Max trotz seiner tragischen Vergangenheit etwas zu blass. Das ist natürlich auch der Freiheit geschuldet, uns Entscheidungen zu ermöglichen. Es schadet aber trotzdem der vorgegebenen Persönlichkeit.
Spannungsschadende Schwächen
Zudem fallen in der englische Übesetzung der im Original russischen Visual Novel einige Fehler auf. Sind das anfangs noch Kleinigkeiten wie Rechtschreibfehler oder falsche Artikel, häufen sich die Probleme bei den Texten im weiteren Verlauf deutlich. Einige Sätze sind grammatikalisch sogar so falsch, dass ihr Sinn selbst im Zusammenhang kaum erschlossen werden kann. Zusätzlich sind einige Übersetzungen seltsam und selten fehlen diese sogar komplett. Meistens sind die englischen Texte zwar vollkommen in Ordnung, doch die Mängel trüben den Spielspaß trotzdem spürbar.
Außerdem leidet Sunlight Scream unter einer wechselhaften optischen Qualität. Die gezeichnete Comic-Anime-Grafik weiß zwar bei den Charaktermodellen und Hintergründen durchaus zu gefallen, wirklich aufwendig sind die Szenen aber selten. Oft wird sogar auf einen Hintergrundwechsel verzichtet und statt der Bibliothek wird beispielsweise weiterhin der Gang der Universität gezeigt, während lediglich die Texte erläutern, was passiert. Das ist zwar akzeptabel, wirkt sich aber negativ auf die Atmosphäre aus. Dem stehen einige wirklich stimmungsvolle und schöne Event-Szenen gegenüber. Auf eine Sprachausgabe wurde verzichtet und die Musik ist unspektakulär. Komplett misslungen ist Sunlight Scream trotz all der Mängel aber nicht. Sobald wir uns mit den Schwächen arrangiert haben, erleben wir immerhin eine grundlegend spannende und wendungsreiche Mystery-Thriller-Geschichte. Es gibt aber zahlreiche deutlich bessere Visual Novels auf der Nintendo Switch.
Geschrieben von Alexander Geisler
Fazit:
Sicher, bereits die Screenshots haben angedeutet, dass Sunlight Scream eine Indie-Visual-Novel mit niedrigem Budget ist. Trotzdem hat der ordentliche Zeichenstil und vor allem die Mystery-Thriller-Geschichte mein Interesse geweckt. Anfangs hat mich Sunlight Scream dann auch durchaus unterhalten – und das obwohl die Handlung gut zwei Stunden braucht, um wirklich spannend zu werden. Leider erlaubt sich die Visual Novel bis dahin bereits ein paar kleinere, noch verzeihbare Schwächen. Diese häufen sich mit der Zeit aber sowohl bei der Geschichte als auch den Charakteren und vor allem der Übersetzung, sodass ich Sunlight Scream trotz ordentlicher Grundlagen, mehrerer Enden und spürbarer Entscheidungen nur bedingt empfehlen kann.