Thimbleweed Park – TEST

Willkommen in Thimbleweed Park! Das kleine, verschlafene Städtchen irgendwo in den USA hat seine besten Zeiten bereits hinter sich. Hier trefft ihr auf allerlei skurrile Gestalten wie den Sheriff und den Pathologen oder die Pigeon Brothers, in Taubenkostümen arbeitenden Klempnerschwestern. Doch etwas erschüttert die Ruhe in Thimbleweed Park: ein Mord! Just erscheinen die beiden Bundesagenten Ray und Reyes, um zu ermitteln. Allerdings birgt Thimbleweed Park noch weitere Geheimnisse, denen wir in den rund zehn Stunden Spielzeit mit insgesamt fünf Charakteren, zwischen denen wir (fast) immer frei wechseln dürfen, in klassischer Point-&-Click-Manier nachgehen. Dabei erleben wir eine lustige und spannende Mystery-Geschichte, die lediglich zum Ende hin nicht jeden zufriedenstellen könnte und wenig Wiederspielwert bietet.


Klassisches Adventure

Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass Thimbleweed Park sich der Nostalgie und den Genre-Größen der 1980er-Jahre verschrieben hat. Pixelige Retro-Grafik und Wort-Befehl-bezogenes Spielprinzip. Das heißt wir erkunden die Umgebungen in schicker 2D-Optik und wählen die im unteren Bildschirm gemeinsam mit unserem Inventar angezeigten Befehle wie „Öffne“, „Drücke“ oder „Rede“, um mit der Umgebung und den Personen, die wir treffen, zu interagieren. Auf diese Weise lösen wir im Laufe des Spiels zahlreiche, je nach Schwierigkeitsgrad teilweise angenehm knackige Rätsel, für die wir zum Teil bestimmte Gegenstände oder sogar Charaktere benötigen. Das funktioniert auf der Switch dank einer flüssigen und intuitiven Steuerung exzellent und spielt sich noch genauso gut wie den 80er- und 90er-Jahren, als Hits wie Maniac Mansion, Zak McKracken oder Monkey Island aktuell waren. Passend und wenig überraschend, dass hinter Thimbleweed Park mit Ron Gilbert und Gary Winnick als leitende Entwickler zwei Personen stehen, die bereits an den erwähnten LucasArts-Klassikern mitgewirkt haben.

Über Kickstarter finanziert beweist Thimbleweed Park, wie gut klassische Point-&-Click-Adventure auch heutzutage noch funktionieren. Natürlich haben es auch ein paar Neuerungen ins Spiel geschafft. So gibt es nicht nur ein Hilfe-System – das jedoch nur via In-Game-Hotline an einem Telefon zur Verfügung steht – sondern auch kontextsensitive Befehle. Das erleichtert etwa das Öffnen von Türen oder Ansprechen von Personen, da nicht jedes Mal erst die entsprechende Anweisung ausgewählt werden muss. Dadurch fühlt sich Thimbleweed Park angenehm modern an, ohne dem Retro-Charme und der Nostalgie zu schaden. Sicherlich wären manche Komfortfunktionen wie eine Hotspot-Anzeige noch schön gewesen, aber dafür können wir mittels Schultertasten zwischen den in der Nähe befindlichen Hotspots hin und her wechseln. Das ist vielleicht an einer Konsole wie der Switch sinnvoller, gerade im sehr gut funktionierenden Handheld-Modus, bei dem das Bild kleiner und damit die Auswahl der einzelnen Punkte etwas schwieriger ausfällt.

Die Achtziger

Passend zur Anlehnung an die großen Adventure der 80er-Jahre ist Thimbleweed Park auch genau dort angesiedelt. Das Adventure spielt im Jahr 1987, was an zahlreichen kleinen Details zu erkennen ist. Dadurch wird eine hervorragende Atmosphäre erzeugt, die den sowieso bereits großen Nostalgie-Faktor um eine Spur erhöht. Zu verdanken ist das den zahlreichen Anspielungen auf Genre-Klassiker (hat hier jemand Maniac Mansion gesagt?) und die Popkultur. Dazu gesellt sich der schön sarkastische, selbstironische Humor, der sicherlich nicht jedermanns Sache ist, aber perfekt zum Spiel passt und dafür sorgt, dass sich dieses nicht zu ernst nimmt. So scheuen die Entwickler etwa nicht davor zurück, die Spieleindustrie selbst und Text-Adventures im Speziellen auf die Schippe zu nehmen. Herrlich!

Abgerundet wird Thimbleweed Park von der erstklassigen Präsentation. Die Grafik ist – wie bereits erwähnt – in hervorragendem Retro-Look, der bei Genre-Kennern sofort nostalgische Gefühle weckt, gehalten und sorgt dafür, dass die skurrilen Figuren und zahlreichen Schauplätze schön umgesetzt sind. Untermalt ist das alles von einem gelungenen Soundtrack, während die englischen Sprecher für eine gute Vertonung sorgen. Lediglich manche Stimme kann unter Umständen nerven, doch das ist Ansichtssache und wiegt nicht sonderlich schwer. Glücklicherweise ist auch die Switch-Portierung ohne große Schnitzer gelungen. Das Spiel läuft sowohl am Fernseher als auch im Handheld-Modus flüssig und wird in keinerlei Weise von irgendwelchen System-bezogenen Einschränkungen beeinträchtigt. So muss eine Umsetzung aussehen.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

 

Als Kind der 80er und 90er und alter Adventure-Fan habe ich Spiele wie Maniac Mansion, Monkey Island oder die Indiana-Jones-LucasArts-Spiele früher rauf und runter gespielt. Natürlich habe ich mich deshalb bereits bei der Ankündigung von Timbleweed Park auf das Spiel gefreut und es trotzdem bis zur Switch-Veröffentlichung nicht gespielt. Enttäuscht wurde ich von dem Werk von Ron Gilbert und Gary Winnick nicht. Das klassische Spielprinzip funktioniert auch dank der guten Portierung hervorragend und weckt gemeinsam mit den zahlreichen Eastereggs Nostalgie, ist aber auch für jüngere Spieler geeignet, die die Klassischer nicht kennen. Dafür sorgen die Komfortfunktionen. Anfänger haben zudem die Möglichkeit, einen vereinfachten Modus zu wählen. Der normale Schwierigkeitsgrad bietet hingegen zahlreiche Kopfnüsse, die mitunter das Um-die-Ecke-Denken erfordern und auch belohnen. Gemeinsam mit der Atmosphäre und der Geschichte entsteht daraus ein angenehmer Flow, der die gesamte Spielzeit über Spielspaß garantiert. Für Genre-Fans gilt deshalb trotz des geringen Wiederspielwertes eine klare Kaufempfehlung.