
Tamagotchi Plaza – TEST
Putzige Kreaturen, eine farbenfrohe Welt und Minispiele scheinen in Tamagotchi Plaza auf den ersten Blick seichten Spielspaß zu versprechen. Allerdings kann die Minispielsammlung von Bandai Namco nicht einmal die minimalistischen Erwartungen erfüllen, die wir hatten.
Falls ihr euch zufällig noch an die drolligen Wesen erinnert, die ihr auf einem tragbaren Gerät mit euch herumgeschleppt und in regelmäßigen Abständen gefüttert oder gesäubert habt, dann dürftet ihr schon ein paar Jahre mehr auf dem Buckel haben. 1996 erfand der Japaner Akihiro Yokoi mit den Tamagotchi ein zumindest damals geniales Konzept, das die Welt ein wenig aus den Fugen gerissen haben dürfte. Auch in Europa machten sich die Tamagotchi auf den Siegeszug. Bis heute ist die Marke weltbekannt, auch wenn der Hype zumindest in Europa längst erloschen ist.
Trotzdem nahmen die Tamagotchi vor allem in Japan verschiedene Züge an. Unter anderem eroberten sie auch traditionelle Videospielkonsolen. So erschienen zwischen 2005 und 2017 für den Nintendo DS und den Nintendo 3DS gleich acht Episoden der Tamagotchi-Connection-Corner-Shop-Reihe. Während Europa davon lediglich den ersten Serienteil gesehen hat, kamen die Fans in Nordamerika immerhin noch in den „Genuss“ der zweiten und dritten Episode. Schon damals erhielten die Spiele durchschnittliche Kritiken – und die Rückkehr mit Tamagotchi Plaza für die Switch und die Switch 2 in Gefilde außerhalb Japans zeigt sehr gut, dass die Entwickler echt nichts gelernt haben. Ein langweiligeres Spiel als Tamagotchi Plaza ist uns schon seit Längerem nicht mehr unter die Augen gekommen!
Eine Stadt im Aufschwung
Zu Beginn des Spiels legen wir Namen und Geburtsdatum fest. Anschließend entscheiden wir uns für eines der Tamagotchi genannten Wesen, der als unsere Vertretung respektive als unser Avatar auftritt. Mit Mametchi, Memetchi, Mimitchi und Co ist es unsere Aufgabe, die Läden des idyllischen Städtchen Tamahiko auf dem Planeten Tamagotchi zu neuem Glanz zu verhelfen. Erst dann können in Tamahiko die Korken knallen und ein großes Fest steigen. So bewegen wir uns über die titelgebende Plaza und betreten die einzelnen Läden wie einen Zahnarzt, eine Boutique oder ein Schwimmbad mit Cocktail-Bar. Haben wir einen Laden aufgesucht, absolvieren wir ein Minispiel. Beim Zahnarzt müssen wir beispielsweise verdreckte Zähne reinigen oder den Bohrer anlegen – die junge Zielgruppe dürfte beim Ertönen des Bohrgeräusches richtig in Freudentränen ausbrechen!
Je nachdem wie gut wir uns angestellt haben, erhalten wir Geld. Dieses investieren wir wiederum in die Läden, wodurch wir uns allerdings nur weitere Arbeitsbeschäftigungsmaßnahmen aufhalsen. Wir erweitern also lediglich die Optionsmöglichkeiten der ohnehin schon viel zu drögen Minispiele. Diese ziehen sich zudem wie Kaugummi und sind unfassbar repetitiv. Sobald wir ein Minispiel auch nur einmal gespielt haben, verlassen wir den Laden auf Knopfdruck lieber schnell durch den Notausgang.
Altbackenes und langweiliges Gameplay
Ebenso problematisch ist die Tatsache, dass die Minispiele nicht wirklich erklärt werden. Es gibt keinerlei Hilfstexte oder Beschreibungen. Während manche Minispiele wie der Battle-Rap durchaus logisch erscheinen, da hier nur die angezeigten Knöpfe im richtigen Moment gedrückt werden müssen, fällt dies bei anderen Minispielen wie dem Zahnarztbesuch etwas kniffliger aus. Hier müssen wir die Symbolik direkt richtig verstehen. Nebenher können wir uns auf der Plaza frei bewegen und ein paar Nebenaufgaben erfüllen, die aber in Form von Botengängen viel zu simpel sind.
Auch die Dialoge sind derart einfach und ohne Tiefgang eines Animal Crossing geschrieben, sodass wir auch keine Motivation haben, die aberdutzenden Charaktere kennenlernen zu wollen. Tamagotchi Plaza dürfte daher selbst jüngere Spieler wahnsinnig ermüden. Da hilft es auch nicht, dass die Version für die Nintendo Switch 2 über drei weitere Läden inklusive Minispiele verfügt, die zudem zwangsweise mit den Joy-Cons gespielt werden müssen. Während die Musik den Umständen entsprechend gerade noch in Ordnung geht, enttäuscht der Titel zu guter Letzt auch grafisch. Er wirkt, abgesehen von der höheren Auflösung und etwaiger Kantenglättung, schlicht wie ein Spiel, das selbst die Wii aus dem Jahr 2006 noch stemmen könnte. Tamagotchi Plaza braucht daher nun wirklich niemand.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Als Kind habe ich in den späten 1990er-Jahren natürlich das eine oder andere Tamagotchi verschlissen. Vor allem Nintendos Klon Pokémon Pikachu Color habe ich dank der Kompatibilität zu den Game-Boy-Color-Spielen der Reihe sogar zu Beginn der 2000er-Jahre häufig mit mir herumgetragen. Tamagotchi Plaza hat mit dem ursprünglichen wie minimalistischen Konzept aber überhaupt nichts zu tun. Stattdessen muss ich mich hier in langweiligen, drögen und repetitiven Minispielen zurechtfinden, Geld verdienen und dann noch mehr langweilige, dröge und repetitive Minispiele absolvieren. Hinzu kommen ein paar Nebenaufgaben, die aber ebenfalls keinen Spaß machen. Auch die Dialoge zwischen den drolligen Tamagotchi sind ermüdend. Es findet einfach keine Charakterisierung statt. Zu guter Letzt sieht das Spiel aus, als könnte es selbst die Wii noch unterfordern. Aus der einst großen Marke hätte so viel gezaubert werden können. Was die Entwickler den lieben Tag lang gemacht haben oder warum spätestens die Qualitätskontrolle von Bandai Namco nicht Alarm geschlagen hat, bleibt mir ein großes Rätsel. Vermutlich wollten diese sich aber auch schlicht und einfach nicht mehr mit Tamagotchi Plaza beschäftigen. Ich kann es bedauerlicherweise nur allzu gut verstehen!