Redaktionsdiskussion: Länge von Spielen: Besser kürzer oder länger? – SPECIAL
Kurze Häppchen oder ausufernde Epen – was ist für uns besser bei Spielen? Zwischen kurzen Runden in der Pause und monatelangen abendfüllenden Sitzungen diskutieren wir: Wie viel Zeit braucht ein gutes Erlebnis wirklich? Dabei ist weniger die Stundenzahl im Mittelpunkt, sondern eher welche Momente bei uns hängen bleiben: Was funktioniert bei uns warum?
Kurze gute Spiele sind häufig wie ein Blitz in der Flasche: schwierig zu fangen und sehr selten. A Short Hike. Hier helfen eine klare Idee, sauberes Tempo, und ein Ende mit Knall. Wenn wir wenig Zeit haben, finden wir hier konzentrierte Intensität und Überraschungen ohne Umschweife. Gleichzeitig macht Kürze allein nichts besser; manche Konzepte würden mit ein wenig mehr Luft sogar gewinnen.
Lange Spiele dagegen können Figuren, Systeme und Welten Schritt für Schritt entfalten. Xenoblade Chronicles. Unsere Bindung wächst, weil Entscheidungen zurückkehren und Konsequenzen tragen. Doch Länge garantiert allein auch nichts. Ohne Fokus droht Ödnis. Genau da setzt unsere Diskussion an: Wo kippt Fülle in Füllerei – und wo schenkt sie Tiefe, die nur Zeit hervorbringen kann? Und was meint ihr dazu?
Arnes Meinung:
Meine stärksten Spielerlebnisse verdanke ich langen, abgeschlossenen, ausschweifenden Rollenspielen. Sie ziehen ihre Dramaturgie durch und enden mit einem gewaltigen Finale. Cyberpunk 2077, The Witcher 3: Wild Hunt, Red Dead Redemption und Star Wars: Knights of the Old Republic beispielsweise. Sie haben mich nicht wegen ihrer Stunden gefesselt, sondern weil sie konsequent unsere Reise zu Ende erzählen. Und das mit wachsenden Figuren, lebendigen Welten, und Entscheidungen, die uns auf die Probe stellen. Ich weiß auch kurze, pointierte Spiele zu schätzen, wenn sie frei von Füllmaterial sind und in sich geschlossen bleiben. Deadeus etwa. Was mich deutlich weniger anspricht, sind Dauerspiele ohne echtes Finale. Wenn Fortschritt endlos kreist, Belohnungen ohne Abschluss verflachen und das Ziel im Nebel bleibt, fehlt mir das Gefühl der Vollendung. Am liebsten entscheide ich mich deshalb nicht für lang oder kurz, sondern für gut: Ein Spiel soll mich fordern, mich fördern und mich anschließend wieder gehen lassen. Ein Punkt noch: Wenn ich mit Spielen 120 Stunden verbringe, denke ich noch Jahre später daran, Spiele mit 5 Stunden hingegen vergesse ich schneller.
Alex’ Meinung:
Bezüglich der Länge von Spielen bin ich ein wenig zwiegespalten. Vor einigen Jahren hätte ich wahrscheinlich noch stärker zu längeren Spielen tendiert, weil diese viel Spielzeit und einen großen Umfang versprechen. Mittlerweile hängt es bei mir noch stärker vom Spiel selbst ab – und sogar Titel, die ich sehr gerne spiele, können mich aufgrund ihrer Länge nicht immer bis zum Ende motivieren. Deshalb habe ich schon einige umfangreiche Spiele wie The Elder Scrolls: Skyrim, The Legend of Zelda: Breath of the Wild oder Assassin’s Creed: Odyssey über Monate, wenn nicht sogar Jahre hinweg gespielt, bis ich das Ende erreicht habe. Deshalb bevorzuge ich bei vielen Spielen eine überschaubare Spielzeit, die im Einklang zu Geschichte und Gameplay steht. Nicht jedes Spiel funktioniert für hunderte Stunden und manchmal ist kürzer einfach besser. Genauso wie ich es genießen viel Zeit in einer großen Spielwelt mit einer spannenden Geschichte zu verbringen, habe ich viel Spaß daran, ein Spiel in wenigen Stunden zu beenden. Es hängt also stark vom jeweiligen Spiel ab, auch wenn ich mittlerweile stärker zu einer überschaubaren Spielzeit irgendwo zwischen fünfzehn und dreißig Stunden tendiere, ohne längere oder kürzere Spiele grundsätzlich abzulehnen.
Sörens Meinung:
Ich finde es schwer, diese Frage pauschal zu beantworten, da es meiner Meinung nach auf Spiel und Genre ankommt, ob mir eine kürzere oder längere Spieldauer anspricht. Tendenziell spiele ich gerne Rollen- oder Strategiespiele, die schon eine gewisse Spieldauer haben sollten. Es kommt dabei auf ein motivierendes Gameplay oder zumindest eine fesselnde Geschichte an. Das von Alex bereits erwähnte The Legend of Zelda: Breath of the Wild ist für mich da ein gutes Beispiel: Lange Zeit hatte ich Probleme mit dem Gameplay und der Großteil der Geschichte wird nur präsentiert, wenn man diese in Form von Erinnerungen in der Welt findet. Mittlerweile konnte ich mich – auch dank den Optimierungen der Switch 2 Edition – besser mit dem Action-Adventure anfreunden. Ein weiteres positives Beispiel sind die Pikmin-Abenteuer: Besonders die neuen Ableger bieten ein zugängliches Gameplay und haben eine optimale Spieldauer die weder zu kurz noch zu lang ausfällt.
Markus‘ Meinung:
Auch ich schätze als großer Fan von Rollen- oder Strategiespielen natürlich lange Spiele. Auch meine absoluten Favoriten-Spiele dieses Jahr, nämlich Clair Obscur: Expedition 33, Death Stranding 2 und gerade auch Trails in the Sky 1st Chapter sind lang, teilweise sehr lang sogar. Bei Death Stranding 2 habe ich nun fast 50 Stunden auf der Uhr und wenn ich mir die Ingame-Karte anschaue, auch noch einiges vor mir. In dem wunderschönen Remake von Trails in the Sky habe ich gerade den Prolog abgeschlossen und damit eigentlich noch das ganze Spiel vor mir. Laut Entwickler Falcom hat sich die Spielzeit dabei gegenüber dem Original auf fast 80 Stunden verdoppelt und ich glaube genau hier liegt mein Problem. Die Spiele werden immer länger. Dauerte ein durchschnittliches japanisches Rollenspiel damals rund 40 Stunden, liegt die Spielzeit nun meistens bei rund 100 Stunden und mehr. Gerade Atlus‘ Persona-Serie und kürzlich Metaphor Re:Fantazio fallen mir da ein. Das Original Final Fantasy VII habe ich damals im Jahr 1997 in 40 Stunden durchgespielt, das Remake kommt mit nunmehr zwei von drei Teilen auf fast 200 Stunden Spielzeit. So gerne ich auch die Zeit in den jeweiligen Welten verbringe, mir fehlt dann einfach irgendwann mit einem 40-Stunden-Job und den alltäglichen Verpflichtungen schlichtweg die Zeit. Hinzu kommt noch, das gefühlt jeden Monat mindestens ein 100-Stunden-Schwergewicht herauskommt. Aus diesem Grund wünsche ich mir momentan tatsächlich etwas kürzere Spiele. Zwar verbinde ich genau wie Arne meine besten Spielmomente mit langen Rollenspielen, aber mein Appell an die Entwickler ist: Bitte mehr Kürze wagen, denn auch in dieser liegt die Würze. Andernfalls habe ich es mir genau wie Alex angewöhnt, wirklich lange Spiele über einen langen Zeitraum (mehrere Monate oder sogar ein Jahr) auszudehnen. Weil ich auch von den anfangs von mir genannten drei Spielen trotz meines Meckerns über die Spielzeit nicht genug bekommen kann, und auf jeden Fall die Expedition 33 zu ihrem Sieg über die Malerin verhelfen, mit Sam Porter Bridges durch das postapokalyptische Australien wandern und Estelle und Joshua Bright erneut bei ihrem Abenteuer im Königreich von Liberl begleiten möchte.