Simon the Sorcerer Origins – TEST
Nach 30 Jahren kehrt ein Kult-Zauberer zurück: Simon the Sorcerer Origins entführt uns in die Vorgeschichte der Adventure-Saga. Handgezeichnete 90er-Jahre-Optik, Originalstimmen und sarkastischer Humor versprechen Nostalgie pur. Doch kann das entschleunigte Gameplay von einst heute noch fesseln? Wir haben uns mit Simon auf den Weg gemacht und sind der Magie dieses Prequels auf den Grund gegangen.
Wer in den 90ern Abenteuer wie Simon the Sorcerer gespielt hat, erinnert sich sicher an Simons bissigen Humor und skurrile Rätsel. Simon the Sorcerer Origins knüpft genau dort an und versetzt uns erneut in Simons magische Welt – diesmal allerdings an den Anfang seiner Geschichte. Im Intro ziehen wir mit dem Teenager Simon in ein neues Haus um, nichts ahnend, dass ihn kurz darauf ein mysteriöses Portal in ein chaotisches Fantasy-Reich befördert. Fortan heißt es für Simon, einen Weg zurück nach Hause zu finden. Natürlich läuft das nicht ohne abgefahrene Zwischenfälle ab, denn das Prequel serviert uns eine Reihe von Mini-Aufgaben und Kopfnüssen, die Simons Heimkehr immer wieder hinauszögern.

Hinter den Kulissen der Vorgeschichte
Entwickelt wurde dieses neue Abenteuer vom italienischen Entwickler Smallthing Studios, veröffentlicht vom Retro-Spezialisten ININ Games. Die Macher haben sich die offizielle Lizenz der ursprünglichen Simon the Sorcerer-Schöpfer gesichert und für einen Authentitätsschub gesorgt: Simon spricht sowohl im englischen Original (Chris Barrie) als auch auf Deutsch wieder mit seiner ikonischen Stimme (Erik Borner). Alte Adventure-Hasen fühlen sich sofort wie zuhause, zumal auch ansonsten viel Liebe in den nostalgischen Details steckt. So konnte sogar 80er-Popstar Rick Astley (ja, genau der; nicht auf den Link klicken) für einen Gastauftritt gewonnen werden.
Dreißig Jahre nach seinem ersten Abenteuer bringt Simon the Sorcerer Origins den Charme der kultigen Serie zurück und will gleichzeitig neue Spielerinnen und Spieler ansprechen. Die Geschichte ist dabei bewusst überschaubar gehalten: Zwischen einem erzwungenen Umzug und einer uralten Prophezeiung stolpert Simon recht unbedarft in seine Heldenrolle. Für Fans der Originalspiele werden dabei sogar ein paar offene Fragen aus Teil 1 beantwortet – und natürlich wimmelt es vor Anspielungen auf die ersten beiden Kult-Episoden, die bis heute als Genre-Klassiker gelten.

Gemütliches Geknobel
Spielerisch bleibt sich Simon treu: Als klassisches Point-and-Click-Adventure führt uns Origins durch handgezeichnete Szenerien, in denen wir Gegenstände aufklauben, kombinieren und mit schrägen Charakteren interagieren. Die Rätsel reichen von simpel bis knifflig – und einige sind leider reichlich unlogisch. So müssen wir etwa an ein bestimmtes Item gelangen, bekommen aber nur einen vagen Hinweis darauf. In einer scheinbar unabhängigen Location liegt ein schlafender Typ über seinem Tisch; klickt ihr ihn an, murmelt Simon nur, dass wir ihn lieber schlafen lassen sollten. Die Lösung des Rätsels besteht nun darin, diesen Schnarcher mit einem zufälligen Gegenstand aus unserem Inventar aufzuscheuchen. Überraschenderweise finden wir den gesuchten Gegenstand dann um seinen Hals – ohne ihn wirklich geweckt zu haben. Auf solche Ideen kommt ihr meist nur durchs Herumprobieren, was für frustrierende Aha-Momente sorgen kann.
Zwar liefert das Spiel gelegentlich einen dezenten Dialog-Tipp, wenn Simon bei einem Lösungsversuch nah dran war, doch insgesamt verlangt das Rätseldesign genretypisch einiges an Geduld und Experimentierfreude. Habt ihr mal keinen Plan, kommentiert Simon eure Irrwege mit markigen Sprüchen. Einige davon bekommt ihr dabei öfter zu hören – etwa ein gedehntes „Da stimmt was nicht.“ oder „Warum sollte ich das tun?“. Die dramatische Sprechpause gehört stets dazu, sodass ihr schon am Ausbleiben einer Reaktion erkennt, dass eure Idee nicht funktioniert. Immerhin lässt sich Simons Monolog mit einem Druck auf A verkürzen, um die Wiederholung nicht jedes Mal auszusitzen.

Generell geht Simon the Sorcerer Origins gemächlich voran: Simon schlendert in aller Ruhe durch die Gegend. Haltet ihr die ZR-Taste zum Sprinten gedrückt, wird er zwar etwas schneller, verwendet aber die gleiche Schlender-Animation – nur etwas schneller. Klickt ihr während des Rennens etwas an, fällt Simon sofort in sein entspanntes Tempo zurück – Zuschauen und Entspannen sind hier Programm. Wer sich einen zeitgemäßen Tempomacher erhofft hat, wird etwas enttäuscht.
Hinzu kommt: Nach einem Ortswechsel bleibt Simon erstmal einen Moment tatenlos stehen, bis ihr ihn wieder steuern könnt. Wenn ihr in dem Augenblick unaufmerksam seid oder gerade über den nächsten Schritt nachdenkt, kann es passieren, dass ihr eine plötzlich einsetzende Zwischensequenz verpasst. Zum Glück könnt ihr auf der Switch die letzten 30 Sekunden als Video aufnehmen und so gegebenenfalls das Verpasste anschauen – vorausgesetzt, ihr merkt es rechtzeitig. Eine Pause-Funktion im Spiel selbst gibt es nämlich nicht: Weder Dialoge noch Cutscenes lassen sich per Knopfdruck anhalten. Nur über den Home-Button der Switch könnt ihr notfalls pausieren. Schade.

Atmosphäre & Inszenierung
Optisch begeistert Simon the Sorcerer Origins mit einem liebevoll handgezeichneten 2D-Grafikstil. Die kunterbunten Hintergründe und Figuren fangen den Charme der 90er-Jahre perfekt ein, ohne altbacken zu wirken. Animationen sind flüssig, ausgiebig und detailverliebt – wir spüren in jeder Szene, dass die Entwickler die Ära des Pixel-Charme feiern wollten. Für das volle Retro-Programm gibt es im Menü sogar einstellbare Bildfilter: Auf Wunsch legt ihr einen VHS-Bildfilter oder die Wölbung eines alten Röhrenfernsehers über das Geschehen, um das nostalgische Flair noch zu verstärken. Aber auch ohne diese Effekte versprüht das Abenteuer jede Menge Atmosphäre. Besonders die vielen absurden Figuren und Schauplätze – von kauzigen Zauberern bis zu müffelnden Sumpfmonstern – tragen dazu bei, dass wir immer wieder schmunzeln und staunen.
Einen großen Anteil an der gelungenen Stimmung hat die Vertonung. Die Dialoge sind komplett gesprochen, und das mit den Originalstimmen von einst – ein Fest für Nostalgiker! Simons deutscher Sprecher Erik Borner verleiht dem Helden erneut seine unverwechselbare, leicht genervte Tonlage, während im englischen Ton Chris Barrie mit britischem Witz auftrumpft. Die Sprecherinnen und Sprecher der Nebenfiguren machen ihre Sache ebenfalls hervorragend und bringen den Humor gut rüber.
Apropos Humor: Simon the Sorcerer Origins ist randvoll mit sarkastischen Kommentaren, Meta-Witzen und popkulturellen Anspielungen. Simon selbst steckt in dieser fremden Fantasy-Welt zwar als moderner Teenager nicht wirklich drin, nimmt die skurrilen Ereignisse aber erstaunlich gelassen hin und feuert einen trockenen Spruch nach dem nächsten ab. Running Gags sind garantiert – zum Beispiel wird Simon von vielen Bewohnern dieser Welt einfach nicht ernst genommen, was wiederholt für Lacher sorgt.
Die musikalische Untermalung trifft ebenfalls den richtigen Ton: Neu komponierte Stücke untermalen stimmungsvoll Simons Reise, von verträumt-magisch bis albern. Und wenn Rick Astleys Together Forever erklingt, ist der 80er-Jahre-Zeitgeist perfekt eingefangen.

Technik & Extras
Technisch läuft das Abenteuer auf der Switch tadellos. Die Ladezeiten sind kurz und nennenswerte Bugs sind uns nicht begegnet – in einer 2D-Welt wie dieser auch wenig überraschend. Die Steuerung wurde sinnvoll an die Konsole angepasst: Ihr könnt entweder mit einem unsichtbaren Cursor per Analogstick auf Objekte zeigen oder Simon direkt steuern. Beide Varianten funktionieren gut. Besonders im Handheld-Modus macht das Spielen Spaß, denn hier könnt ihr optional den Touchscreen nutzen, um Dinge direkt anzutippen. So fühlen sich die Rätsel fast an wie früher am PC, nur eben auf dem kleinen Bildschirm. Das Interface ist übersichtlich und einfach gehalten – in bester Adventure-Tradition habt ihr am unteren Bildschirmrand euer im Laufe des Spiels immer umfangreicher werdendes Inventar.
Lobenswert sind die umfangreichen Optionen, mit denen ihr das Spielerlebnis anpassen könnt. Neben den erwähnten Retro-Filtern bietet das Spiel diverse Komforteinstellungen: So lässt sich die Textgröße erhöhen und die Kontrastdarstellung optimieren, was vor allem auf dem Handheld-Bildschirm angenehm ist. Für Puristen wichtig: Simon the Sorcerer Origins verzichtet auf moderne Hilfssysteme oder Questmarkierungen – ihr seid ganz auf euch gestellt, was die Rätsel angeht. Das mag für Adventure-Neulinge etwas härter sein, gehört für Veteranen aber zum guten Ton.
Die Spielzeit fällt mit rund 10 Stunden durchschnittlich aus, was für ein Point-and-Click-Abenteuer weder zu lang noch zu kurz ist. Multiplayer-Modi suchen wir natürlich vergeblich – Simons Abenteuer bestreitet ihr wie eh und je alleine. Insgesamt fühlt sich die technische Umsetzung solide an und wird der gemütlichen Abenteuerreise gerecht, wenngleich ein paar zeitgemäße Komfortfunktionen, wie eine Pausenmöglichkeit in Cutscenes, wünschenswert gewesen wären.
Geschrieben von Arne Ruddat
Fazit:
Ich habe mich in Simon the Sorcerer Origins schnell wie zu Hause gefühlt. Die Entwickler von Smallthing Studios haben wirklich einen würdigen Nachfolger (oder eher Vorgänger) zu den 90er-Klassikern geschaffen. Überall spüre ich die Liebe zum Detail: vom handgezeichneten Grafikstil bis zu den Originalsprechern, die Simon wieder Leben einhauchen. Selbst Rick Astley wurde als musikalisches Augenzwinkern eingebaut – diese Nostalgie-Keule trifft voll ins Schwarze. Klar, das gemächliche Tempo und manche altmodische Designentscheidung wirken heutzutage etwas aus der Zeit gefallen. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass Simon zumindest optional etwas schneller unterwegs ist und dass die Rätsellogik hier und da fairer ausfällt. Trotzdem habe ich jede Minute in dieser Welt genossen. Simon the Sorcerer Origins richtet sich vor allem an Adventure-Veteranen, die noch einmal in einem neuen alten Abenteuer schwelgen wollen. Wer mit klassischen Point-and-Click-Spielen großgeworden ist, wird an Simons Sprüchen und den zahlreichen Anspielungen seine helle Freude haben. Neue Spielerinnen und Spieler sollten sich hingegen auf ein gemächliches Erlebnis einstellen – wer sofortige Action oder ein modernes Hilfesystem erwartet, könnte enttäuscht werden. Für alle, die aber Lust auf einen charmanten Retro-Trip mit viel Humor haben, ist dieses Prequel ein herrliches Erlebnis, das den Charme der Vorlage gekonnt in die Gegenwart holt.







