A Highland Song – TEST

Anfang Dezember 2023 erschien das Hiking-Survival-Abenteuer A Highland Song für die Nintendo Switch und den PC. Entwicklerstudio Inkle gelingt es, eine dichte wie melancholische Atmosphäre zu erzeugen, stolpert aber in zu vielen Momenten über Bedienung und technische Umsetzung.


Karge Landschaften, spärliche Besiedlung und jede Menge Regenschauer zeichnen das titelgebende Hochland von Schottland. Wer schon einmal einen Urlaub in den Highlands geplant hat, dürfte eventuell von der sehr hohen Niederschlagswahrscheinlichkeit abgeschreckt worden sein. Für Moira McKinnon, der Protagonistin von A Highland Song, steht dies jedoch an der Tagesordnung. Seit fünfzehn Jahren lebt sie mit ihrer Mutter im schottischen Hochland. Um dem alltäglichen Trott zu entkommen, läuft sie zu Beginn des Abenteuers weg. Grund dafür ist ein Schreiben ihres Onkels Hamish, den sie doch bitte besuchen möchte. Ihr Ziel ist ein Leuchtturm, den sie vor Beltane erreichen soll, dem gälischen Maifeiertag, der den Sommerbeginn markiert. Gelingt ihr dies, darf sie sich über eine wunderbare Überraschung freuen.

Zugegebenermaßen kann die Story des Abenteuerspiels nicht wirklich begeistern, zumal die Texte oft kryptisch sind und lediglich auf Englisch inklusive Dialekt in den Untertiteln vorliegen. Vielmehr sind es die kleinen Geschichten und Momente, die Moira erlebt, die begeistern. Beispielsweise trifft sie auf einen Einsiedler, der sich während eines Regens an einem Lagerfeuer gemütlich gemacht hat, um sich aufzuwärmen. An anderer Stelle stolpert die Jugendliche über unzählige Gegenstände. Diese lassen sich zu bestimmten Gelegenheiten einsetzen. Unter anderem kann sie einen Stein auf einem Cairn, einem künstlich angelegten Steinhügel aus Geröll, ablegen.

Leben und Sterben in den Highlands

Viele dieser Interaktionen haben keinerlei Einfluss auf den Handlungsverlauf. Es sind lediglich Momente, die uns Moiras Reise ähnlich wie bei einem Ausflug oder Urlaub im Gedächtnis bleiben. Nichtsdestotrotz sollten wir die Spielereien von A Highland Song nicht gänzlich unbeachtet lassen. Sie tragen nicht nur maßgeblich zum essenziellen Spielgefühl bei, manchmal können sie auch neue Wege freilegen, die uns möglicherweise schneller zum Leuchtturm gelangen lassen. Dadurch, dass wir immer irgendwie einen Weg finden, bietet das Adventure einen recht hohen Wiederspielwert.

Dies funktioniert in erster Linie aber wohl deshalb so gut, da die Spielwelt ähnlich wie in Old Man’s Journey vollständig zweidimensional gestaltet ist, auch wenn sie nicht so viele Rätsel bietet. So bewegen wir uns entweder nach links oder nach rechts, erklimmen Hügel oder rutschen hinab in Täler. Wichtig ist hierbei die Klettermechanik, denn Moira ist durchaus geschickt im Kraxeln. Kaum gelangen wir an eine Felswand, greift die Protagonistin mit den Händen nach Felsvorsprüngen und stößt sich mit den Füßen ab. Eine völlige Bewegungsfreiheit bietet A Highland Song allerdings nicht, denn Moira muss sich regelmäßig ausruhen und verliert, vor allem durch Stürze aus großen Höhen sehr viel Energie. Auch längere Strecken wie ein Wirbelwind rennend zurückzulegen, zerrt mitunter ordentlich an ihren Kräften – und auch an unseren, wie wir an dieser Stelle gestehen müssen.

Ausweglose Situationen

So setzt der Titel in regelmäßigen Intervallen auf Geschicklichkeitseinlagen in Form rhythmischer Sprungpassagen. Moira läuft in diesen Sequenzen automatisch los und wir müssen nur im richtigen Augenblick auf den Sprungknopf drücken. Theoretisch funktioniert dies im Takt zur Musik. Praktisch zeichnet das Spiel ein anderes Bild. Zwar lässt sich das Timing vor dem Spielstart einstellen und auch jederzeit übers Menü nachjustieren, doch haben wir auch dann nicht das Gefühl, dass unsere Eingaben immer richtig erkannt werden. Ist Moira erschöpft, muss sie sich ausruhen. Dazu eignen sich am besten Hütten oder Höhlen, denn wenn wir unter freiem Himmel campieren, kann dies dazu führen, dass sich Moira erkältet und wir anschließend nicht mehr unsere ganze Ausdauer zur Verfügung haben.

Leider ist es möglich, sich in A Highland Song auf diese Weise in ausweglose Situationen zu manövrieren, aus denen es kein Entkommen gibt. Beispielsweise sind wir im Test in einen Abgrund gestürzt, aus dem Moira nicht mehr herausklettern konnte, da ihre maximale Ausdauer zu gering war. Erst nachdem sie durch genügend Stürze mutmaßlich Suizid begangen und das Spiel neugeladen hat, konnten wir den Weg mit der auf wundersame Art und Weise zurückgestellten maximalen Ausdauer fortsetzen. Bei einem Spiel, in dem Kletter- und Überlebensmechaniken offenbar derart wichtig sind, darf so etwas nicht passieren. Entwicklerstudio Inkle sollte dringend nachbessern!

Mit Mängeln behaftete technische Umsetzung

Ärgerlich ist auch, dass die Bewegungen nicht immer hundertprozentig richtig erkannt werden. Aufgrund dessen, dass das zweidimensionale A Highland Song von uns erwartet, zwischen verschiedenen Ebenen nach vorne und nach hinten auf dem Bildschirm zu wechseln, müssen wir an manchen Stellen höllisch aufpassen. So erkennt das Adventure häufig nicht, dass wir auf die hintere Ebene springen wollen – stattdessen düsen wir mit Moira in den Abgrund vor uns. Jeder, der in den klassischen Castlevania-Titeln mal nicht auf einer Treppe gelandet ist, wird wissen, wovon wir sprechen. Was beim Sturz aus zwanzig Metern Höhe in einem Survival-Abenteuer mit einem zerbrechlichen Charakter passiert, könnt ihr euch selbst ausmalen!

Verstärkt wird dieser negative Umstand mit auffälligem Dauerruckeln, an dem das Spiel sowohl im Handheld-Modus als auch im stationären Betrieb der Switch krankt. Weitgehend lässt es sich an die Ruckelpartie zwar gewöhnen, doch vor allem bei den Sprungpassagen und beim Ebenenwechsel kann dies zusätzlich für Frustration sorgen. Darüber können auch der angenehme und wohl auch nicht zu viel Leistung ziehende Grafikstil und die stimmungsvollen Umgebungsgeräusche nicht hinwegtäuschen. Die schottisch angehauchte Musik, die beim Rennen ertönt, passt zwar zum Setting, dröhnt aber verhältnismäßig zu stark aus den Lautsprechern. Wer A Highland Song genießen will, muss sich diesen Defiziten bewusst sein.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Bei A Highland Song habe ich mich im Vorfeld auf ein entspanntes Abenteuerspiel gefreut, das ich wunderbar immer mal wieder zwischendurch angehen kann. Ganz so angenehm wie erhofft ist das Spiel von Entwicklerstudio Inkle leider nicht geworden. Es macht mir zwar Spaß, die kürzeste Route zum Leuchtturm zu finden, erinnerungswürdige Momente im schottischen Hochland zu erleben und die dichte Atmosphäre zu inhalieren, doch ist das Gesamtbild alles andere als zufriedenstellend. Dieses wird von technischen Mankos geprägt, die stellenweise die Spielbarkeit beeinträchtigen. So erschwert das leichte Dauerruckeln vor allem genaue Sprünge. Außerdem ist die eigentliche Spielmechanik nicht bis ins kleinste Detail ausgeklügelt, da es durchaus zu Situationen kommen kann, aus denen es kein Entkommen mehr gibt. Interessierte sollten am besten auf einen Patch warten, welcher die gröbsten Fehler entfernt. Eines macht A Highland Song nämlich richtig gut: Die stimmungsvolle Atmosphäre der Spielwelt mit den kleinen einzigartigen Momenten sind es, trotz der mauen Technik, einfach wert erlebt zu werden.