Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp – TEST

Knapp zwei Jahre nach der Ankündigung werden Taktik-Fans erlöst. Seit 2008 gab es kein Advance Wars mehr, Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp gibt uns nun die Möglichkeit noch einmal zu den ersten beiden Teilen zurückzukehren.


Die Advance-Wars-Reihe zeichnete sich seit jeher durch rundenbasierte, kriegerische Konflikte mit modernem Militärgerät aus. Das Besondere: Durch die farbenfrohe Anime-Optik, den stets optimistischen Figuren und dem Verzicht auf direkte Gewaltdarstellungen sind die ersten Advance-Wars-Teile typisch Nintendo sehr kindertauglich. Wenn überhaupt, wundern sich eher die Erwachsenen warum in den zerstörerischen Konflikten nie Angst oder Tod eine Rolle spielen und alle Figuren mit breitem Comic-Grinsen in die Schlacht ziehen.

Gameplay ist King

Direkt vorweg: Die Handlung stand auch schon 2001 in Advance Wars und 2003 in Advance Wars 2: Black Hole Rising auf dem Game Boy Advance nicht im Fokus. Wir übernehmen die Rolle von Andy, der als Kommandant seine Nation Orange Star vor dem invadierenden Olaf vom benachbarten Blue Moon verteidigen muss. Der Krieg wird sich über viele Missionen und Kontinente hinweg ziehen, bis letztendlich auch die wahren Drahtzieher alle vernichtet sind. Im Gegensatz zur anderen Strategie-Reihe von Intelligent Systems (Fire Emblem), ist die Handlung bloß der Kleber, der die einzelnen Missionen zusammenhält. Im Mittelpunkt steht eindeutig das Gameplay, das auch heute noch auf einem extrem robusten Gerüst aufbaut.

Zu Land, Luft und Wasser schicken wir unsere Einheiten rundenbasiert in die Schlacht. Hier kommt es besonders auf kluge Positionierung und Voraussicht an, denn alle Einheiten besitzen komplett unterschiedliche Eigenschaften. Diese Eigenschaften erkennen wir schon am gut gewählten Design, ein Jagdpanzer ist zum Beispiel schnell und wendig und perfekt für den Einsatz gegen Infanterie und leicht gepanzerte Fahrzeuge geeignet, wird aber von schweren Geschützen schnell auseinandergenommen. Jede Einheit hat ihren Zweck, auch dank des klaren Schere-Stein-Papier-Prinzips, nach dem auch ein schwerer Bomber das Flakgeschütz und das teure Schlachtschiff das U-Boot fürchten muss.

Sehr gut Lesbar

Beim Planen unserer Strategien ist es für uns kein Geheimnis, wie einzelne Scharmützel ausgehen. Ziehen wir eine Einheit neben eine feindliche sehen wir transparent in Prozent, wie viel Schaden wir anrichten werden. Im Gegensatz zu Fire Emblem hat der Erstschlag hier noch eine ganz besondere Wichtigkeit, denn die Lebensenergie einer Einheit reflektiert auch deren Angriffskraft. Ein volles Infanteriebataillon besteht aus zehn Soldaten und besitzt damit zehn Lebenspunkte. Sind davon nach einem Kampf nur noch fünf am Leben, verringert sich auch die Angriffskraft für folgende Kämpfe um die Hälfte. Ein simples und leicht verständliches System, das voraussichtige Planung belohnt. So kann zum Beispiel keine Einheit noch mit einem Energiepunkt überleben und in der Folgerunde verheerenden Schaden anrichten (Fire Emblem!).

Die Kämpfe selbst sind nett inszeniert und zeigen meist die Einheiten wartend auf das Eintreffen des feindlichen Beschusses. Hier haben wir die kleinen Filmchen aber noch schneller als in Fire Emblem abgestellt. Vor allem wegen der fehlenden Interaktion der Soldaten, da die Scharmützel mit Fernkampfwaffen ausgetragen werden. Auch wenn Advance Wars auf ein realistisches Setting setzt, besitzen die Kommandanten übernatürliche Spezialfähigkeiten, die den Ausgang eines Kampfes maßgeblich beeinflussen können. Nicht nur werden die Einheiten stärker, Andy kann zum Beispiel zwei Lebenspunkte jeder Einheit regenerieren, andere Figuren bekommen einen Bonus auf Sichtweite. Das Timing dieser Aktionen gibt den Schlachten noch einmal eine weitere taktische Komponente. Dasselbe gilt natürlich für die Gegner.

Ausgeklügeltes Kartendesign

Während die Missionsziele im ersten Teil noch eine hohe Vielfalt vermissen lassen, sind die Karten von Beginn an toll gestaltet und bieten unterschiedliche Schwerpunkte und Kampfverläufe. Selten handelt es sich bei den Karten um eine einfache Landmasse, sondern fast schon um „Level“ wie zum Beispiel einige Inselchen, die mit Brücken verbunden sind, sodass die Landgewinnung oft linear verläuft. Meisterstrategen nutzen dann natürlich die Luft- oder Wasserhoheit, um den Gegner zu überraschen und mehrere Fronten zu eröffnen.

Im Nachfolger Advance Wars 2: Black Hole Rising sehen wir kleine spielerische Rundumverbesserungen an allen Ecken und Enden: Es gibt mehr Missionsziele, neue Einheiten, neue Kommandanten, größere Schlachten, die Dialoge sind besser geschrieben und die Gegner stellen eine dringlichere Gefahr dar. Trotz dieser Verbesserungen empfehlen wir mit dem ersten Teil anzufangen, nicht etwa wegen der Handlung, sondern um die Verbesserungen nachvollziehen und wertschätzen zu können. Im Vergleich zu den neuesten Ablegern auf Nintendo DS lassen die ersten zwei Teile allerdings viele Einheiten und Ideen vermissen. Das kann erst mal schockieren, das Taktik-Gameplay von Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp ist trotzdem vielen anderen Spielen erhaben.

Geben und Nehmen

Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp vereint die ersten beiden Spiele unter einem Dach, es handelt sich dabei nicht um Portierungen. Das technische Grundgerüst ist komplett neu, der GBA-Pixellook wurde gegen eine kindgerechte Spielzeugoptik getauscht. Wir mussten uns an die Optik gewöhnen, ein wenig lässt sie die Stilsicherheit des Originals vermissen. Nach der jeweils Handvoll Stunden-langen Kampagne schalten wir selbstverständlich die knackigen Advance-Kampagnen frei. Dabei handelt es sich um einen gut designten höheren Schwierigkeitsgrad, der uns alle Missionen noch einmal mit völlig neuen Einheiten und Bedingungen erleben lässt.

Ansonsten dürfen wir neben Standardschlachten im Karteneditor unsere eigenen Schlachten designen und mit Freunden teilen. Der Editor geht leicht von der Hand, aber es gibt keinen Marktplatz, um Maps online aus aller Welt herunterzuladen. Ein System wie in Mario Maker mit einer großen Auswahl an Maps aus der kreativen Community und einem Bewertungssystem vermissen wir schmerzlich. Das sind Elemente, die ein Gameplay-fokussiertes Spiel wie Advance Wars lange am Leben halten können.

Geschrieben von Jonas Maier

Fazit:

 

So mehr ich Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp spiele, so mehr Lust habe ich noch einmal zu den beiden Nintendo-DS-Ablegern zurückzukehren. Das spielerische Fundament ist großartig, die Tatik-Schlachten machen Spaß und belohnen vorsichtiges sowie geschicktes Vorgehen, aber gleichzeitig wird mir in Erinnerung gerufen, wie sich die Reihe weiterentwickelt hat. Zum einen die völlige Eskalation in Advance Wars: Dual Strike mit irrsinnigen Umfang und Ideen und anschließend die Rückbesinnung auf die meiner Meinung nach beste spielerische Austarierung in Advance Wars: Days of Ruin. Trotzdem muss ich anerkennen, dass auch schon das Spielkonzept in Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp zeitlosen Spaß bietet, selbst wenn mir die grafische Gestaltung der Figuren nicht wirklich zusagt.