Armed Emeth – TEST

Publisher Kemco ist dafür bekannt, in kurzer Zeit viele klassische Rollenspiele entwickeln zu lassen. Fast alle davon spielen im traditionellen Fantasy-Mittelalter. Gelegentlich gibt es auch andere Szenarien zu bestaunen. Armed Emeth ist in einem dystopischen Setting angesiedelt.


Armed Emeth spielt in einer postapokalyptischen Welt. Einst regierte das Dernier-Imperium, das mit seinen kampftauglichen Golems sein Reich immer weiter vergrößern konnte. Um die Golems betreiben zu können, zapfte das Imperium die als Edea bezeichnete Lebenskraft des Planeten an. Nach einer Reihe von Naturkatastrophen, angefangen mit dem Sturz eines der beiden Monde auf den Planeten, brach das Großreich in sich zusammen. Zurückgeblieben sind einzelne Siedlungen, die sich als Kommunen getrennt voneinander entwickelten. Das Fehlen einer zentralen Regierung führte zu großen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Unterschieden.

Um die Ordnung in den Ländern halbwegs aufrechtzuerhalten, wurden die so genannten Kopfgeldjägergilden gegründet. In Armed Emeth schlüpfen wir in die Rolle des Tagelöhners Valess, der mit kleinen Gelegenheitsjobs wie Kopfgeldjagden seine Brötchen verdient. Eines Tages wird Valess jedoch selbst zum Gejagten, als sich ihm plötzlich der autonom agierende Golem Lock vorstellt. Von Lock erfährt er, dass seine Besitzerin, Valess’ Mutter, von der terroristischen Organisation White Radish entführt wurde. Diese haben es auf Lock und nun fortan auch auf Valess abgesehen. Gemeinsam machen sie sich auf, Valess’ Mutter aus den Fängen der Terroristen zu befreien und ihr dubioses Vorhaben zu stoppen.

Mutige politischen Aussagen

Inhaltlich greift Armed Emeth ähnlich wie Final Fantasy VII aus dem Jahr 1997 die Kritik an Umweltverschmutzung und dem pflichtbewussten Umgang mit den Ressourcen der Erde auf. Auch mit den vor allem zu Beginn des Spiels erwähnten Naturkatastrophen und den daraus resultierenden Konsequenzen, die teilweise auf menschliches Handeln zurückzuführen sind, trifft der Titel im Jahr 2021 in politischer Hinsicht eine relevante Aussage. Auch die Dialoge, in denen vor allem Valess zurückhaltend und desinteressiert an seiner Umwelt wirkt, zeichnen das anhaltende Bild der Politikverdrossenheit ab. Mit den Terroristen gibt es auch ein Feindbild, das jeder Spieler sofort als solches erkennt und bekämpfen will.

Armed Emeth erzählt seine Geschichte vielleicht nicht so tiefgründig wie vergleichbare Rollenspiele, aber es macht im Grunde alles richtig, um uns eine nachvollziehbare Welt zu präsentieren. Die Dystopie, in der sich Valess, Lock und all die anderen Charaktere wie Ursula, Elice und Co befinden, mag nur bedingt aufgehalten oder gar umgekehrt werden. Es geht in erster Linie ums Überleben und das eigene Leben. Damit unterscheidet sich das Rollenspiel maßgeblich von den meisten anderen Spielen des Herstellers, die sich vor allem um den schlichten Kampf zwischen Gut und Böse drehen. Armed Emeth ist ein äußerst mutiger Schritt, den wir ganz klar begrüßen!

Bekannte Mechaniken für eingefleischte Rollenspieler

Am eigentlichen Gameplay gibt es hingegen nur wenige Unterschiede zum Einheitsbrei aus dem Hause Kemco. Mit Valess und seinen Gefährten reisen wir über eine Oberwelt von einer Kommune zur nächsten, erledigen Kopfgeldjagden wie in Final Fantasy XII und messen uns in zahlreichen Zufallskämpfen mit allerhand Monstern und menschlichen Widersachern. Das Rad wird also auch in Armed Emeth nicht neu erfunden und das muss es auch nicht. Kemco ist es nach wie vor wichtig, seine Zielgruppe, die nach Rollenspielen der goldenen 16-Bit-Zeit trachtet, zu bedienen. Somit sind alle Gameplay-Mechaniken von der ersten Minute an sofort verständlich.

Wer zuvor noch nie ein Rollenspiel gespielt hat, sollte seine ersten Gehversuche im Genre lieber in anderen Spielen wagen. Es gibt zwar eine ins Spiel integrierte Anleitung auf Englisch, doch fällt diese für unseren Geschmack zu rudimentär aus und eignet sich eher für erfahrene Spieler, die genau wissen, welchen Punkt sie noch einmal nachschlagen wollen. Für Genre-Kenner dürfte es aber logisch sein, dass besiegte Gegner Erfahrungspunkte und Goldmünzen hinterlassen. Während unsere Helden mit ausreichend Erfahrung die nächste Stufe erreichen, bei der sich die teilweise manuell einstellbaren Attribute erhöhen, können wir mit erbeutetem Gold in der Stadt neue Ausrüstungsgegenstände erwerben. So weit, so gut.

Komfort und „Komfort“

Es gibt jedoch auch Abweichungen zu anderen Rollenspielen. Beispielsweise dürfen wir mit den menschlichen Charakteren auch in Golems Platz nehmen. Dadurch können diese in den rundenbasierten Kämpfen natürlich deutlich kräftiger austeilen. Das heißt aber auch, dass wir in den Kommunen sowohl die Charaktere stets mit frischen Waffen und Rüstungen ausstatten als auch die Golems mit neuen Kanonen, Maschinenpistolen und Co ausrüsten müssen. Zudem sollten wir stets die Rüstung unserer Golems im Auge behalten. Ist diese zerstört, müssen wir sie in der Stadt warten lassen. Passiert das mitten in einem Dungeon, können wir diesen jedoch zum Glück auf Knopfdruck über das Menü verlassen. Das ist genauso angenehm wie die Option, das Spiel jederzeit speichern zu können.

Einen Dämpfer verpassen Armed Emeth aber die kostenpflichtigen Zusatzinhalte. Diese beschränken sich zwar auf das Ausschalten der Zufallskämpfe und einen dreifachen Erfahrungspunkte-Multiplikator, doch kann vor allem letztere Funktion die Spielerfahrung maßgeblich beeinflussen. Wer nichts dagegen hat, dann und wann dutzende Zufallskämpfe zu bestreiten, um seine Protagonisten auf die nächsten Stufen zu bringen, kann die Zusatzinhalte ignorieren. Nach wie vor sind wir der Meinung, dass die Kemco-Spiele diese Inhalte nicht benötigen würden. Dies gilt auch für Armed Emeth.

Retro-Ausflug mit kleineren Schwächen

Unter technischen Gesichtspunkten ist Armed Emeth ein Spiel, das stark an die 16-Bit-Zeit erinnert. Vor allem die Umgebungen erinnern an Rollenspiele der Epoche. Mit Monster Viator von 2020 oder Legend of the Tetrarchs aus dem Jahr 2019 hat Kemco auch schon zwei Titel auf der Switch veröffentlicht, die grafisch in eine sehr ähnliche Richtung gehen. Die Figuren sind teilweise ebenso zuckersüß animiert, wenn sie beispielsweise nur den Kopf drehen oder im Kampf eine Waffe ziehen und auf den Gegner zielen. Die Spezialeffekte fallen aber nur mittelmäßig aus. Hier bleibt Kemcos Entwicklerstudio Hit-Point hinter den Möglichkeiten zurück. Dafür gefällt uns der Soundtrack des Spiels, der mal mit fröhlich und mal mit bedrohlich klingender Musik die melancholische Grundstimmung passend einfängt.

Auch in puncto Bedienung weiß das Spiel weitgehend zu überzeugen. Jede Eingabe geht kinderleicht von der Hand. Lediglich die Übersicht in den Kämpfen ist nicht zu jeder Zeit gegeben, denn der Kampfbildschirm wird in der Mitte unnötig getrennt. Dies soll die Entfernung zwischen den Akteuren ausdrücken, wirkt sich aber erschwerend auf die am rechten Rand eingeblendeten Buttons aus, die nicht sofort ins Auge springen. Ebenso ist die Menüstruktur ein wenig verschachtelt, was vor allem an der Aufteilung zwischen Golems und Menschen liegt. Nichtsdestotrotz gehört Armed Emeth zu den besseren Spielen aus dem Hause Kemco. Genre-Fans sollten zumindest einen Blick riskieren!

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Armed Emeth ist ein mutiger Schritt in die richtige Richtung. Kemco und Hit-Point verzichten beim Storytelling dieses Mal weitgehend auf den klassischen Kampf zwischen Gut und Böse und verleihen der Geschichte einen dystopischen Anstrich. Mir gefällt das postapokalyptische Szenario nach dem Fall eines Imperiums, in dem die Charaktere mit den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen zu kämpfen haben, äußerst gut. Lediglich die Erzählweise, die schlicht über Dialoge und relativ einfache Kameraschwenks nicht hinauskommt, ist verbesserungswürdig. Ebenso würde es mir gefallen, wenn Kemco endlich mal auf kostenpflichtige Zusatzinhalte verzichten würde. Alleine die Existenz des Shop-Buttons im Menü schreckt mich ab – und das muss eigentlich nicht sein, denn Armed Emeth spielt sich bis auf wenige Bedienschwächen wirklich gut. Es macht Spaß, durch die Welt zu laufen, hier und da Aufträge zu erfüllen und mich in die unzähligen Kämpfe zu werfen. All das habe ich zwar schon unzählige Male gesehen, doch gerade Kemco zeigt in dieser Disziplin, wie zeitlos das Konzept von Rollenspielen der 16-Bit-Zeit ist. Armed Emeth macht hierbei keine Ausnahme. Wer neues Rollenspielfutter braucht, darf gerne zuschlagen!