Legend of the Tetrarchs – TEST

Kemco ist dafür bekannt, alle paar Wochen ein neues Rollenspiel im eShop der Nintendo Switch zu veröffentlichen. Da ist es nicht verwunderlich, dass hin und wieder die Qualität der jeweiligen Spiele darunter leidet. Legend of the Tetrarchs beweist zum Glück das Gegenteil.

 


Seit langer Zeit ist die Fantasy-Welt in Legend of the Tetrarchs in drei Bereiche aufgeteilt. In der Aegis genannten Oberfläche des Planeten leben die Menschen, im Hades sind wiederum die Dämonen zuhause und in der Firmament getauften Himmelswelt leben engelsgleiche Lebewesen. Einst wurde die Welt von den vier göttlichen Tetrarchs beschützt, sowohl Licht und Schatten als auch Leben und Tod bildeten unter ihnen die Kontraste. Nach einem Kampf zwischen Gut und Böse wurde der Spalt zum Hades auf Aegis mit dem heiligen Schwert versiegelt, dessen Kraft zu Beginn des Spiels langsam versiegt.

Obwohl Lloyd, der Tetrarch des Lichts, aus seinem jahrhundertelangen Schlaf erwacht ist und den Spalt in die Unterwelt versiegeln möchte, wird er von Ishbel, dem Tetrarch des Schattens, überrascht. Diesem gelingt es, das heilige Schwert aus dem Spalt zu ziehen und beginnt damit, die Menschen für seine dubiosen Pläne auszunutzen und gegeneinander auszuspielen. In all diesem Wirrwarr schlüpfen wir neben weiteren Charakteren vor allem in die Rolle des jungen Kriegers Len, der das Massaker in seiner Heimatstadt Datt nur durch Zufall überlebt, dadurch jedoch zur Zielscheibe des Königs wird, der einen Pakt mit Ishbel geschlossen hat. Die Geschichte von Legend of the Tetrarchs ist erstaunlich tiefgründig und wird zudem aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt.

Traditionelles Rollenspiel mit Tiefgang

Neben der Handlung weiß auch die Charakterisierung zu gefallen. Beispielsweise wird Lloyd als Optimist beschrieben, der trotz aller Anzeichen nicht glauben will, dass Ishbel mordlustig durch die Lande streift. Wien, ein Krieger im Dienste des Königs, will sich wiederum nicht für dessen Pläne instrumentalisieren lassen und wechselt stattdessen auf die Seite des Protagonisten. All dies wird über ellenlange Dialoge geschildert, die vor allem in den ersten Spielstunden nicht abnehmen wollen. Das für Kemco-Verhältnisse überraschend textlastige Rollenspiel gewinnt so aber deutlich an Atmosphäre, die anderen Titeln des japanischen Publishers leider gerne mal fehlt.

In puncto Gameplay orientiert sich Legend of the Tetrarchs überwiegend am Genre-Standard. So reisen wir mit Len, Lloyd, Wien und Co über die Weltkarte, plaudern in Städten und Dörfern mit der Bevölkerung, gehen in den Dungeons auf Schatzsuche und kämpfen gegen dutzende Monsterhorden, um Erfahrungspunkte zu erhalten und Goldmünzen einzusacken. Letztere dürfen wir in den Läden gegen neue Waffen, Rüstungen oder Schätze eintauschen. Während neue Waffen mehr Schaden anrichten und bessere Rüstungen einen höheren Schutz vor Angriffen bieten, verbessern Schätze permanent für alle Charaktere gleichzeitig diverse Attribute, erhöhen die Lebensenergie oder bieten andere Boni.

Kampfsystem mit taktischem Ansatz

Da der Schwierigkeitsgrad spätestens mit Betreten des Firmaments anzieht, ist es dann unerlässlich, auf jede Eventualität vorbereitet zu sein. Manchmal reicht es nicht aus, mit der besten Ausrüstung in die rundenbasierten Kämpfe zu ziehen. Dann und wann müssen wir Waffen und Co auch verbessern, was bis zu fünf Mal über das Menü im Austausch gegen Goldmünzen geschieht. Hinzu kommt eine gewisse taktische Würze, denn Aktionspunkte für besondere Fähigkeiten werden Runde für Runde aufgefüllt. Dann müssen wir uns entscheiden, ob wir einen einzelnen Gegner mit einem kräftigen Hieb attackieren, einen Rundumschlag gegen alle Feinde ausführen, unsere Verteidigung für zwei Runden erhöhen oder doch lieber unsere Wunden heilen wollen.

Heilkräuter gibt es übrigens nicht, sodass jede Fähigkeit über Sieg und Niederlage entscheidet. Uns gefällt dieses Konzept gut, auch wenn wir hin und wieder unsere Charaktere in flotten Zufallskämpfen zum besseren Vorankommen aufstufen müssen. Das macht im Rahmen ständiger Belohnungen aber definitiv Spaß. Trotzdem fallen hier die für Kemco typischen Mikrotransaktionen gegen Echtgeld negativ auf, auch wenn sie nicht so notwendig wie beispielsweise im Negativbeispiel Chronus Arc erscheinen. Dafür erstrahlt das Spiel bei einem sehr schönen Soundtrack in einem fantastischen 16-Bit-Grafikstil, der an Titel wie Tales of Phantasia, Dragon Quest VI oder Trials of Mana erinnert. Entwicklerstudio Hit-Point hat mit Legend of the Tetrarchs definitiv eines seiner besten Rollenspiele geschaffen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Obwohl die meisten Spiele aus dem Hause Kemco die Mittelmäßigkeit nicht überschreiten, haut mich Legend of the Tetrarchs direkt zu Beginn um. Die Geschichte ist spannend und aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt, die Charaktere weitgehend tiefgründig gestaltet und das Kampfsystem setzt stellenweise dermaßen auf Taktik, dass ich jede Entscheidung zweimal überlegen muss. Hinzu kommt eine interessante Spielwelt in einem fantastischen 16-Bit-Grafikstil und einer mehr als nur angenehmen Soundkulisse. Schade ist lediglich, dass der Schwierigkeitsgrad ein weiteres Mal etwas holprig ansteigt und auch hier wieder der Gedanke aufkommt, dass das Gamedesign an den Mikrotransaktionen für doppelte Schadensausteilung oder dreifachen Erfahrungspunkten angelehnt ist. Ganz so kräftig wie bei Chronus Arc ist das beim vorliegenden Spiel zwar nicht, doch sollte sich Kemco künftig überlegen, ob sie unbedingt auf dieses System setzen müssen. Legend of the Tetrarchs hat so viele positive Seiten, an denen die Entwickler des japanischen Konzerns einfach nur anknüpfen müssen, um aus einem sehr guten ein herausragendes Rollenspiel machen zu können.