Atelier Ryza 3: Alchemist of the End & the Secret Key – TEST
Am 24. März erschien mit Atelier Ryza 3: Alchemist of the End & the Secret Key der dritte und wahrscheinlich auch vorerst letzte Teil der Ryza-Trilogie aus der beliebten Atelier-Serie des japanischen Entwicklers Gust unter anderem für die Nintendo Switch. Ein letztes Mal begleiten wir dabei die Alchemistin Reisalin „Ryza“ Stout auf einem großen Abenteuer, bei dem wir uns wieder auf eine interessante, aber für Rollenspiele unüblich entspannte Abenteuer-Geschichte mit Slice-of-Life-Einschlag, liebenswerte Charaktere und natürlich viel Crafting freuen können.
Im November 2019, also vor fast dreieinhalb Jahren, erschien mit Atelier Ryza: Ever Darkness & the Secret Hideout der erste Teil der Secret- oder Ryza-Trilogie in Europa. Entwickler Gust war wohl über den großen Erfolg des mittlerweile einundzwanzigsten Spiel der langlebigen Atelier-Rollenspiel-Serie selbst etwas überrascht, denn anstatt wie es üblich in der Serie ist mit der direkten Fortsetzung im gleichen Setting auch den Hauptcharakter zu wechseln, durften wir im Januar 2021 in Atelier Ryza 2: Lost Legends & the Secret Fairy ein weiteres Abenteuer mit der jungen Alchemistin erleben. Nun beendet das am 24. März erschienene Atelier Ryza 3: Alchemist of the End & the Secret Key die Trilogie und schickt die abenteuerlustige Ryza gemeinsam mit ihren Freunden auf eine Reise auf eine neue Inselgruppe. Dabei setzen die Entwickler auf eine ganze Reihe von neuen Spielmechaniken, Wiedersehensfreude mit den Charakteren aus den vergangenen Teilen sowie die fast an eine Open World erinnernden weitläufigsten und größten Gebiete der Atelier-Reihe.
Geheimnisvolle Kark Isles
Zeitlich ist Atelier Ryza 3: Alchemist of the End & the Secret Key rund ein Jahr nach dem zweiten Teil angesiedelt. Ryza ist als Alchemistin auf Kurken Island tätig und lebt in den Tag hinein. Auf der verschlafenen Insel passiert nicht viel, und die junge Frau genießt ihren friedlichen und ruhigen Alltag. Eines Tages jedoch erschüttert ein Erdbeben die kleine Insel und lässt urplötzlich eine neue Inselgruppe in der Nähe von Kurken Island aus dem Nichts erscheinen. Neugierig wie sie ist, fackelt Ryza nicht lange und bricht gemeinsam mit dem Wächter-Erkundungstrupp sowie ihren Freunden Tao und Bos, die für die Sommerferien nach Kurken Island zurückgekehrt sind auf, um die neue Inselgruppe zu erforschen. Das Spiel beginnt auch sofort auf den Kark Isles genannten geheimnisvollen Inseln und führt uns sofort in die Konfrontation mit den für die Serie typischen niedlich gestalteten Monstern. Dabei erlernen wir in Tutorials das bereits aus den Vorgängern bekannte Kampfsystem. Ryza bemerkt bei der Erforschung der Inseln, dass diese irgendwie mit Alchemie in Verbindung stehen und synthetisiert kurz darauf mit ihren alchemistischen Fähigkeiten einen geheimnisvollen Schlüssel. Somit beginnt ein weiterer abenteuerlicher Sommer für unsere Alchemistin. Auch dieses Mal bietet Atelier Ryza serientypisch einen relativ entspannten Plot mit Slice-of-Life-Charakter, der viel Spielraum für die anderen Aktivitäten des Spiels lässt.
Als Unterstützung benachrichtigt sie ihre aus den vergangenen Teilen bekannten Freunde Klaudia, Lent, Tao und Bos. Dabei gelingt es den Entwicklern, die Charaktere auf eine sehr natürliche Art und Weise in das neue Abenteuer einzuführen. Auch das spätere Zusammentreffen mit den aus den beiden Vorgängern bekannten restlichen Charakteren wird auf eine nachvollziehbare Art und Weise erklärt. Zudem dürfen wir uns auf drei vollkommen neue, wirklich gelungene Charaktere freuen, die eine tolle Bereicherung zu der Gruppe darstellen. Erstmals spielbar ist zudem nun Bos, der nun endlich auch mitmischen darf, statt Ryza, Klaudia, Lent und Tao lediglich von der Seitenlinie zu unterstützen. Zwar ist die Party mit nun elf Mitgliedern recht groß, ist dafür aber angenehm ausgewogen. Einziger Wermutstropfen für Fans ist lediglich, dass nicht alle bekannten und spielbaren Charaktere des zweiten Teils zurückkehren. Angesichts der bereits recht großen Gruppe an sympathischen und liebenswerten Charakteren ist dies jedoch Meckern auf sehr hohem Niveau.
Die Schlüsselmeisterin
Wie bereits erwähnt wurde stellt Ryza bereits kurz nach ihrem Besuch auf den Kark Isles mit ihren alchemistischen Fähigkeiten einen mysteriösen Schlüssel her. Dieser ist nicht nur ein zentraler Aspekt der spannenden und wendungsreichen Geschichte, sondern zugleich die wichtigste Spielmechanik. Magische Schlüssel in den verschiedensten Varianten können beispielsweise dabei helfen, Barrieren zu überwinden, Schatztruhen zu öffnen oder unsere Charaktere mit Buffs zu stärken. Insgesamt können wir zehn Schlüssel bei uns tragen. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass die Auswahl ausgewogen ist. Ansonsten könnte es passieren, dass wir auf einmal vor einer Barriere stehen, die wir nicht öffnen können und müssen zunächst extra in unser Atelier zurückkehren, um den passenden Schlüssel auszuwählen.
Auch in den zahlreichen, wie in den Vorgängern in Echtzeit ablaufenden Kämpfen können wir die Schlüssel einsetzen. So können wir im Kampf einen Schlüssel synthetisieren, sobald wir einen entsprechenden Hinweis erhalten. Welchen Schlüssel wir erhalten, hängt dabei vom anvisierten Gegner ab. Zudem dürfen wir die Schlüssel auch verwenden, um den aktiv gesteuerten Charakter zu stärken und ihn für kurze Zeit massiven Schaden austeilen lassen oder ihn anderweitig stärken. Verschiedene Schlüssel-Buffs können manche Konfrontationen wie beispielsweise Bosskämpfe enorm verkürzen.
Die Verwendungszwecke der Schlüssel gehen aber noch weiter. Jeder Charakter darf einen Schlüssel als Ausrüstungsgegenstand bei sich tragen und erhält dadurch unterschiedliche Boni auf seine Charakterwerte. Auf diese Weise können wir beispielsweise die Lebenspunkte, Attacke oder Verteidigung unserer Charaktere abseits der klassischen Ausrüstung wie Waffe, Kleidungsstück und zwei Accessoires erhöhen. Damit greift die Schlüssel-Mechanik in sämtliche Gameplay-Ebenen ein und erweitert diese sinnvoll.
Weitläufige Gebiete und viele Aufgaben
Genau wie der Vorgänger verzichtet auch Atelier Ryza 3 auf eine klassische Open World. Stattdessen wurden die bereits in Atelier Sophie 2: The Alchemist of the Mysterious Dream größer ausgefallenen Gebiete nochmals erweitert. Dieses Mal können wir aus diesem Grund aus mehreren offenen Gebieten gesprochen werden, die miteinander verbunden sind. Im Laufe unseres Abenteuers sind wir nämlich nicht nur auf der bereits aus dem erste Atelier-Ryza-Spiel bekannten Kurken Island unterwegs, sondern bereisen nach und nach weitere Gebiete. Verbunden sind diese durch schlauchartige Passagen, was aber nicht weiter auffällt. Besonders die neuen Kark Isles sind dabei weitaus größer und weiltäufiger als Kurken Island und wecken manchmal fast ein Open-World-Gefühl, ohne uns dabei mit den dafür so berüchtigten Features zu erschlagen.
Bei der Erkundung der offenen Gebiete sammeln wir serientypisch verschiedene Zutaten für unsere Alchemie-Experimente, entdecken Schatztruhen und treffen natürlich auf zahlreiche Monster. Mit der Zeit erhalten wir dabei immer mehr Bewegungsfreiheit. Genau wie im Vorgänger dürfen wir später reiten und tauchen, außerdem kann sich Ryza nun mit einem Sprung an kleinen Abhängen hochziehen. Neu sind dabei Rastpunkte. An diesen können Ryza und ihre Freunde am Lagerfeuer eine Pause einlegen, schlafen oder kochen. Wenn wir schlafen, wechseln wir die Tageszeit und können so besonders gefährlichen Monstern, die nur nachts unterwegs sind, entgehen. Wenn wir kochen, werden unsere Lebenspunkte wieder aufgefüllt und wir erhalten nützliche Boni. Je nach gekochter Mahlzeit erhalten wir dadurch nach Kämpfen einen Bonus auf Erfahrungspunkte, oder steigern für bestimmte Zeit Attribute wie Angriff oder Verteidigung. An bestimmten Orten dürfen wir zudem kleine Ateliers für Ryza bauen und diese dann sogar erweitern und aufwerten.
Neben der unterhaltsamen Hauptgeschichte erhalten wir im Laufe von Atelier Ryza 3 zudem zahlreiche Nebenaufgaben, die in World, Character, Normal, Party und Random aufgeteilt sind. Die Charakter-Quests erhalten wir beispielsweise von unseren Party-Mitgliedern und können dabei kleine Geschichten um Ryzas Freunde erleben. Partyquests dagegen sind eher kleinere Aufgaben, die beispielsweise das Synthetisieren bestimmter Gegenstände oder das Einsetzen bestimmter Fähigkeiten im Kampf erfordern, um neue Skills oder sonstige Boni für die Gruppe freizuschalten. Normale Quests sind dagegen genau wie Random-Quests (also Zufalls-Quests) eher simpel und bezeichnen Aufgaben, die wir von Nebencharakteren gestellt bekommen. Während normale Quests dabei noch eine kleine Geschichte erzählen, sind die Zufalls-Quests sehr einfache Aufträge, die aber teils recht wertvolle Belohnungen abwerfen. World Quests stellen dagegen das genaue Gegenteil dar. Dabei handelt es sich oftmals um weitreichende Quests, welche Einfluss auf die Welt nehmen und mit großen Ereignissen abseits der Hauptgeschichte zusammenhängen. Gerade diese Vielfalt an verschiedenen Aufgaben lässt uns sehr gerne vom Weg abschweifen und die Hauptgeschichte mal ein paar Stunden komplett liegen lassen, um einem der Nebenhandlungsstränge zu folgen. Dies macht besonders viel Spaß, da gerade hier auch die gewohnten Slice-of-Life-Elemente besonders zum Tragen kommen.
Alchemie mit einigen Neuerungen
Was wäre ein Atelier-Spiel ohne die Alchemie? Im Kern wurde eigentlich nur wenig an dem bekannten System geändert. Wie schon in den beiden direkten Vorgängern suchen wir zuerst ein Rezept aus und müssen dann die verschiedenen Bereiche mit den korrekten Zutaten füllen. Je besser die Qualität der Zutaten, desto besser wird das Ergebnis. Daneben achten wir auf die elementaren Eigenschaften der Zutaten, mögliche übertragbare Effekte oder andere Eigenschaften der Zutaten. Insgesamt ist das System genauso eingängig und unkompliziert wie in den Vorgängern, eröffnet aber in der Tiefe durchaus Komplexität. Neu ist auch hier natürlich die Verwendung der verschiedenen magischen Schlüssel. In der Alchemie wirkt sich der gewählte Schlüssel auch auf die zusätzlichen Boni oder Eigenschaften des fertigen Gegenstandes aus. Dabei ist es immer sinnvoll, sich die Eigenschaften der einzelnen Schlüssel genau anzusehen und abzuwägen, ob ein Einsatz eines Schlüssels sinnvoll ist oder nicht. Besonders gut gefällt uns dabei, dass durch die Schlüssel dem Synthetisieren eine weitere zusätzliche Tiefe gegeben wird, ohne aber das bekannte und geschätzte Alchemie-System unnötig aufzublähen.
Neu sind zudem die sogenannten Super Traits. Dabei handelt es sich wie der Name schon vermuten lässt um ganz besondere seltene und starke Eigenschaften, die sich einmalig auf das herzustellende Objekt übertragen lassen. Der Knackpunkt dabei ist, dass diese Super Traits nur in wenigen Zutaten vorkommen, weshalb eine Verwendung in der Alchemie gut überlegt sein will. Insgesamt sind die Super Traits genauso wie die Schlüssel eine sinnvolle Bereicherung des Alchemie-Systems, durch die wir nicht nur noch stärkere und seltenere Objekte herstellen können, sondern auch noch stärker über die Verwendung von Zutaten nachdenken müssen.
Schöne Grafik und stimmungsvolle Soundkulisse
Grafisch orientiert sich Atelier Ryza 3 an den Vorgängern und setzt wie diese auf einen bunten Anime-Stil, der besonders bei den Charakteren gut zur Geltung kommt. Charakterdesigner Toridamono erschuf auch hier wieder detaillierte und ansprechende Charaktere mit hohem Wiedererkennungswert. Zudem ist Atelier Ryza 3 der grafisch bisher schönste Teil der langlebigen Rollenspiel-Serie. Stimmungsvolle Landschaften, aufwendige Effekte und die typischen niedlichen Monsterdesigns der Reihe lassen uns gelegentliche Schwächen der Grafik wie ein paar verwaschene Texturen und einige nicht ganz saubere Animationen vergessen. Wahlweise dürfen wir auch zwischen einem Qualitäts- und Performance-Modus wählen, wobei uns in keinem der Modi größere technische Probleme aufgefallen sind. Lediglich im Qualitäts-Modus sind uns sehr kleine Ruckler oder Nachlade-Momente aufgefallen, die jedoch nicht wirklich ins Gewicht fallen.
Die immer stimmungsvolle, oft verspielte aber manchmal auch düstere oder ernste Musik trägt ebenfalls viel zur Gesamt-Atmosphäre bei. Ebenso gelungen ist die hervorragende japanische Sprachausgabe. Jeder der Sprecherinnen und Sprecher ist gut gewählt und schafft es, den Charakteren Leben einzuhauchen. Zwar sind nicht alle Szenen auch vertont, aber dies wirkt sich durch die sehr guten englischen Texte nicht negativ aus. Insgesamt weiß Atelier Ryza 3 audiovisuell vollends zu überzeugen und sorgt stets für eine stimmungsvolle Fantasy-Atmosphäre.
Geschrieben von Markus Schoenenborn und Alexander Geisler
Fazit:
Ich bin zwar nicht so ein riesiger Fan der Atelier-Reihe wie mein NMag-Kollege Alex, aber dennoch spiele ich schon Mal sehr gerne einen Teil der Reihe, wobei mir neben den schönen Charakterdesigns besonders die angenehm ruhige und entspannte Atmosphäre gefällt. Besonders viel Erfahrung habe ich dabei mit der Arland-Trilogie auf der PlayStation 3 gemacht und habe von der Ryza-Trilogie zumindest den direkten Vorgänger Atelier Ryza 2 gespielt. Dabei hat besonders die Abschaffung des in den alten Teilen der Serie noch vorhandenen Zeitlimits gefallen, denn nur so kann ich endlich ungestört meinen alchemistischen Experimenten nachgehen. Gerade das Alchemie-System macht unglaublich viel Laune und die lockere, unaufgeregte Stimmung der Reihe wirkt wie ein Erholungsurlaub von den oftmals dramatischen und epischen Geschichten der Genre-Kollegen. Allerdings setzt Atelier Ryza 3 eine gewisse Kenntnis der beiden direkten Vorgänger voraus und richtet sich ganz klar an Spieler, welche bereits einige Abenteuer mit Ryza und ihren Freunden erlebt haben. Insgesamt ist Atelier Ryza 3 ein toll spielbares, spaßiges Fantasy-Abenteuer. Atelier-Fans greifen sowieso zu, aber auch andere Rollenspiel-Fans sollten einmal einen Blick riskieren, auch wenn diese eher zum ersten Teil der Trilogie greifen sollten um nicht überfordert zu werden. Es lohnt sich auf jeden Fall!