Atelier Sophie: The Alchemist of the Mysterious Book DX – TEST

Nach den PlayStation-3-Atelier-Spielen haben Koei Tecmo und Gust auch die Mysterious-Trilogie der Rollenspiel-Reihe als DX-Version für Nintendo Switch portiert. Das 2015 beziehungsweise 2016 erstmals erschienene Atelier Sophie: The Alchemist of the Mysterious Book DX stellt den Auftakt der Trilogie dar.


Atelier Sophie: The Alchemist of the Mysterious Book DX setzte bei der Erstveröffentlichung 2015 auf altbekannte Stärken der Reihe, brachte aber auch eine entscheidende Innovation. Auf das bisher gängige Zeitmanagement verzichtet das Rollenspiel. Dadurch können wir Sophies Geschichte im Gegensatz zu den direkten Vorgängern komplett ohne Zeitdruck erleben. Gänzlich verzichtet wird auf einen Tages-, Wochen- und Monatszyklus allerdings nicht. Relevant ist dieser jedoch vor allem für Stärke und Auftreten von Monstern, Ereignisse, Orte an denen sich Bewohner der Stadt Kirchen Bell aufhalten sowie einige Nebenaufgaben. Damit gestaltet sich der siebzehnte Serienteil entspannter als die Vorgänger. Wer jedoch eher die neueren Atelier-Spiele wie Atelier Lulua oder beide Atelier-Ryza-Teile kennt, wird keinen Unterschied erkennen.

Verlorene Erinnerungen

Protagonistin von Atelier Sophie DX ist die namensgebende Sophie. Zu Beginn des Spiels lebt sie alleine im ehemaligen Atelier ihrer verstorbenen Großmutter, die als begabte Alchemistin tätig und bekannt war. Sophie träumt davon genauso gut wie ihre einzige Verwandte zu werden und den Menschen der Stadt Kirchen Bell mit ihrer Alchemie helfen zu können. Allerdings scheitert sie regelmäßig und ihre Herstellungsversuche verpuffen in Rauch und Chaos. Trotzdem wendet sich Sophies Freundin Monika an sie, als dringend etwas Medizin benötigt wird. Bei der Suche nach dem richtigen Rezept stößt Sophie auf ein seltsames Buch ihrer Großmutter, das kurzerhand zu sprechen und fliegen beginnt. Den ersten Schrecken überwunden, erfährt Sophie, dass das Buch Plachta heißt und alle Erinnerungen verloren hat. Natürlich will Sophie Plachta helfen. Dafür muss sie die Seiten des Buches mit Alchemie-Rezepten füllen und sich entsprechend in ihrer Profession verbessern. Mit der Zeit erfahren wir mehr über Plachtas Vergangenheit und was wirklich hinter dem sprechenden Buch steckt. Obwohl die Geschichte eher langsam in Fahrt kommt, lange Zeit vor sich hin tröpfelt, kaum überraschende Wendungen präsentiert und erst sehr spät etwas spannender wird, ist sie nie langweilig. Stets waren wir motiviert, mehr zu erfahren und die nächste Erinnerung zu enthüllen.

Zu verdanken ist das Sophie und Plachta. Die beiden Hauptfiguren weisen zwar ein paar stereotypische Eigenschaften auf, dennoch sind sie sympathisch und sind uns schnell ans Herz gewachsen. Ähnliches gilt auch für die überschaubare Anzahl an individuellen, eigenwilligen Nebencharakteren. Relativ schnell wächst die Figurenzahl. Sophie lernt immer wieder jemand Neuen kennen und fortan bereichert diese Person Kirchen Bell. Stets dürfen wir die eher trist und etwas steril umgesetzte Stadt erkunden und begegnen dabei auch den Nebencharakteren. Allerdings halten diese sich, abhängig von der Tageszeit, immer am selben Ort auf. Sehen wir mittels Karte, dass jemand woanders ist, können wir davon ausgehen, dass ein Ereignis ansteht. Diese Ereignisse sind ein wichtiger Teil von Atelier Sophie DX. Sie bereichern die Geschichte mit alltäglichen Geschehnissen, Nebenaufgaben und Charakter bezogenen Handlungssträngen. Langsam entwickelt sich die Freundschaft mit den Nebenfiguren, was wiederum neue Events mit sich bringt und manchmal sogar größeren Einfluss hat. Gerade das Zusammenspiel aus Haupthandlung, bei der wir meist nur versuchen die Bedingungen für die nächste Erinnerung zu erfüllen, und den Charaktergeschichten zeichnet Atelier Sophie aus und sorgt dafür, dass wir immer etwas zu tun haben und uns nie langweilig wird. Dadurch fühlt sich die Story allerdings oft eher nach Slice of Life und Coming of Age an. Große Abenteuer oder weltbewegende Ereignisse bleiben weitgehend aus, auch wenn sich wichtigere Mysterien bereits früh zeigen. Unterstrichen wird die Ausrichtung von der eher entspannten, fröhlichen Atmosphäre, die nur selten ernstere oder düstere Züge annimmt.

Leben als Alchemistin

Wie in jedem Atelier-Spiel nimmt Alchemie eine große Rolle in Atelier Sophie ein und stellt eine der zentralen Gameplay-Mechaniken dar. Noch bevor wir die Stadt das erste Mal verlassen, lernen wir die Grundlagen der Herstellung von Gegenständen mittels Alchemie. In Sophies zu Hause, das gleichzeitig auch als Atelier dient, steht ein riesiger Kessel. Nutzen wir diesen, beginnen wir mit der Alchemie, die sich als durchaus komplex, aber nicht kompliziert herausstellt. Als erstes gilt es das passende Rezept zu wählen. Für die Herstellung benötigen wir stets die richtigen Zutaten. Dabei können entweder bestimmte Materialien oder Gegenstände vorgegeben sein oder auch nur eine Zutatenart wie Wasser oder Pflanze. Anschließend wählen wir die notwendigen Zutaten aus. Größe, Farbe und Qualität spielt dabei eine wichtige Rolle, da wir die Materialien in unserem Kessel platzieren können. Im Verlauf des Spiels erhalten wir unterschiedliche Kessel, die verschiedene Effekte haben. Wir dürfen sogar Neue herstellen, um noch bessere Grundvoraussetzungen zu haben.

Optisch ist der Kessel in ein Rasterfeld eingeteilt. Je nach Kessel unterscheidet sich dabei die Größe. Unser Anfangskessel ist beispielsweise vier mal vier Felder groß. Da jede Zutat über eine andere Größe und Form verfügt, ist es nicht immer einfach alles problemlos im Kessel zu platzieren. Es ist aber sinnvoll überlegt vorzugehen und nicht einfach Zutaten übereinander zu legen. Das ist zwar möglich, die Effekte des zuerst platzierten Materials werden jedoch nicht mehr gewertet und wir erreichen eventuell ein schlechteres Ergebnis. Wichtig ist auch, dass wir die Farben berücksichtigen, die Zutaten entsprechend der Farbgebung platzieren und darauf achten, welche Effekte der herzustellende Gegenstand und welches Material wie Einfluss darauf nimmt. Nur wenn wir überlegt vorgehen, erhalten wir am Ende ein hochwertiges Ergebnis. Später im Spiel dürfen wir die hergestellten Objekte zusätzlich mit bis zu drei Eigenschaften ausstatten. Tatsächlich erinnert uns das Alchemie-System fast schon an ein kleines Puzzle-Spiel und es macht Spaß sich daran zu versuchen die Zutaten möglichst sinnvoll zu platzieren und einen hochwertigen Gegenstand herzustellen.

Gefahrenvolle Erkundung

Um überhaupt Alchemie anwenden zu können, benötigen wir wie bereits erwähnt unterschiedliche Zutaten. Einige wenige können wir zwar in Kirchen Bell bei Händlern kaufen, weitaus mehr, oft qualitativ hochwertigere und seltenere, finden wir aber außerhalb der Stadt. Über eine Karte reisen wir zu unterschiedlichen Orten wie Wäldern, Seen oder Höhlen. Dabei müssen wir aber beachten, dass die Bewegung über die Karte Zeit kostet und das nicht gerade wenig. Deshalb müssen wir gut planen, wann wir aufbrechen und wie weit wir uns von Kirchen Bell entfernen wollen. Besonders wenn ein Ereignis bevorsteht, ist Planung essenziell.

Die verschiedenen Orte fallen meist eher überschaubar aus. Manchmal sind sie jedoch in mehrere Abschnitte eingeteilt. Hier sammeln wir an vorgegebenen Punkten Zutaten, allerdings vergeht auch dabei stets etwas Zeit. Selbiges gilt, wenn wir auf Gegner treffen und es zum Kampf kommt. Da die Monster stets zu sehen sind, können wir entscheiden, ob wir uns auf eine Konfrontation einlassen oder nicht. Kommt es zum Kampf, wechselt das Geschehen in einen entsprechenden Kampfbildschirm. Die Auseinandersetzungen finden klassisch rundenbasiert statt. Wir wählen für unsere bis zu vier Charaktere große Gruppe unterschiedliche Aktionen wie Angriff, Verteidigen, Fähigkeit oder Gegenstand einsetzen aus. Eine Leiste am linken Bildschirmrand zeigt uns die Zugreihenfolge, die davon abhängt, wie wir angreifen. Wichtig ist zudem unsere Stellung. Offensiv richten wir mehr Schaden ein, sind aber auch für gegnerische Attacken anfälliger. Defensiv hingegen ist unsere Verteidigung gestärkt. Nehmen mehrere Charaktere dieselbe Stellung ein, werden bei entsprechend gefüllter Anzeige automatisch Kombo-Aktionen wie gemeinsame Angriffe oder schützende Verteidigung ausgelöst. Alles in allem sind die Kämpfe eher simpel und wenig taktisch, aber gerade später im Spiel durchaus herausfordernd. Achten wir nicht auf unsere Charaktere, nutzen Schwächen und Stärken nicht sinnvoll oder werden leichtsinnig, sterben wir recht schnell. Ein Game Over gibt es aber nicht. Stattdessen landen wir wieder in unserem Atelier und verlieren lediglich einen Teil der gesammelten Zutaten.

Nebenbeschäftigungen

Wie bereits erwähnt, nehmen Sophies Freunde eine große Rolle ein. Immer wieder werden wir darum gebeten Gegenstände herzustellen oder etwas außerhalb von Kirchen Bell zu finden. Diese Nebenaufgaben steigern das Freundschaftslevel und bringen neue Ereignisse. Abseits davon können wir außerdem Aufträge annehmen. Diese gestalten sich eher standardmäßig. Wir sollen bestimmte Gegner töten oder eine festgelegte Zahl an Gegenständen abliefern. Als Belohnung winken neben Geld auch Voucher, die wir bei Kellnerin Tess gegen besonders seltene Objekte eintauschen dürfen. Gerade letzteres sorgt dafür, dass wir die eher drögen Aufträge gerne annehmen. Da sie aber auch eine unserer wichtigsten Einnahmequellen sind, sind sie essenziell, lassen sich jedoch meist nebenbei erfüllen. Geld benötigen wir neben Materialien, um Waffen und Kleidung herstellen oder verbessern zu lassen.

Technisch war Atelier Sophie schon 2015 auf der PlayStation 4 nicht auf der Höhe der Zeit. Grund dafür dürfte die gleichzeitige Veröffentlichung auf PS Vita sowie in Japan auf der PlayStation 3 sein. Trotzdem ist das Rollenspiel keineswegs unansehnlich. Zwar fällt Kirchen Bell etwas steril aus und auch die Umgebungen außerhalb der Stadt weisen matschige Texturen und manchmal Detailarmut auf, dennoch fügt sich alles gut zusammen. Besonders die Charaktermodell wissen aber auch heute noch zu überzeugen und stehen eindeutig im Mittelpunkt der optischen Gestaltung. Untermalt wird Atelier Sophie von einem meist fröhlichen, entspannten, manchmal aber auch treibenden und gefahrvollen Soundtrack, der gut zum Spiel passt. Ebenfalls gelungen sind die japanische und englische Sprachausgabe sowie die englischen Texte. Auf eine deutsche Übersetzung wurde auch in der DX-Neuauflage wenig überraschend verzichtet. Abgerundet wird die DX-Version mit einigen neuen Inhalten, ursprünglichen DLCs sowie einer Sprintfunktion, einer Vorspulmöglichkeit in Kämpfen und einem Foto-Modus. Außerdem umfasst Atelier Sophie DX ein digitales Art Book zum Spiel, das ebenfalls auf die Switch heruntergeladen werden darf.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

 

Atelier Sophie: The Alchemist of the Mysterious Book DX mag eine eher seichte Geschichte ohne große Überraschungen erzählen und ist auch in der Präsentation etwas steif, hat es aber trotzdem geschafft mich wieder großartig zu unterhalten. Es macht einfach Spaß mit Sophie zu versuchen Plachtas Erinnerungen wiederherzustellen und parallel allerlei Ereignisse aus dem Alltag der Alchemistin zu erleben. Das Rollenspiel lebt eindeutig vom komplexen Alchemie-System und den liebenswerten Charakteren. Gerne helfe ich Monika, Oskar, Julio und all den anderen bei ihren Problemen, stelle Gegenstände für sie her und zähle selbst auf ihre Hilfe, wenn es beim Erkunden zu Kämpfen kommt. Sicher, allzu spannend ist Atelier Sophie selten und erst gegen Ende zieht die Geschichte richtig an. Selbst die angedeuteten Mysterien bleiben lange Zeit eher eine Randerscheinung. Dafür wissen Charakterstories, Nebengeschichten und der Coming-of-Age-artige Figurenwachstum sowie Slice-of-Life-Anleihen zu überzeugen. Atelier-Fans werden sicher Spaß an Atelier Sophie haben, auch wenn der siebzehnte Serienteil nicht der beste ist und gerade spätere Spiele wie Atelier Ryza in vielen Diziplinen besser abschneiden. Eine Empfehlung ist der Auftakt der Mysterious-Trilogie aber gerade für Fans der Reihe trotzdem.