Atelier Ryza: Ever Darkness & the Secret Hideout – TEST

Nach dem Crossover-Ableger Nelke & the Legendary Alchemists: Ateliers of the New World und der Arland-Trilogie-Fortsetzung Atelier Lulua: The Scion of Arland hat Entwickler Gust mit Atelier Ryza: Ever Darkness & the Secret Hideout einen neuen Teil mit neuer Alchemistin und Welt veröffentlicht.


Als namensgebende Reisalin „Ryza“ Stout verbringen wir zu Beginn des Spiels unsere Tage als abenteuerlustige Jugendliche mit unseren Freunden Lent Marslink und Tao Mongarten. Als Bewohner der abgelegenen Insel Kurken Island ist das Leben des Trios wenig spannend, weshalb Ryza sich immer wieder etwas Neues einfallen lässt. So brechen die Drei eines Tages zum Festland auf. Dort retten sie die Händlerstochter Klaudia Valentz vor einem Monster, müssen aber kurz darauf vom Alchemisten Empel Vollmer und der Kriegerin Lila Decyrus selbst vor einer gefährlichen Bestie beschützt werden. Damit beginnt Ryzas Interesse an der Alchemie und sie beschließt von Empel alles zu lernen, was eine gute Alchemistin ausmacht. Lent hingegen trainiert mit Lila Kampfkünste und Tao lässt sich von Empel eine alte Sprache beibringen.

Alchemistenabenteuer mit Frischzellenkur

Ryzas Abenteuer ist der mittlerweile einundzwanzigste Teil der Rollenspiel-Reihe. In vielen Punkten bleibt Atelier Ryza: Ever Darkness & the Secret Hideout seinen Vorgängern treu, wagt jedoch entscheidende Neuerungen, um für frischen Wind zu sorgen. Beginnt die ausschließlich mit japanischer Sprachausgabe und englischen Texten erzählte Geschichte noch etwas seicht und schleppend, zieht die Handlung mit der Zeit immer mehr an und wird zusehends spannender. Dabei setzt das Rollenspiel auf die gewohnt angenehme, eher fröhliche Grundstimmung, vermischt diese aber mit ernsten und düsteren Themen. Dadurch wirkt Atelier Ryza zeitweise erwachsener und realistischer als manch Vorgänger, ohne die typische Atmosphäre der Reihe einzubüßen. Zugleich kann die Geschichte, sobald sie Fahrt aufgenommen hat, fesseln und bis zum Ende motivieren.

Beim Gameplay fällt Atelier Ryza vertraut aus. Wir erkunden die eher überschaubaren Abschnitte der verschiedenen Regionen, sammeln Materialien, bekämpfen Monster und stellen mit Alchemie neue Gegenstände her. So weit, so vertraut. Bleibt bei Erkundung und Quests alles wie gehabt, hat Entwickler Gust den beiden wichtigsten Gameplay-Elemente einer Frischzellenkur unterzogen. Gemeint sind natürlich die Kämpfe und das Alchemiesystem. Haupt- und Nebenquests hingegen erfordern vorwiegend das Untersuchen von Orten, Finden von Materialien, Besiegen von Gegnern oder Herstellen von Gegenständen. Dafür werden wir mit kleineren, mal interessanten, mal witzigen Nebengeschichten rund um die Bewohner und Besucher von Kurken Island belohnt.

Neue Alchemie

Wie üblich in der Atelier-Reihe steht mit Ryza eine angehende Alchemistin im Mittelpunkt der Geschichte. Sobald wir Empel getroffen und erste Aufgaben für ihn erfüllt haben, dürfen wir uns selbst am großen Kessel in der Herstellung von Gegenständen versuchen. Dafür benötigen wir Rezepte, die wir etwa in Büchern finden können oder als Weiterleitung bei der Herstellung von anderen Objekten entdecken. Der Aufbau der Synthese von Rezepten lässt sich am ehesten mit Skillbäumen vergleichen. Ausgehend von einem Startpunkt gehen mehrere Verbindungen zu weiteren Knotenpunkten ab. An jedem Punkt können wir Materialien hinzufügen und so nicht nur die Möglichkeiten der Synthese erweitern, sondern auch Fähigkeiten hinzufügen. Dafür benötigen wir allerdings die richtigen Materialien oder zumindest Zutatenarten.

Verfügt ein Rezept über eine Weiterleitung zu einem neuen Gegenstand, ist dies als eigener Knotenpunkt dargestellt. Erreichen wir diesen und verfügen über die richtigen Materialien, können wir zur Synthese des neuen Rezeptes wechseln und dieses somit erlernen. Auf diese Weise können wir mit der Zeit immer mehr und immer besser Items herstellen. Abhängig ist die Qualität vorwiegend von der Hochwertigkeit der verwendeten Materialien. Bestimmte Knotenpunkte können allerdings ebenfalls Boni auf die Qualität gewähren.

Gewonnene Dynamik

Neue Materialien finden wir überall in der Welt. Egal ob auf Kurken Island, in Wäldern, am Strand, in Ruinen, in Höhlen oder an anderen Orten. Allerdings warten – abgesehen von der Insel – fast überall Monster auf uns. Wie schon in den Vorgängern laufen die Kämpfe rundenbasiert ab. Kommt es zum Kontakt mit einem in der Welt sichtbaren Gegner, wechselt das Spiel in den Kampf. Im Laufe des Abenteuers können wir hier von den sechs Gruppenmitglieder drei aktiv nutzen. Allerdings wählen wir nicht mehr nacheinander die Aktionen aus und warten darauf, bis wir wieder an der Reihe sind. Die Kämpfe in Atelier Ryza laufen weitaus dynamischer ab als gewohnt.

Am linken Bildschirmrand wird mittels zwei Leisten angezeigt, wann welcher Charakter oder Gegner eine Aktion ausführen darf – und das vollkommen unabhängig von den restlichen Akteueren. Wollen wir einem Gruppenmitglied Anweisungen geben, müssen wir dieses aktiv auswählen, da wir immer nur den gerade gewählten Charakter direkt kontrollieren. Unsere beiden Begleiter agieren vollkommen selbstständig. Mittels Schultertasten können wir aber jederzeit frei wechseln, was einige Möglichkeiten und Taktiken mit sich bringt.

Neben normalen Angriffen dürfen wir auch Zauber und Spezialattacken ausführen. Diese kosten jedoch keine Magie- sondern Aktionspunkte. Dabei handelt es sich um keine charakterspezifische Anzeige. Stattdessen gehören diese Punkte zu einem gemeinsamen Gruppenkonto, das zu Beginn eines Kampfes – sofern keine Erstangriffsvorteile vorhanden sind – auf null steht. Mit erfolgreichen Angriffen sammeln wir langsam Punkte an, die wir wiederum mit Zaubern und Spezialattacken verbrauchen. Alternativ können wir, sobald wird ausreichend Aktionspunkte haben, diese auch nutzen, um unseren Taktiklevel zu erhöhen. Das bringt uns Boni und ermöglicht bei Standardangriffen je Level einen weiteren Schlag. Damit wir in Ruhe Aktionspunkte ansammeln können, dürfen wir jederzeit zwischen zwei Kampfmodi wechseln und somit entscheiden, ob unsere Begleiter nur normale Angriffe einsetzen oder auch Spezialaktionen anwenden. Die Kämpfe sind die vielleicht beste Neuerung von Atelier Ryza und haben sich in der Reihe noch nie so flüssig und schnell gespielt.

Neues Versteck in altem Look

Die letzte große Neuerung von Atelier Ryza ist unser Geheimversteck, das wir nach einiger Zeit erhalten und sogar im Titel des Rollenspiels erwähnt wird. Dabei handelt es sich quasi um unser Atelier, in dem wir uns der Alchemie widmen und mit unseren Freunden reden. Gelegentlich schalten wir neue Teppiche, Wände, Böden, Sofas und dergleich frei und können ein wenig umdekorieren. Die unterschiedlichen Designs bringen sogar kleinere Boni, weshalb ein Wechsel mit der Zeit Sinn ergibt.

Optisch bleibt Atelier Ryza der etwas veralteten Grafik der Reihe treu. Während die Anime-Charaktermodelle der Hauptfiguren sowie wichtiger Nebenfiguren mit allerlei Details aufwarten können, fallen die Umgebungen mit matschigen Texturen auf. Dafür können die Effekte in den Kämpfen genauso wie das Monsterdesign weitgehend überzeugen. Außerdem läuft das Spiel sowohl im Handheldmodus als auch am Fernseher ohne nennenswerte technische Probleme oder gar Framerate-Einbrüche. Untermalt wird das Geschehen von einem wunderbaren Soundtrack, der stets die Stimmung unterstützt und teilweise sogar Ohrwurmcharakter hat. Atelier Ryza ist damit unerwartet innovativ für die Reihe, ohne den Kern der Rollenspiele von Gust zu verlieren und hat uns gleichermaßen mit dynamischen Kämpfen, gelungenem Alchemiesystem und motivierender Geschichte überzeugt.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

Obwohl die Atelier-Reihe in manchen Punkten veraltet oder etwas klobig wirken mag, habe ich seit einigen Teilen immer wieder viel Spaß mit den Rollenspielen von Entwickler Gust. Atelier Ryza: Ever Darkness & the Secret Hideout hat mich schnell mit den durchaus liebenswerten Charakteren überzeugt und mit der Zeit hat mich die immer spannendere Geschichte sogar gefesselt. Dazu kommen ein interessantes Alchemiesystem sowie die dynamischeren Kämpfe. Beides sorgt für die notwendige Frische innerhalb der Reihe und bringt ausreichend Neuerungen, um sich gegenüber den Vorgängern abzusetzen. Dem gewohnten Weg der Atelier-Spiele bleibt der mittlerweile einundzwanzigste Teil aber weiterhin treu. Deshalb können all jene, die bereits mit den Vorgängern Spaß hatten, zugreifen. Wer mit der Atelier-Reihe bisher jedoch nicht warm geworden ist, dürfte auch mit Ryzas Abenteuer wenig anfangen können – sofern die dynamischeren Kämpfe nicht ausreichend sind, um das gemächliche Gameplay genügend aufzufrischen.