Bad North – TEST

Zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert unserer Zeitrechnung gingen die Wikinger auf Raubzüge und versetzten somit die Bevölkerung in Angst und Schrecken. In Bad North vom schwedischen Entwicklerstudio Plausible Concept geht es um die Abwehr der gemeinen Plünderer.


Wer auf eine tiefgründige Geschichte hofft, die sich mit der Lebensweise der Wikinger, ihren Intentionen und vielleicht auch ein wenig der nordischen Mythologie beschäftigt, wird in Bad North nicht fündig werden. Beim Titel aus dem Jahr 2018 handelt es sich um ein minimalistisches Strategiespiel, das mit seinem aus verwaschenen Farben bestehenden Look dennoch Stunden an den Bildschirm fesseln kann. Wir schlüpfen in die Rolle von verschiedenen Verteidigern – welche das sind, ist von Spieldurchgang zu Spieldurchgang unterschiedlich. Über besondere Attribute verfügen diese grundsätzlich nicht, sodass einzig und allein das Charakterporträt am unteren Bildschirmrand darüber entscheidet, ob wir Sympathie zu den Figuren aufbauen wollen.

Kleine Inseln bilden die Spielwelt von Bad North, die meist rechteckig und fast schon quadratisch aufgebaut sind. Topografisch unterscheiden sich die Inseln lediglich in ihrer Struktur, so ragen Felsen und kleinere Hügel aus dem Boden. Auf jeder Insel befinden sich noch dazu verschiedene Gebäude beziehungsweise Wohnhäuser, die unsere Truppen vor den brandschatzenden Angreifern verteidigen müssen. Diese attackieren die Insel in regelmäßigen Angriffswellen, die fließend ineinander übergehen. Einzig und allein die erste und vor allem die letzte Angriffswelle, die im späteren Spielverlauf mit immer mehr Wikingern deutlich heftiger ausfällt als noch zu Beginn, werden vorher angekündigt.

Einheiten-Einmaleins

Sonderlich viel müssen wir anfangs nicht tun, wenn aus der frei justierbaren Kamera aus der versetzten Vogelperspektive Boote mit den Angreifern zu sehen sind. Zu Beginn reicht es aus, sobald das akustische Hornsignal erklingt, unsere Truppen am Strand zu positionieren. Je weiter wir in Bad North allerdings vorankommen, desto weniger geht dieser schlichte und einfache Plan auf. Plötzlich befinden sich auf so manchem Boot auch noch Bogenschützen, die unsere Truppen nur allzu gerne als Zielübung missbrauchen. Also müssen die Truppen zunächst außerhalb der Reichweite der Schützen positioniert und erst dann kommandiert werden, wenn die Feinde am Strand angelangt sind.

Jedes Mal heißt es schnell zu handeln, denn die Wohnhäuser halten nur wenige Angriffe der Feuerteufel aus, bis sie schließlich in Schutt und Asche liegen. Die Schlacht kann zwar auch dann gewonnen werden, wenn alle Gebäude zerstört worden sind, doch erhalten wir dann am Ende keine Belohnung in Form von Goldmünzen, die wir den Anführern der jeweiligen Einheiten spendieren. Außerhalb der Schlacht investieren wir den Sold der Figuren in verschiedene Upgrades. So können wir die standardmäßigen Einheiten zunächst zu Infanteristen, Pikenieren oder Bogenschützen befördern, um sie später mehrfach zu stärkeren Einheiten zu graduieren. Noch dazu können unsere Charaktere mächtige Spezialangriffe erlernen, die sie im Kampf einsetzen dürfen.

Reise übers Meer

Infanteristen können beispielsweise von einer Klippe aus mit einem Angriff darunterstehende Feinde attackieren und Pikeniere sausen mit ihren Lanzen in Gegnerhorden hinein. Jede Aktion kann nur in Intervallen eingesetzt werden, sodass die Abklingzeit den taktischen Ansatz des Spiels vertieft. Nach jeder Schlacht vergeht im Übrigen eine Runde, die die Reise unserer Charaktere immer weiter zum rechten Kartenrand drängt, da die Karte am linken Bildschirmrand immer weiter abgeschnitten wird. Da es auf manchen Inseln Ausrüstungsgegenstände wie im Kampf zu werfende Bomben oder weitere Spielfiguren aufzulesen sind, müssen hier und da wichtige Entscheidungen getroffen werden.

Im Endeffekt ist es aber immer ratsam, die Truppenstärke zu erhöhen. Maximal vier Charaktere können unsere Armee in einer Schlacht bilden. Das Kommandieren funktioniert per Knöpfchensteuerung im Handheld-Modus oder über den Pro Controller gut, wesentlich besser funktioniert jedoch die Touchscreen-Steuerung, auf die der Titel zugeschnitten scheint. Die Zoomfunktion, wie es mit zwei Fingern ähnlich wie bei Smartphones oder Tablet-PCs ausgeführt wird, fühlt sich aber ein wenig umständlich an, da immer nur zentral vergrößert oder verkleinert wird und die Kamera danach noch manuell verschoben werden muss. Ebenso ärgerlich ist die doppelte Bestätigung beim Bewegen der Spielfiguren, was bei der puren Steuerung per Cursor über die Knöpfchensteuerung entfällt.

Leicht zu erlernen, peu á peu zu meistern

Mit der Zeit gehen die Steuerungsarten jedoch in Fleisch und Blut über, zumal beide Varianten sehr einsteigerfreundlich sind. Positiv fällt auch auf, dass sobald eine Einheit befehligt wird, das Geschehen stark verlangsamt abläuft. Im Rahmen der Zeitlupe können wir sämtliche Befehle wesentlich besser planen. Ausruhen sollten wir uns aber dennoch nicht, da vor allem in der zweiten Spielhälfte mehrere Boote gleichzeitig die Inseln erreichen und wir kaum Luft holen können. Da ist es von Vorteil, alle Figuren und Fähigkeiten zu kennen. Sind die Einheiten verletzt, sollten wir sie zudem schleunigst in einem Wohnhaus kurieren lassen, damit sie den nicht den Heldentod sterben.

Des Weiteren ist der Tod in Bad North permanent, was die ganze heikle Angelegenheit noch einmal verschärft. Auch wenn regelmäßig neue Truppen angeheuert werden können, sind alle Upgrades mit dem Tod der Spielfigur unwiderruflich verloren – neue Einheiten haben kein Vorwissen und sind dementsprechend schwach. Im Test hat sich gezeigt, dass die Drittelung oder Halbierung der Armeestärke spätestens in der darauffolgenden Schlacht zum Game-Over-Bildschirm führt. Hier sollte das Entwicklerstudio aus Malmö nachträglich noch etwas an der Balance feilen oder einen leichten Schwierigkeitsgrad per Patch nachreichen, damit Gelegenheitsspieler, die sich durch die schlichte Präsentation wohl als erstes angesprochen fühlen, vom sonst wirklich gelungenen Lückenfüller nicht vergrault werden.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Bad North ist ein minimalistisches Strategiespiel, das vor allem für Erholungsphasen zwischendurch geeignet ist. Jede Insel lässt sich in wenigen Minuten vor den angreifenden Wikingern verteidigen und als Belohung winken Goldmünzen, mit denen die Truppen graduiert und somit verstärkt werden können. Dieses Konzept ist zwar nicht neu, funktioniert im Spiel von Plausible Concept jedoch außergewöhnlich gut. Bis auf die Tatsache, dass die Balance nach dem Tod einer Spielfigur stark kippt und die sonst wirklich gute Touchscreen-Steuerung mit kleinen Defiziten in puncto Zoomfunktion und doppelter Bestätigung von Aktionen ein wenig ärgerlich sein kann, läuft in Bad North auch sonst alles wie es sollte. Der optische und akustische Minimalismus sorgen dafür, dass der Einstieg ins Spielgeschehen jederzeit aufs Neue gelingt. Durch die Spielstruktur und das Konzept wird deutlich, dass der Titel über Tage oder gar Wochen hinweg immer mal wieder gestartet werden möchte. Freizeit-Strategen kommen um Bad North nicht herum!