Beyond Good & Evil (20th Anniversary Edition) – TEST

Im Jahr 2003 veröffentlichte Ubisoft mit Beyond Good & Evil ein bislang einzigartiges Spiel, das zwar finanziell nicht sonderlich erfolgreich war, aber über zwei Jahrzehnte hinweg eine treue Fangemeinde aufgebaut hat. 2024 erschien der Titel in überarbeiteter Form in einer Jubiläumsausgabe.


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Dass der Nachfolger sehr wahrscheinlich noch in der Entwicklung ist, lassen neue narrative Inhalte in der Ende Juni 2024 veröffentlichten 20th Anniversary Edition von Beyond Good & Evil vermuten. Diese geben einen tieferen Einblick in die Kindheit von Protagonistin Jade, welche zu Beginn des Spiels in den Krieg zwischen dem Planeten Hyllis und den außerirdischen Invasoren namens DomZ hineingezogen wird. Um die Unterjochung durch die DomZ abzuwehren, schließt sie sich einer Widerstandsbewegung an. Mit ihr ist es unsere Aufgabe, diverse Orte zu infiltrieren, als Reporterin Fotos zu knipsen und einer heiklen Verschwörung auf die Schliche zu kommen.

Orientierung an Genregrößen

Beim Gameplay lehnt sich Beyond Good & Evil im Original wie in der 20th Anniversary Edition an etablierten Genregrößen wie The Legend of Zelda: The Wind Waker oder Splinter Cell an. Soll heißen, dass wir uns mit Jade durch dungeonartige Komplexe schleichen, möglichst unbemerkt Wachen ausschalten, aber genauso oft mittels eines Kampfstabs monsterähnliche Kreaturen attackieren und einfache Schalterrätsel lösen. Nebenher finden wir essentielle Gegenstände, welche unter anderem die Lebensenergie von Jade verlängern oder als Schlüssel für Türen fungieren. Kristalle, welche die Gegner fallen lassen, dienen als Währung. Ordentlich absahnen können wir aber eher dadurch, dass wir friedliche wie feindlich gesinnte Lebewesen ablichten. Tierfotografen wären stolz auf uns.

Angespartes investieren wir in Läden oder Automaten für Heilgegenstände oder Kosmetika. Für besondere und oft optionale Errungenschaften erhalten wir darüber Perlen, von denen wir einen Großteil benötigen, um das Spiel abzuschließen. In der Werkstatt tauschen wir die Perlen gegen Erweiterungen für unser Hovercraft ein, mit dem wir übers Meer der relativ offenen Spielwelt düsen. Später kommt ein weiters Vehikel hinzu, über das wir aber nichts verraten wollen. Haben wir beispielsweise die Sprungfähigkeit erworben, stellen Laserstrahlen keine Hindernisse mehr für uns dar. Auf diese Weise öffnet sich die Spiewelt von Beyond Good & Evil nach und nach sehr angenehm.

Knackiges wie kompaktes Abenteuer

Wer das humorvolle Abenteuer durchspielen will, ist zehn bis fünfzehn Stunden beschäftigt. Es macht Spaß, die überschaubare Welt nach allen Geheimnissen abzusuchen und sich diversen Minispielen zu stellen. Dennoch krankt das Spiel an Designfehlern, die schon 2003 alles andere als zeitgemäß waren. Unter anderem lässt sich nur ein manueller Spielstand anlegen. Dadurch, dass es keine Lock-on-Funktion gibt, fühlen sich die Kämpfe öfters hakelig an. Ebenso erklärt das Spiel Funktionen wenig bis gar nicht. Dass wir einen Teil unserer maximalen Lebensenergie an Begleiter abtreten und zurückfordern können, müssen wir selbst herausfinden. Ähnliches betrifft den Umstand, dass wir alle Items im Menü wie in Resident Evil drehen können, was für ein paar Rätsel notwendig ist.

Technisch wurde der Titel generalüberholt und bietet in erster Linie verbesserte Grafiken. Trotzdem läuft die Switch-Version maximal mit dreißig Bildern pro Sekunde nicht durchweg stabil. Wird im Hintergrund in seltenen Fällen zu viel berechnet, geht die Framerate spürbar in den Keller. Auch die Ladezeiten fallen im Gegensatz zu den anderen Versionen länger aus. Der Soundtrack ist dafür atmosphärisch, auch wenn die Musik manchmal zu plötzlich einsetzt. Bei der deutschen Synchronisation stellen sich uns hingegen trotz prominenter Sprecher die Nackenhaare auf. Beyond Good & Evil mag vielleicht kein perfektes Spiel sein, ist aber gerade jenen Genrefans zu empfehlen, welche Action-Adventures mit ermüdenden offenen Spielwelten nicht mehr sehen können. Fans des Originals freuen sich zudem über eine Galerie mit Screenshots und Videos aus der Entwicklung bis zur Veröffentlichung. So sieht eine 20th Anniversary Edition aus!

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Beyond Good & Evil wurde mir über die Jahre hinweg immer wieder von Freunden empfohlen, doch je weiter der ursprüngliche Veröffentlichungstermin in der Vergangenheit lag, desto mehr verabschiedete ich mich von dem Gedanken, den Klassiker jemals nachzuholen. Dieser Umstand änderte sich binnen weniger Tage, denn Ubisoft veröffentlichte die 20th Anniversary Edition des Titels wie aus dem Nichts. Das Spiel entpuppt sich als kompaktes wie ebenso knackiges Action-Adventure, das mit seiner einzigartigen Mischung aus Erkunden, Kämpfen, Rätsellösen und einer kleinen Prise Fotografiesimulation sehr viel Spaß macht. Natürlich hat Beyond Good & Evil nicht nur altersbedingt ein paar Schönheitsfehler wie die nicht lippensynchrone Vertonung, sondern auch Makel, die selbst 2003 nicht mehr zeitgemäß waren. Vor allem die teils hakeligen Kämpfe stören. Die gelegentlich wenig optimale Kameraführung ist mir ebenso ein Dorn im Auge. Auch dass ich nur einen manuellen Spielstand anlegen kann, ist für mich ein Unding. Trotzdem solltet ihr euch davon nicht abschrecken lassen, denn das Spiel ist im Vergleich zu heutigen Genrevertretern erfrischend kurz und ermüdet deshalb kaum bis gar nicht. Bleibt zu hoffen, dass sich die 20th Anniversary Edition von Beyond Good & Evil oft genug verkauft, sodass der Nachfolger früher oder später tatsächlich noch erscheint und der Marke den nötigen Aufwind gibt, den sie meiner Meinung nach wirklich verdient hat.