Chromagun – TEST
Die Waffe, die in Chromagun die Hauptrolle spielt, und auch die Umgebung – eine Teststrecke aus weißen Räumen – kommen uns nicht nur irgendwie bekannt vor, sondern sind ein Wink mit dem Zaunpfahl: Für den Puzzleshooter Chromagun haben die Entwickler sich am Genreprimus Portal orientiert. Das muss nicht schlecht sein. Chromagun macht einige Dinge ähnlich, aber auch viele Dinge anders. Statt physikalisch denkwürdigen Portalen gilt es hier schlicht Farbe zu verteilen.
Farben sind alles
Das Ziel des Spiels ist es, mit einer Chromagun genannten Farbkanone die drei Grundfarben Blau, Gelb und Rot zu schießen, und damit Rätsel zu lösen, um von einem Testraum zum nächsten zu gelangen. Die Farben können bestimmte Gebiete einfärben, meist sind das Streifen an den Wänden, die vom Fußboden bis zur Decke reichen. Die Rätsel bestehen zunächst daraus, dass sogenannte Workerdroids, welche schwebende Kugelroboter sind, an einen bestimmten Ort gelockt werden müssen. Dort aktivieren sie dann Türschalter und wir können – nach einer Ladezeit, die bei den kurzen Anfangsrätseln besonders ins Auge fällt – in den nächsten Raum.
Farben sind der Hauptprotagonist in diesem Spiel, und, so praktisch Farbschießen und -mischen doch ist, gehen damit auch Probleme einher. Farben lassen sich nach der bekannten Farblehre mischen, also etwa Gelb und Blau zu Grün. Doch von da aus geht es nur noch in eine Richtung, nämlich zu Schwarz. Das ist zwar einerseits logisch, doch das bringt dem Spiel auch ein Problem, denn manche Rätsel lassen sich nicht mehr lösen, wenn schwarz gefärbt wurde.
Spieldesign mit Macken
Das Spiel hat hierfür eine notwendige Lösung parat. Es gibt nicht nur einfache Workerdroids, sondern auch aggressive, die sich durch sichtbare Stacheln auszeichnen, die sie ein bisschen wie Seeminen aussehen lassen. Diese Workerdroids können uns umbringen, und das ist, wenn ein Rätsel schiefgegangen ist, auch unsere einzige Chance, weiterzukommen. Vom Spieler zu verlangen, sich quasi selbst umzubringen, weil es keine Lösung gibt die im Rahmen der Spielmöglichkeiten funktioniert, ist schlechtes Spieldesign.
Wenn der einzige Ausweg ein Freitod des Spielers ist, dann mag das in manchen Situationen in manchen Spielen nötig sein, doch ist das niemals gewollt. Es gibt kein Spiel von Nintendo, in dem es nötig wäre, sich umzubringen. Es gibt in Spielen der Super-Mario-Reihe etwa etliche Situationen, in denen wir sterben. Es gibt aber keine, in der wir das selbst herbeiführen müssen, weil es unser einziger Ausweg aus einer Situation ist. Hier ist das leider nötig, denn wenn wir uns ausweglos verfärbt haben, müssen wir die nächstgelegene Stacheldrohne mit Farbe beschießen und sie uns umbringen lassen. Nur dann können wir den Raum von vorn beginnen und weiterkommen
Durchschnittliche Umsetzung
Die Idee des Spiels ist sehr gut und als Erinnerung für Portal taugt es auch. Das Spielprinzip ist anders genug, um Chromagun einen eigenen Stand zu gewähren, so dass es nicht zwangsläufig mit seinem geistigen Vorgänger verglichen werden muss. Doch leider ist das Spiel nicht sehr gut poliert. Die Stimme des deutschen Sprechers ist holprig und gestelzt statt schnippisch und sarkastisch. Es gibt in anderen Spielen sarkastische Computerstimmen, die das besser vormachen.
Die Standard-Shooter-Steuerung auf der Switch funktioniert bei Chromagun leider nur bedingt gut. Es fehlt die Bewegungssteuerung der Joy-Cons, die zum Beispiel bei The Legend of Zelda – Breath of the Wild eine genaue Bogensteuerung ermöglicht oder bei Splatoon 2 das Schießen mit der Farbkanone deutlich präziser macht. Auch diesen Vergleich muss sich Chromagun gefallen lassen: Die Farbe ist bei Splatoon 2 erheblich besser gelungen. Hier wirken die Geschosse, die unsere Waffe verlassen, wie farbige Sprites statt wie farbige dreidimensionale Bälle. Sie hinterlassen keine Farbflecken, weil die Farbe laut der Computerstimme des Spiels ein ganz besonderes Konstrukt ist, das nur auf bestimmten Dingen haftet und da eben vollflächig und nicht nur partiell. Die Erklärung klingt unausgegoren und das Farbenschießen selbst ist kein großer Spaß.
Geschrieben von Arne Ruddat
Fazit:
Leider ist Chromagun kein Meilenstein geworden, sondern nur ein durchschnittliches Spiel. Es gibt zwar mit der Farbkanone eine faszinierende neue Idee, die interessante neue Rätsel möglich macht. Doch scheint das Spiel für niemanden die beste Wahl zu sein. Wer sich gern durch einen Testparcours schießt, greift zu Portal. Wer Farben schießen möchte, nimmt Splatoon. Und wer nach Rätseln sucht, der wird auch anderswo fündig. Chromagun ist kein schlechtes Spiel, aber es fühlt sich an, als wäre das Konzept zum Spiel vor dem Beginn der Programmierarbeiten nicht bis zum Ende gedacht worden und dadurch wären im Entwicklungsprozess aus Zwang Spielelemente ergänzt worden, die nicht Teil der eigentlich guten Idee waren.