Encodya – TEST

Als Fortsetzung des animierten Kurzfilms Robot Will Protect You erzählt Encodya eine Cyberpunk-Geschichte über die neunjährige Waise Tina und ihren Beschützer-Roboter SAM-53 in Form eines Point-and-Click-Adventures.


Im Jahr 2019 konnte der aus Estland stammende animierte Kurzfilm Robot Will Protect You von Regisseur Nicola Piovesan und Drehbuchautor Matt Willis-Jones mit einem charmanten Hauptfigurenduo und einer stimmungsvollen Optik überzeugen. Über Kickstarter wurde ein Point-and-Click-Adventure basierend auf dem elfminütigen Abenteuer der Waisen Tina und ihres Roboters SAM-53 finanziert und nach einer Veröffentlichung für den PC auch für die Nintendo Switch umgesetzt. Angesiedelt im Neo Berlin des Jahres 2062 versucht Tina gemeinsam mit ihrem Roboter-Beschützer zu überleben und gerät dabei in ein durchaus spannend erzähltes Abenteuer.

Klassische Genre-Kost

Auffällig bei Encodya ist schon auf den ersten Blick der eigenständige visuelle Stil, der eindeutig zu den größten Stärken des Adventures gehört. Auch wenn das Charakterdesign sicher nicht jedem gefallen wird, verströmt Encodya eine Menge optischen Charme und trumpft mit schicken Umgebungen, individuellen Figuren und niedlichen Robotern sowie einer vom japanischen Flair getragenen gelungenen Atmosphäre auf. Leider können Geschichte und Gameplay nicht genauso überzeugen wie die grafische Gestaltung. Funktionieren Tina und SAM-53 noch als liebenswertes Hauptfigurenduo, rutscht die Handlung trotz vorhandenem Potenzial zu schnell in gängige Genre-Standards und Klischees ab. Zudem fällt auf, dass die Geschichte wohl eher auf ein jüngeres Publikum ausgerichtet zu sein scheint. Zumindest lässt das der Erzählstil von Encodya vermuten.

Ebenfalls nur bedingt überzeugen kann das Gameplay von Encodya. Macht es anfangs noch Spaß, die dreidimensionalen Umgebungen zu erkunden, fällt schon bald auf, dass diese oft einfach viel zu leer sind. Manche Orte suchen wir lediglich auf, um einen einzigen Gegenstand zu erhalten. Das wäre nicht so schlimm, wenn die Möglichkeiten der beiden Hauptcharaktere, zwischen denen wir frei wechseln dürfen, etwas besser genutzt werden würde. Zwar gibt es durchaus Rätsel, bei denen wir auf die individuellen Fähigkeiten von Tina oder SAM-53 angewiesen sind, doch all das fällt insgesamt zu anspruchslos aus. Zudem werden die Interaktions- und Kombinationsmöglichkeiten, die Tina und SAM-53 bieten, bei weitem nicht ausgereizt. Viel zu oft haben wir das Gefühl, dass hier einfach noch mehr möglich gewesen wäre und vorhandenes Potenzial ungenutzt bleibt.

Immerhin charmant

Trotz der Schwächen bei Geschichte und Rätseln, schafft es Encodya, uns immer wieder zum Weiterspielen zu motivieren. In den etwa zehn Stunden Spielzeit haben wir ausreichend Spaß, um nicht einfach aufzuhören. Besonders weil uns Tina und SAM-53 schon nach kurzer Zeit ans Herz wachsen und wir wissen wollen, was sie noch erleben. Zu verdanken ist das zum Teil auch der durchaus gelungenen englischen Sprachausgabe, die wahlweise von gut geschriebenen deutschen Untertiteln begleitet wird. Allgemein ist die größte Stärke von Encodya der Charme des Spiels. Ob das jedoch ausreicht, um das Point-and-Click-Adventure, auch aufgrund der besseren Genre-Vertreter auf der Switch, zu spielen, muss jeder für sich entscheiden. Ein kurzweiliges Point-and-Click-Adventure-Erlebnis wird durchaus geboten.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

Als Point-and-Click-Adventure-Fan war es für mich klar, dass ich auch Encodya auf der Switch spielen möchte. Leider kann das charmante Abenteuer von Tina und SAM-53 gerade bei Gameplay und Geschichte nicht vollends überzeugen. Zu simpel und einfach sind die Rätsel, zu klischeebehaftet ist die Handlung. Dennoch habe ich meinen Spaß mit dem Abenteuer des liebenswerten Hauptfigurenduos. Mehr als ein durchschnittliches Point-and-Click-Adventure ist Encodya aber trotzdem nicht – auch weil es einige bessere Genre-Vertreter auf der Switch gibt. Als Genre-Fans könnt ihr trotzdem einen Blick wagen, wenn euch Optik, Charaktere und Story zusagen.