Eternights – TEST

Mit Eternights erschien am 17. Oktober die Switch-Version des bereits im Jahr 2023 für die PlayStation-Konsolen und den PC veröffentlichten Action-Rollenspiels des südkoreanischen Entwicklers Studio Sai. In dem stark an die beliebte japanische Rollenspiel-Serie Persona angelehnten Abenteuer übernehmen wir die Rolle eines Teenagers, der während eines Dates die Apokalypse miterleben muss und auserkoren wird, die Welt zu retten. Doch bis dahin wartet auf uns viel soziale Interaktion, unzählige Dates und jede Menge flotte Action.


Die japanische Rollenspiel-Serie Persona des Entwicklerstudios Atlus hat es auf mittlerweile fünf Hauptteile und eine ganze Reihe Spin-Offs gebracht. Eigentlich selbst eine Spin-Off-Reihe der umfangreichen Shin-Megami-Tensei-Serie gelang Persona insbesondere seit dem im Jahr 2006 ursprünglich für die PlayStation 2 erschienen dritten Teil der Durchbruch. Die Mischung aus Dungeon-Crawling und den sozialen Irrungen und Wirrungen im Alltag von High-School-Schülern in Japan sorgt vor allen durch das Kalender-System und den Interaktionen mit den anderen Charakteren für Begeisterung. Auch der südkoreanische Spiele-Entwickler Jae Yoo, der nach dem Spielen der drei letzten Persona-Teile dermaßen begeistert war, dass er 2019 kurzerhand seinen Job kündigte, ein eigenes Studio gründete und sich daran machte, ein eigenes, an die Serie angelehntes Rollenspiel zu programmieren. Größtenteils etwickelte Jae Yoo Eternights tatsächlich im Alleingang, erst im Laufe der Zeit wuchs das kleine Team auf insgesamt drei Personen an. Im Jahr 2022 erstmals in einem State of Play der Öffentlichkeit präsentiert, erschien das ehrgeizige Projekt schließlich im September 2023 sowohl für die beiden aktuellsten PlayStation-Konsolen, als auch für den PC. Knapp ein Jahr später stand im Oktober der Switch-Release an und lässt auch Besitzer von Nintendos Hybrid-Konsole in die Rolle eines 18-jährigen Teenagers schlüpfen, der endlich sein Single-Dasein beenden möchte, sich dabei aber den womöglich schlechtesten nur erdenklichen Tag auserwählt hat.

Ein Date am Tag der Apokalypse

Das populäre Anti-Aging-Medikament mit dem Namen Eternights verspricht Wunder, verwandelt die Menschen aber in blutrünstige Monster. Unbemerkt bahnt sich eine Katastrophe an. Unseren jungen Protagonisten, dem wir einen Namen geben dürfen, interessieren allerdings zur Zeit ganz andere Dinge. Sein bester und einziger Freund Chani ist in seinem Appartement zu Gast, und während im Fernsehen die Vorbereitungen auf das große Konzert des gleichaltrigen Pop-Idols Yuna gezeigt werden, verlieren sich die beiden Jungs in den typischen Gesprächsthemen pubertierender Jugendlicher. Es wird beschlossen, dem Dauer-Singleleben unseres Protagonisten ein Ende zu setzen, weshalb wir uns mit Chanis Hilfe bei einer großen Dating-App anmelden. Kaum haben wir ein Profil erstellt, haben wir auch schon Kontakt zu einer unbekannten Schönheit, die uns prompt am nächsten Tag treffen möchte.

Auf dem Weg zu unserem Date am nächsten Tag bricht dann schließlich die Apokalypse über unsere Stadt hinein. Die durch Eternights in Monster verwandelten Menschen marodieren in den Straßen, und gigantische Mauern erscheinen, die Teile der Stadt abschließen. Gemeinsam mit Chani flüchten wir in einen Bunker und harren dort einige Tage aus, bis uns die Vorräte ausgehen und wir gezwungen sind unser Versteck zu verlassen. Auf dem Weg durch die riesige Bunkeranlage müssen wir uns vor infizierten Menschen verstecken und treffen dabei überraschend auf Pop-Sternchen Yuna, die sich uns kurzerhand anschließt. Unsere Flucht wird jedoch jäh durch die Begegnung mit einer geheimnisvollen Frau unterbrochen, die uns mit einem Doppelschwert den rechten Arm abschlägt. In einem Traum treffen wir darauf eine Göttin, die unseren Arm durch ein magisches, leuchtendes Äquivalent ersetzt, das wir von nun an als Waffe benutzen dürfen. Von nun an können wir uns gegen die aggressiven Mutanten im Bunker zur Wehr setzen und lernen dabei auch das actionreiche Kampfsystem kennen, wobei sich herausstellt, das unsere Begleiterin Yuna über nützliche Heilkräfte verfügt. Haben wir unser Ziel, einen Rettungszug erreicht, wird dieser kurzum und ohne viele Erklärungen zu unserer Basis umfunktioniert. Danach stellen wir uns noch einem weiteren Dungeon, bevor uns das Spiel schließlich in den linearen Alltag entlässt, der vom Ablauf her sehr viele Ähnlichkeiten zur Persona-Reihe aufweist.

Alltagsmanagement in der Apokalypse

Genau wie das große Vorbild Persona besitzt Eternights ein Kalendersystem und setzt ein Zeitlimit, bis zu welchem Tag wir ein bestimmtes Dungeon geschafft haben müssen. Wie wir uns die Zeit bis dahin einteilen, bleibt uns überlassen. Das Spiel bietet uns dabei unterschiedliche Aktivitäten an. Von unserer Basis, dem erwähnten Rettungszug im Bunkersystem unter der Stadt können wir entweder das Hauptdungeon weiter erkunden oder Zeit mit den anderen Charakteren verbringen. Nachts können wir uns mit unseren Begleitern in die zerstörten Straßen unserer Stadt begeben, um wichtige Alltagsgegenstände oder Luxusgüter zu sammeln. Dies ist wichtig, da wir damit sowohl passive Statuswerte verbessern, den Rang der Charaktere verbessern, als auch Punkte zur Verbesserung ihrer Fähigkeiten erhalten. Außerdem können wir ab einem bestimmten Rang der sozialen Bindung mit einem der vier zur Verfügung stehenden Charaktere, diese tagsüber auf ein Date ausführen. Wollen wir eine Beziehung mit ihnen beginnen, müssen wir den höchsten möglichen siebten Rang erreichen.

Aufgrund der begrenzten Anzahl an Tagen, die uns immer zur Verfügung stehen ist es nicht immer leicht, uns zu entscheiden, mit wem wir unsere Zeit verbringen wollen, oder ob wir lieber unsere Statuswerte verbessern möchten oder gar das relevante Story-Dungeon weiter erforschen. Letzteres sollten wir zudem nicht auf die lange Bank schieben, da die bereits erwähnte Heilungs-Fähigkeit unserer Begleiterin Yuna nur begrenzt einsetzbar ist, und Ruhepausen in unserer Basis notwendig sind, damit wir diese wieder nutzen können. Aufgrund großzügig verteilter Schnellreisepunkte innerhalb der linearen Dungeons ist es aber ohne Probleme möglich, schnell voran zu kommen. Hierbei sollte noch gesagt sein, dass wir im Gegensatz zu den Persona-Spielen das Dungeon ausschließlich tagsüber besuchen können, da die nächtlichen Aktivitäten unseren Begleitern gewidmet sind. Insgesamt bietet Eternights zwar nicht ganz so viele Möglichkeiten und Optionen an unterschiedlichen Aktivitäten wie das große Vorbild, dies ist unserer Meinung nach aufgrund des mit insgesamt knapp fünfzehn Spielstunden recht schnell abgeschlossenen Abenteuers gar nicht so schlimm.

Dating-Sim-Elemente, holprige Erzählweise und flottes Dungeon-Crawling

Neben der bereits erwähnten Sängerin Yuna gibt es noch vier weitere Charaktere, mit denen wir interagieren können. Neben unserem Kumpel Chani gibt es da noch die athletische Min, Nerd-Mädel Sia und den geheimnisvollen Yohan. Außer mit Chani können wir dabei mit jedem Charakter eine Liebesbeziehung eingehen, wenn unser Rang entsprechend hoch ist. Zwar ist damit die Anzahl an Charakteren recht klein, die passt jedoch nach unserer Meinung zum apokalyptischen Szenario und ist auch aufgrund des kleinen Entwicklerteams mehr als verständlich. Erwähnt werden sollten auch noch die Dialoge, die mitunter recht pubertär daher kommen, und uns das eine oder andere Mal Augen rollend vor dem Bildschirm zurückgelassen haben. Wenn unser Kumpel Chani zum Beispiel davon redet, wie er sich einen Pickel ausgedrückt hat, sich danach übergeben musste und schließlich mit heruntergezogener Hose ohnmächtig wurde, fragen wir uns schon, warum es ein solcher Dialog in das Spiel geschafft hat. Dazu bekommen wir es immer wieder mit ausgelutschten Anime-Klischees zu tun, wie beispielsweise wenn unser Hauptcharakter mit dem Gesicht in den Brüsten einer der Damen landet oder uns eine der Begleiterinnen aus Versehen in den Schritt greift. Da die Charaktere eigentlich allesamt sehr liebenswert geschrieben sind und uns nach der Zeit wirklich auch ans Herz wuchsen, hätten diese peinlichen Dialoge und Situationen unserer Meinung nicht sein müssen. Zum Glück tauchen die Fremdschäm-Dialoge im späteren Verlauf des Spiels so gut wie gar nicht mehr auf. Insgesamt ist die Weltuntergangsgeschichte zwar gut, aber auch nicht überragend. Oftmals ist die Geschichte etwas holprig erzählt und überrascht uns mit seltsamen Sprüngen in der Erzählung, die ohne viel Erklärung einfach so passieren und den Eindruck erwecken, als würden die Charaktere manche Ereignisse einfach so hinnehmen, egal wie seltsam sie sind. Ein Beispiel ist dabei die bereits erwähnte Umwandlung des Rettungszug in unsere Basis, die einfach so passiert, ohne dass wir erfahren, warum dies nun passiert ist. Dies bessert sich zwar zum Ende der Geschichte, allzu überraschende Story-Wendungen oder eine tiefgreifende Erzählung sollten jedoch nicht erwartet werden.

Abseits der Dating-Eskapaden steht wie bereits erwähnt das Erkunden der jeweiligen Story-Dungeons auf dem Progamm. Diese sind allesamt recht linear aufgebaut, werden aber ab und zu durch simple Puzzles aufgelockert. Die Kämpfe mit den mutierten Bewohnern der Dungeons laufen im Gegensatz zur Persona-Reihe nicht rundenbasiert ab, sondern werden in Echtzeit mit einem flotten Kampfsystem bestritten. Wir führen Kombos aus leichten und schweren Angriffen aus, und wenn eine besondere Anzeige durch stetiges Angreifen gefüllt wurde, dürfen wir einen besonders starken Todesstoß einsetzen. Gegnerischen Angriffen können wir durch schnelle Ausweichmanöver entgehen, führen wir dieses zudem zur richtigen Zeit aus, verlangsamt sich das Geschehen und wir können mit schnellen Vergeltungsschlägen kontern. Manche Gegner wie Mini- und Endbosse haben zudem Schilde, die erst durch bestimmte Elementar-Attacken unserer Begleiter zerstört werden müssen, bevor wir den Lebensbalken der Gegner ankratzen können. Diese Elementar-Attacken funktionieren nach dem Stein-Schere-Papier-System. So kann beispielsweise Sia mit ihren Eisattacken ein Feuerschild zerstören. Viel mehr gibt es aber zu dem Kampfsystem gar nicht zu sagen. Es ist im Grunde recht rudimentär, funktioniert aber insgesamt sehr gut. Uns hat es auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht, uns rasant durch die Monsterhorden zu metzeln. Lediglich wenn uns auf einmal große Monstergruppen gegenüberstehen, wird es manchmal unübersichtlich. Dann spielt die oftmals recht überempfindliche Kamera nicht mehr wirklich mit und wir werden von allen Seiten von Gegnern beharkt, ohne dass wir diese sehen können. Besonders im Handheld-Modus ist uns dies aufgefallen.

Rollenspiel-Light in hübschem technischen Gewand

Zwar wird Eternights vom Entwickler als Action-Dating-Rollenspiel bezeichnet, wirkliche Rollenspiel-Elemente wie Levelaufstiege oder Erfahrungspunkte gibt es aber nicht. Tatsächlich erhalten wir von bestimmten besiegten Gegnern oder dem Erforschen der wenigen optionalen Pfade innerhalb der Dungeons sogenannte „schwarze Essenz“, die wir in einen simplen Fähigkeitenbaum einsetzen, um neue Skills freizuschalten. Demgegenüber gibt es dann noch die „weiße Essenz“, mit der wir die Fähigkeiten unserer Mitstreiter verbessern und die wir durch die bereits erwähnten Aktivitäten außerhalb der Dungeons erhalten.

Grafisch und technisch weiß Eternights durchweg zu überzeugen. Das Spiel ist in einem typischen Anime-Stil gehalten, die Charaktere und Monster sind allesamt nett designt und die Dungeons grafisch zwar recht einfach aufgebaut, wissen aber durch sehr atmosphärische Licht-Effekte zu überzeugen. Das Geschehen läuf dabei auch auf der Switch durchgehend flüssig, was dem rasanten Kampfsystem zugute kommt. Einziger Wermutstropfen sind die manchmal etwas steif wirkenden Animationen.

Die Musikuntermalung des apokalyptischen Geschehens ist anfangs noch recht minimalistisch, doch im späteren Spielverlauf entfaltet sich ein durchaus abwechslungsreicher Soundtrack, der mit ein paar schönen Stücken aufwartet und viel zur Atmosphäre von Eternights beiträgt. Die Sprachausgabe kann wahlweise auf Englisch, Koreanisch oder Japanisch eingestellt werden, die Texte sind auch auf Deutsch einstellbar. Die deutsche Übersetzung ist insgesamt gut gelungen, ist manchmal aber auch etwas steif und vielleicht zu frei übersetzt. Dem Spielspaß tut dies aber unserer Meinung nach keinen Abbruch.

Geschrieben von Markus Schoenenborn

Fazit:

Schon sehr früh wird klar, das Atlus’ beliebte Persona-Reihe für Eternights Pate gestanden hat. Kalender-System, viel soziale Interaktion mit verschiedenen Charakteren und Dungeon-Crawling erinnern sofort an das große Vorbild. Als Fan von Persona war ich sofort neugierig auf Eternights, und das Spiel hat es auch recht schnell geschafft, mich zu überzeugen. Zwar ist das ganze Spielsystem nicht sonderlich tiefgründig und auch die Anzahl an Charakteren ist recht überschaubar, aber aufgrund der doch recht kurzen Spieldauer von circa fünfzehn Stunden fällt dies nicht sonderlich ins Gewicht. Die Charaktere sind mir allesamt im Laufe der Zeit ans Herz gewachsen und ich wollte wissen, wie die Geschichte letztlich ausgeht. Dazu sind sowohl das Design der Charaktere und das der Monster durchweg gut gelungen. Löblich ist auch, dass sowohl weibliche als auch männliche Dating-Optionen zur Verfügung stehen. Der Anime-Grafikstil ist auch insgesamt sehr ansehnlich und hat mich vor allem in den nächtlichen Szenarien durch stimmungsvolle Lichteffekte begeistert. Wirklich störend stachen für mich am Anfang des Spiels hauptsächlich die pubertär-schlüpfrigen Fremdschäm-Dialoge und ausgelutschten Anime-Klischees hervor, die sich im Laufe des Spiels zum Glück etwas verflüchtigten. Das rasante Kampfsystem ist zwar sehr spaßig, aber auch etwas oberflächlich. Zudem geht in Gefechten gegen größere Gruppen von Gegnern auch bedingt durch die sehr sensible Kamera oftmals die Übersicht verloren. Eternights macht aber auch sehr viel richtig. Für ein Debut-Spiel eines jungen Entwicklerstudios ist es wirklich sehr beeindruckend und gut gelungen. Ein echter Geheimtipp, auch für Fans von Persona, die nach ähnlichen Spielerlebnissen jenseits von Atlus’ Mammut-Rollenspiel-Serie suchen. Ich bin auf jeden Fall auf das nächste Spel von Studio Sai, das sich übrigens bereits in der Entwicklung befindet, sehr gespannt!