Persona 3 Portable – TEST

Mit dem 2006 veröffentlichten Persona 3 beschritt Entwicklerstudio Atlus mit dem Franchise neue Wege, die die Reihe bis heute prägen. Im Januar 2023 gelang dem Spiel mit der Umsetzung des 2009 für die PlayStation Portable erschienenen Persona 3 Portable der Sprung auf die Switch.


Als bekannt wurde, dass neben Persona 5 Royal und Persona 4 Golden auch der dritte Teil der Reihe neu aufgelegt werden würde, war das zunächst eine freudige Nachricht. So gehört die Serie doch inzwischen zu den beliebtesten Reihen des japanischen Rollenspielgenres. In Fankreisen ist aber gerade die PlayStation-Portable-Variante nicht sonderlich beliebt, obwohl auch diese durchaus ihre Daseinsberechtigung hat. Dies macht sich schon in der Wahl der Spielfigur bemerkbar, denn anstatt nur in die Haut des Oberschülers Yūki Makoto zu schlüp-fen, dürfen wir in Persona 3 Portable optional auch die Kontrolle über die Oberschülerin Shiomi Kotone übernehmen.

Durch die Wahl des Geschlechts ändert sich die Handlung aber nicht großartig. Lediglich Dialoge und zwischenmenschliche Beziehungen werden von der Wahl des jeweils anderen Geschlechts beeinflusst. Tatsächlich empfiehlt uns das Spiel anfangs, mit dem männlichen Protagonisten zu beginnen, sofern wir weder das originale Persona 3 noch die erweiterte Fassung Persona 3 FES für die PlayStation 2 gespielt haben, und erst den zweiten Spieldurchgang mit seinem weiblichen Gegenstück zu wagen. Die Handlung bleibt aber wie gesagt dieselbe, was positiv anzumerken ist. Sie bietet einige interessante Höhepunkte, auch wenn es leider so einige Stunden dauert, bis die Geschichte in Gang kommt.

Die dunkelste Stunde

Zu Beginn des auf dutzende Stunden ausgelegten Rollenspiels kommen wir in der fiktiven Stadt Iwatodai an, die vom ominösen Konzern Kirijō gegründet und erbaut wurde. Kurz nach unserer Unterkunft um Mitternacht müssen wir erleben, wie sich die Menschen auf den Straßen in waschechte Särge verwandeln. Hierbei handelt es sich um das ominöse Phänomen, das als Dark Hour bezeichnet wird. In dieser mysteriösen Stunde, die um Punkt Mitternacht beginnt und damit genau zwischen zwei Tagen liegt, versuchen Schatten, die Gegner in Persona 3 Portable, die Menschen aus ihren Särgen zu locken. Gelingt den Schatten dies, verzehren sie sich an der Psyche ihrer wehrlosen Opfer. Erwachen diese Menschen nach der Dark Hour, so leiden sie unter dem sogenannten Apathiesyndrom.

Unser Protagonist respektive unsere Protagonistin gehört neben einer Reihe von Mitschülern zu der Gruppe Menschen, die sich des Nachts nicht in Särge verwandeln. Wir werden Teil einer Operation, um den Grund für die Dark Hour herauszufinden. Während wir tagsüber die Schulbank drücken, an Klubaktivitäten teilnehmen, Zeit mit zu Freunden gewordenen Mitschülern verbringen, neue Menschen kennenlernen, für die Zwischenprüfungen pauken oder in Cafés arbeiten, können wir nachts auf die Jagd nach Schatten gehen und den riesigen Dungeon des Spiels, den Tartarus, erkunden.

Abstriche über Abstriche

All das klingt ziemlich gut, aber im Gegensatz zu den beiden Nachfolgern Persona 4 Golden und Persona 5 Royal müssen wir bei Persona 3 Portable nicht nur altersbedingt ein paar Abstriche machen. Der auffallende Unterschied ist, dass wir die Welt nur im Tartarus und ähnlichen Abschnitten aus der dritten Person erkunden dürfen. In allen anderen Szenen betrachten wir das Geschehen aus einer leicht versetzen Vogelperspektive und bewegen einen Cursor zu den Objekten oder Personen, mit denen wir interagieren wollen. Das ist zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig, funktioniert aber nach kurzer Zeit ziemlich gut und intuitiv.

Trotzdem dürfte das nicht jeden Spielertypen schmecken, zumal Persona 3 und Persona 3 FES eine nahezu komplett aus der dritten Person zu erkundende Spielwelt bieten. Damit nicht genug, fehlen in Persona 3 Portable auch die Anime-Sequenzen völlig. Wäre das verschmerzbar, so müssen wir auch an anderer Stelle Rückschläge in puncto Atmosphäre hinnehmen. Wenn wir uns mit Freunden im Restaurant eine Portion Rāmen gönnen, so sehen wir einfach nur einen Hintergrund, es ertönen Hintergrundgeräusche und der Dialog läuft wie in einer Visual Novel ab. Ein Mittendrin-Gefühl wie im Original kommt so nicht auf. Es ist bedauerlich, dass die Entwickler für die Neuauflage in dieser Hinsicht keine Überarbeitung vorgenommen haben.

Hohes und flüssiges Spieltempo

Jetzt fragt ihr euch sicherlich, warum das Gameplay dennoch gut funktioniert. Wir wollen es nicht als besser als in den vorherigen Versionen beschreiben. Es ist durch das wesentlich höhere Spieltempo einfach anders und passt gerade deshalb gut zum portablen Aspekt der Switch beziehungsweise der PlayStation Portable. Binnen weniger Minuten haben wir das Ziel über die Schnellauswahl gefunden und durch die eher kurz gehaltenen Dialoge können wir kurz darauf auch schon zur nächsten Tätigkeit hasten.

Je nachdem welche Aufgaben wir in Iwatodai bewältigen, verbessern sich nicht nur die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Auswirkungen auf die Persona-Fusion haben, sondern auch Werte wie Mut, Charisma und Wissen. Je höher diese Werte ausfallen, desto eher erhalten wir Zugriff auf andere Orte, an denen wir wiederum neue Charaktere kennenlernen können. Wie in anderen Spielen der Reihe hält sich der soziale Anteil mit den Ausflügen in den Dungeon durchaus die Waage. Den Entwicklern ist es gelungen, beide Spielelemente hervorragend auszutarieren. Dies führt dazu, dass wir von einem Event zum nächsten hechten, Geld mit Arbeit verdienen, viel Zeit mit Freunden verbringen, uns mehr und mehr für die Welt interessieren, den Tartarus erkunden und unsere Persona fusionieren – und da ist dieses Wort wieder, das eine Erklärung verdient.

Packendes Kampfsystem

Bei den titelgebenden Persona handelt es sich um Monster, die wir möglicherweise nach einem Kampf erhalten. Diese können parallel zu unserem Helden aufgestuft werden. So erhalten sie nach und nach neue Spezialfähigkeiten, die in den rundenbasierten Kämpfen eingesetzt werden können. So sind manche Attacken effektiver gegen die Schatten als andere. Treffen wir Schwachpunkte, werden die Schatten kurzzeitig außer Gefecht gesetzt. Gelingt uns dies mit allen am Kampf teilnehmenden Schatten, können wir mit unserer gesamten Gruppe auch einen Großangriff als Bonus starten. Es macht unglaublich viel Spaß, die verschiedenen Schwachpunkte der Gegner herauszufinden. Unterstützung erhalten wir dabei von unserer Mitschülerin und Schülerratspräsidentin Kirijō Mitsuru, die die Gegner extern analysiert und ihre Stärken und Schwächen aufweist.

Da wir im Tartarus gegen immer stärkere Schatten antreten müssen, müssen wir auch unsere gesammelten Persona zu immer mächtigeren Wesen fusionieren. So kommen wir früher oder später in den Genuss von Flächenzaubern oder Unterstützungsmagie, die noch mehr Taktik ins Spiel bringen. Sonderlich schwierig ist Persona 3 Portable aber nicht einmal ansatzweise, denn selbst wenn uns die Treffer- oder Skillpunkte so langsam ausgehen, können wir diese gegen Geld am Eingang vollständig auffrischen – und zum Eingang des Tartarus gibt es auf den Ebenen großzügig verteilte Teleporter.

Zufallbasiertes Dungeondesign

Dementsprechend sind wir in Persona 3 Portable so gut wie nie auf Items angewiesen und können selbst dann, wenn der nächste Vollmond naht und das nächste Story-Event ansteht, unsere Helden im Tartarus an ein und demselben Abend sehr gut trainieren. Das ist fair, nimmt aber auch in gewisser Weise den Druck, den wir zumindest teilweise in anderen Episoden der Reihe verspüren. Gravierender ist jedoch das austauschbare Dungeondesign, denn wie in Persona 4 Golden setzen sich die Etagen des turmartigen Tartarus komplett zufallsbasiert zusammen. Gänge und orthogonal ausgerichtete Räume geben sich hier die Klinke in die Hand. Wer das nicht mag, dürfte nicht so viel Freude am Spiel haben.

Im Gegensatz zum vierten Teil sind aber auch die reduzierten Details bei der Atmosphäre ein Grund mehr, die dritte Episode in der Portable-Variante zu verschmähen. Grafisch kann der einstige PlayStation-2-Titel in seiner für die PlayStation Portable angepassten Variante auf der Switch aber zumindest bei Retro-Fans punkten. Selbiges gilt jedoch nicht für den Soundtrack, denn auch wenn der eine oder andere Track gut klingt, gehen viele andere Stücke auf die Nerven und passen häufig so gar nicht zum Geschehen. Unterm Strich bleibt Persona 3 Portable ein passables Rollenspiel, das eher die größten Persona-Fans anspricht. Alle anderen greifen zum genialen Persona 5 Royal!

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Persona 3 Portable ist in meinen Augen kein so katastrophales Spiel, wie es hier und dort dargestellt wird. Allerdings ist der Titel weit davon entfernt, an die Klasse der Nachfolger heranzukommen. Dies liegt womöglich auch an den abgespeckten Inhalten, denn trotz eines zweiten spielbaren Charakters fällt Persona 3 in der Portable-Ausgabe in puncto Atmosphäre ab. Es gibt keine Anime-Sequenzen und die Orte außerhalb des als Tartarus bezeichneten Dungeons können nicht frei erkundet werden. Das ist gerade deshalb so schade, da die vorherigen PlayStation-2-Versionen diese Inhalte alle beinhalten. Trotzdem macht mir Persona 3 Portable, wenn auch nur bedingt, Spaß. Es ist wie im vierten und fünften Serienteil toll, zwischenmenschliche Beziehungen zu knüpfen, mehr über das Geheimnis der Spielwelt zu erfahren und rundenbasierte Kämpfe mit den Schatten auszutragen. Auch wenn das Dungeondesign aufgrund seines zufallsbasierten Aufbaus langweilig bis zum Mond und zurück ausfällt, kann der Titel vor allem aufgrund seines fairen Speichersystems und der Möglichkeit, die Helden jederzeit am Eingang zu heilen, bei mir punkten. Auch auf Basis des sehr hohen Spieltempos gefällt mir der Titel trotzdem recht gut, da ich ihn so auch einfach mal zwischendurch spielen und noch dazu einige Erfolge verbuchen kann. Wer mit der Persona-Reihe aber bisher noch gar keinen Kontakt hatte, sollte ohnehin mit dem nahezu perfekten Persona 5 Royal einsteigen oder zumindest zum besseren vierten Teil greifen. Persona 3 Portable ist am Ende halt eher ein Spiel für Fans und weniger für Spieler, die in das Universum erstmals eintauchen wollen.