Persona 4 Golden – TEST

Ursprünglich erschien Shin Megami Tensei: Persona 4 für die PlayStation 2 im Jahr 2008 in Japan. 2012 folgte mit einem reduzierten und erweiterten Titel auf der PlayStation Vita eine weitere Version des Spiels. Persona 4 Golden erschien Anfang 2023 auch auf der Switch.


Es ist kaum zu glauben, aber neben den auf dem Nintendo 3DS veröffentlichten Spin-offs Persona Q: Shadow of the Labyrinth und Persona Q2: New Cinema Labyrinth dauerte es bis Ende 2022, bis die Hauptteile der Reihe ihre ersten Gehversuche auf Nintendo-Plattformen machte. Neben dem Meisterwerk Persona 5 Royal folgten ein paar Monate später an ein und demselben Tag der dritte und vierte Serienteil. Persona 4: Golden setzt den Oberschüler Yū Narukami , den wir wahlweise auch frei mit Vor- und Nachnamen benennen dürfen, in den Mittelpunkt der Geschichte. Aus der Großstadt kommend, beginnt er sein zweites Jahr der Oberschule im ländlichen Inaba. Während seines einjährigen Aufenthalts in Inaba kommt er bei seinem Onkel Ryōtarō Dōjima und seiner kleinen Cousine Nanako unter.

Idyllisch ist es in Inaba, abgesehen von der Kulisse, aber nicht. So treibt ein Serienmörder sein Unwesen in der Kleinstadt. Als dann eine Klassenkameradin von Yū und seinen beiden neuen Freunden Yōsuke Hanamura und Chie Satonaka verschwindet und die Polizei keine Erfolge aufweist, versuchen sie dem Täter selbst auf die Schliche zu kommen. Eingewickelt ist die Handlung zudem in das Mysterium des Midnight Channels. Wer in einer regnerischen Nacht um Punkt Mitternacht in den Fernseher blickt, soll dort angeblich seinen Seelenverwandten erblicken.

Schulalltag und Freizeit

Dass all diese Ereignisse in der einen oder anderen Weise zusammenhängen, dürfte wohl jeder von euch erahnen können. Von Beginn an ist die auf dutzende Stunden ausgelegte Story interessant und fesselnd zugleich. Das heißt aber auch, dass uns Persona 4 Golden sehr viele Dialoge vorsetzt. Für Ungeduldige gibt zwar eine Vorspulfunktion, aber von dieser raten wir tunlichst ab. Sowohl die Story als auch die Charaktere sind großartig geschrieben. Sie fühlen sich wie echte Oberschüler mit eigenen Problemen an, die sie zu lösen haben. Diese Auseinandersetzung mit sich selbst und ihren Mitmenschen wird immer wieder in den Fokus der Erzählung gerückt.

Uns gefallen die Dialoge, die mal eine tragische und auch mal eine heitere Note annehmen. Hinzu kommen so einige Nebencharaktere, mit denen wir uns abseits des Schulalltags und vom Midnight Channel verabreden und Zeit verbringen können. Inaba als Handlungsort ist im Gegensatz zum pulsierenden Tōkyō des fünften Serienteils zwar bei Weitem nicht so sehr mit Leben gefüllt, ist aber dennoch eine ganz angenehme Erfahrung. Verbringen wir Zeit mit den Nebencharakteren, vertiefen wir unsere Beziehung zueinander, wodurch wir im Gameplay Vorteile erhalten können. Vor allem die Zeit mit unseren Freunden ist nicht zu unterschätzen, da diese dann noch mehr ins Kampfgeschehen eingreifen.

Gefangen im Fernsehen

Verbringen wir nicht gerade Zeit mit Freunden oder in der Schule, können wir auch arbeiten gehen, am heimischen Schreibtisch für Prüfungen lernen, Bücher lesen, im Restaurant speisen oder noch ganz anderen Tätigkeiten nachgehen, womit wir Werte wie Mut oder Wissen steigern. Dies schaltet in Persona 4 Golden weitere Möglichkeiten oder Gesprächsoptionen frei, die uns noch tiefer in das soziale Leben eintauchen lassen. Um die Story jedoch vorantreiben zu können, müssen wir uns in die ominöse Fernsehwelt begeben und dort diverse Dungeons erkunden, an deren Ende wir im besten Fall die jeweils vermisste Person retten.

Leider ist gerade dieser Aspekt etwas ermüdend, denn die Dungeons sind zufallsbasiert aufgebaut. So laufen wir immer wieder durch neu zusammengewürfelte Gänge und Räume. Kurz sind die Ausflüge in die Dungeons auch nicht unbedingt, zumal wir uns in unzähligen Kämpfen mit den Schatten genannten Gegnern messen. Wer den Zufallsfaktor in Videospielen nicht so ganz mag, wird mit Persona 4 vermutlich nicht so richtig glücklich. Trotzdem sollte dies kein Ausschlusskriterium für das sonst echt fantastische Spiel sein. Selbst die Kämpfe machen eine Menge Spaß, da sie uns sogar auf dem normalen Schwierigkeitsgrad von der ersten Minute angenehm fordern. Äußerst selten haben wir das Gefühl, zu stark oder zu schwach zu sein.

Persona: Der Name ist Programm

Bei den zahlreichen Auseinandersetzungen mit den Schatten setzt Persona 4 Golden auf ein rundenbasiertes Kampfsystem. Wir können also in Ruhe unsere Entscheidungen treffen und herausfinden, welche Angriffe gegen unsere Gegner effektiv sind, um Vorteile zu erhalten. Können wir einen Feind umwerfen, dürfen wir direkt ein weiteres Mal angreifen. Liegen alle Gegner am Boden, dürfen wir sogar mit der gesamten Gruppe eine zusätzliche Attacke ausführen. Voreingestellt ist übrigens, dass unsere Verbündeten automatisch angreifen. So können manche Kämpfe schnell entschieden werden. Besonders bei den wirklich nicht zu unterschätzenden Bossgegnern würden wir euch aber klar empfehlen, die Kontrolle zu übernehmen. Unsere Verbündeten setzen Spezialangriffe, die entsprechend an unserer Energie zehren, gerne inflationär ein.

Egal wie wir die Kämpfe bestreiten, am Ende regnet es neben Geld in der japanischen Währung Yen auch Erfahrungspunkte, die uns und unsere Persona nach und nach im Level aufsteigen lassen. Bei den Persona handelt es sich im Übrigen um Monster, die wir befehligen, um Spezialangriffe auszuführen. Während unsere Verbündeten jeweils eine Persona besitzen, können wir mehrere Persona kontrollieren. Um noch stärkere Kreaturen zu erschaffen, dürfen wir die Persona bei Figur Igor auch miteinander fusionieren. Echt klasse!

Individualisierungen und Einschränkungen

Wem das Spiel trotzdem zu schwierig oder zu leicht erscheint, kann jederzeit im Menü den Schwierigkeitsgrad verändern – und das sogar im Detail. So können wir beispielsweise einstellen, wie viele Erfahrungspunkte wir von besiegten Gegnern erhalten und ob wir bei einem verlorenen Kampf diesen neu starten oder zu Beginn der Ebene des Dungeons wieder ins Geschehen eintauchen können. Uns gefällt diese Möglichkeit der Individualisierung sehr, denn sie zeigt bestens, wie wir ein Spiel unserem persönlichen Geschmack entsprechend anpassen und den Spielspaß weiter maximieren können. Sowohl Entwicklerstudio Atlus als auch andere Videospielentwickler dürfen sich von diesen Personalisierungsmöglichkeiten gerne inspirieren lassen.

Da die Dungeons allerdings recht umfangreich ausfallen, gefällt uns auch die Option, das Spiel jederzeit speichern zu können. Trotz allem ist die von Atlus gefundene Lösung nicht unbedingt die beste Idee. Anstatt einfach überall einen Speicherstand anlegen zu können, dürfen wir abseits von den herkömmlichen Speicherpunkten den Spielstand lediglich schnellspeichern. Ein solcher Spielstand wird jedoch gelöscht, sobald wir diesen einmal laden. Reguläre Speicherpunkte in den Dungeons hätten die Entwickler als Alternative ebenso hinzufügen können. Persona 4 Golden soll aber eben eine Erfahrung bieten, die nah am Ursprungsspiel ist.

Originalgetreue Umsetzung

Letzteres ist auch an den leicht umständlichen Menüs zu sehen, denn um herauszufinden, wie stark die Verbindung zu einem anderen Charakter ist, müssen wir uns durch etliche Textboxen kämpfen. In den Kämpfen müssen wir hingegen extra das Analyse-Menü aufrufen, um erkannte Schwächen des Gegners zu sehen. In vielerlei Hinsicht funktioniert Persona 4 Golden auf der Switch originalgetreu, auch unter technischen Gesichtspunkten. So wirken Umgebungen und Charaktermodelle wie ein PlayStation-2-Spiel. Schlimm ist das aber nicht, denn schließlich handelt es sich hierbei, wie wir festgestellt haben, überwiegend um eine Portierung und um keine Neuinterpretation. Außerdem dürfte der Grafikstil für Retro-Fans etwas nostalgisch sein. Lediglich, dass manche Animationen und Umgebungen beim Schwenken der Kamera verwaschen, ist etwas, was auf einer vergleichbar potenten Konsole wie der Switch nicht passieren darf.

Hinzu kommt tolle Musik, die zum Teil auf Gesang setzt und das Geschehen jederzeit mit mal kräftigen, mal ruhigen und mal melancholisch anmutenden Klängen wunderbar unterlegt. Das Spiel trifft in so gut wie allen Szenen den richtigen Ton, sodass wir sowohl bei den actiongeladenen Kämpfen als auch beim Pauken für die nächste Prüfung stets das Gefühl haben, die jeweilige Tätigkeit auch tatsächlich auszuführen. Mit solch kleinen Details brennt sich der Rollenspielklassiker Persona 4 Golden in unsere Herzen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Persona 4 Golden ist ein sehr gutes japanisches Rollenspiel. Die umfangreiche und sich über dutzende Stunden ziehende Handlung fesselt nahtlos an den Bildschirm und überzeugt mit gelungenen Charakteren, bei dem jeder seinen Favorit finden dürfte. Yōsuke ist für mich beispielsweise der Inbegriff eines guten Kumpels, der mich zwar immer wieder mit absurden Ideen in Schwierigkeiten bringt, die ich ihm jedoch jedes Mal durchgehen lasse, weil es mit ihm einfach nie langweilig wird. Darüber hinaus gefällt mir die Mischung aus Schulalltag, dem Pflegen sozialer Kontakte und den regelmäßigen Ausflügen in die wundersame Welt des Midnight Channels, wo die Action in Form von durchdachten und rundenbasierten Kämpfen stattfindet. Lediglich dass manche Menüstrukturen umständlich konstruiert sind und dass das Dungeondesign selbst für ein zufallsbasiertes Aufbausystem viel zu langweilig ausfällt, ist mir ein Dorn im Auge. Dennoch spiele ich Persona 4 Golden immer wieder gerne, denn die dichte Atmosphäre, die tollen Charaktere, der ländliche Handlungsort, das durchdachte Kampfsystem und nicht zuletzt die zu lüftenden Mysterien sorgen dafür, dass mir in diesem Rollenspiel niemals langweilig wird!