Ganryu 2: Hakuma Kojirō – TEST

Mit Ganryu 2: Hakuma Kojirō bekam das relativ obskure Neo-Geo Spiel Ganryu aus dem Jahr 1999 mehr als zwanzig Jahre nach seiner Veröffentlichung im April 2022 eine Fortsetzung von dem französischen Indie-Entwickler Studio Storybird spendiert. In dem herausfordernd schweren Arcade-Action-Spiel reisen Switch-Besitzer in der Rolle des legendären Schwertkämpfers Musashi Miyamoto durch eine Fantasy-Version Japans, um gegen den Geist seines Rivalen Kojirō Sasaki und seine dämonischen Schergen zu kämpfen.


Musashi Miyamoto war ein Rōnin, also ein herrenloser Samurai, der im 17. Jahrhundert in Japan lebte. Heute hat er einen legendären Status und ist vor allem durch einen selbst entwickelten Kampfstil mit zwei Schwertern sowie sein Werk „Das Buch der fünf Ringe“ bekannt, welches vor allem als Quelle für Lebensweisheiten und Strategien für Manager genutzt wird. Musashi Miyamotos blutige Lebensgeschichte und seine Duelle mit seinem ebenbürtigen Rivalen Kojirō Sasaki wurden in der Vergangenheit oft romantisiert. Auch viele japanische Videospiele wie beispielsweise Brave Fencer Musashi von Square oder die Kampfspiel-Serien Samurai Shodown- und The Last Blade von SNK griffen die Geschichte des legendären Schwertmeisters auf und ließen sich von ihm zu eigenen Charakteren inspirieren. Auch die auf Arcade-Spiele spezialisierte japanische Firma Visco bediente sich an der Legende und brachte im Jahr 1999 mit Musashi Ganryuuki, oder einfach nur Ganryu, wie es im Westen heißt, ein NeoGeo Spiel auf den Markt, das eine Fantasy-Version des Stoffs erzählt. Das Action-Spiel war jedoch spielerisch und grafisch recht durchschnittlich und versank recht schnell in der Versenkung. Im Jahr 2017 kaufte jedoch der französische Publisher JoshProd die Lizenzen von Viscos Spiele-Sortiment und veröffentlichte überraschenderweise eine Umsetzung von Ganryu für den Sega Dreamcast. So konnte das Spiel zumindest in kleinen Fan- und Sammler-Kreisen bekannt bleiben. Tatsächlich bekam Ganryu dann auch eine Fortsetzung. Mehr als zwanzig Jahre nach seiner Erstveröffentlichung entwickelte der kleine französische Indie-Entwickler Studio Storybird eine Fortsetzung zu Ganryu, das am 22. April für den PC und sämtliche Konsolen erschien. Erfahrungen mit Action-Spielen konnten die Entwickler durch das stark von Castlevania inspirierte Wallachia: Reign of Dracula gewinnen, das im Jahr 2020 neben dem PC auch für die Switch erschien.

Schwertmeister im Fantasy-Japan

Die Geschichte von Ganryu 2 ist recht schnell erzählt. Nach dem Sieg über seinen Rivalen Kojirō zog sich Musashi ganz in den Norden Japans, auf die nördlichste Insel Hokkaidō zurück um zu meditieren und sich in den Künsten zu üben. Während der Meditation erscheint ihm der Geist Kojirōs und fordert ihn erneut zu einem Duell auf. Er soll ihn auf der südlichen Insel Ganryu-jima aufsuchen, wo der erste Kampf zwischen den beiden Erzfeinden stattfand. Musashi ist sich der zerstörerischen Energie des Geistes seines Rivalen bewusst und macht sich auf, um gegen ihn zu kämpfen und ihm ewigen Frieden zu schenken.

In der Rolle von Musashi reisen wir also von Hokkaidō quer durch Japan bis ganz in den Süden, um uns auf der Insel Ganryu-jima mit dem Geist von Kojirō Sasaki zu duellieren und das Land von der dämonischen Gefahr zu befreien. Das Abenteuer führt durch fünf recht lange seitlich scrollende Level, die wiederum jeweils in zwei Abschnitte unterteilt sind und am Ende jeweils mit einem Bossgegner aufwarten. Die verschiedenen Orte Japans, die wir im Laufe der Reise besuchen, sind grafisch sehr schön in einer ansprechenden Pixel-Grafik gestaltet und vermitteln durch die satten Farben gepaart mit dem fernöstlich angehauchten Soundtrack eine passende Atmosphäre. Da es sich bei der Welt von Ganryu 2: Hakuma Kojirō um eine Fantasy-Version des alten Japans handelt, begegnen uns neben den unterschiedlichsten Ninjas auch dämonische Schwertkämpfer und verschiedenste Geister und Dämonen. Auch Science-Fiction-Elemente sind vorhanden. So kämpfen wir uns im zweiten Abschnitt des zweiten Levels durch eine futuristisch aussehende Burg, steigen gegen Ende in einen insektenartigen Gleiter und ballern uns in klassischer Manier durch einen horizontalen Shoot-em-up-Abschnitt. Für Abwechslung wird auf jeden Fall gesorgt.

Rōnin mit Ninja-Fähigkeiten

In den beiden Ganryu-Spielen scheint der historische Musashi ein Ninja-Training absolviert zu haben, denn er spielt sich ähnlich flink wie Segas Vorzeige-Ninja Joe Musashi aus den Shinobi-Spielen. Unser Protagonist nutzt seine Schwerter für den Nahkampf, weiter entfernt stehende Gegner nimmt er mit Kunai, also Ninja-Wurfmessern ins Visier, die jedoch nur in begrenzter Anzahl verfügbar sind. Neue Wurfmunition muss während der Level eingesammelt werden. Normale Gegner, welche dutzendfach von allen Seiten auf unseren Helden einstürmen, können mit einem einzigen Treffer besiegt werden, einige größere Widersacher halten schon einmal drei oder mehr Schwerthiebe aus.

Drücken wir zweimal in die gleiche Richtung, stürmt Musashi los und schnetzelt die dämonischen Schergen mit seinen Schwertern nieder. Dies erlaubt ein schnelles Gameplay und geübte Spieler können sich gekonnt durch die Gegnerhorden schlitzen. Zudem beherrscht Musashi einen Doppelsprung und kann sich von Wänden abstoßen, um in höher gelegene Abschnitte zu gelangen. In den Leveln sammeln wir von Gegnern und in Kisten verschiedene Gegenstände auf, die unsere Punktzahl erhöhen, uns heilen oder unsere Kami-Leiste auffüllen. Ist diese voll, kann Musashi die Kräfte eines Kami nutzen und sich beispielsweise vollständig heilen oder einen verheerenden Angriff ausführen, der jegliche Gegner auf dem Bildschirm zerstört.

Schnelle Action mit Frust-Potential


Ganryu 2: Hakuma Kojirō ist ein wirklich klassisches Arcade-Action Spiel, und dies gilt auch für den Schwierigkeitsgrad. Dieser ist bereits am Anfang sehr hoch und frustriert schon im zweiten Abschnitt des ersten Levels bei einer rasanten Lorenfahrt durch eine Mine, bei der wir sehr schnell in Abgründe fallen können, was uns sofort ein Leben kostet. Spätere Level haben einige fast schon unfaire Stellen und heftige Schwierigkeits-Spitzen. Der größte Faux-Pas des Spiels ist in diesem Zusammenhang aber, dass es keinerlei Continues gibt. Wir starten das Spiel mit drei Leben. Im Laufe der Level können wir zwar Extraleben finden, aber an einigen Stellen wie der bereits erwähnten Lorenfahrt häufen sich die virtuellen Tode. Verlieren wir dann alle unsere Leben, müssen wir das lange Level ganz von vorne beginnen. Zwar können bereits geschaffte Level im Hauptmenü direkt angewählt werden, aber sehen wir im zweiten Abschnitt eines Levels ein Game Over, müssen wir wieder ganz von vorne beginnen. Dies sorgt für Frust und führt letztlich dazu, dass wir einige Abschnitte des Spiels sehr oft spielen müssen, was wirklich nervig werden kann. Wir sind uns zwar bewusst, dass klassische Arcade-Spiele damals so schwer waren, um Spielern die Münzen aus der Tasche zu ziehen, aber auch mit einem Continue-System wäre Ganryu 2 an einigen Stellen schon schwer genug.

Insgesamt spielt sich Ganryu 2: Hakuma Kojirō recht flott und lädt immer mal wieder für ein Spiel zwischendurch ein. Allerdings sollte noch erwähnt werden, dass gerade die Switch-Version bei Release sehr unter katastrophalen technischen Problemen litt, die sich in Rucklern, stotterndem Gameplay und heftigen Glitches und Bugs äußerten, die Ganryu 2 fast unspielbar machten. Diese Probleme wurden allerdings durch einige Patches mittlerweile weitgehend behoben. Wir haben das Spiel in der Version 1.1.2 getestet und Ruckler sind uns während des Spielens kaum aufgefallen.

Geschrieben von Markus Schoenenborn

Fazit:

Ninja-Action-Spiele feierten in den letzten Jahren ein kleines Comeback. Nach Titeln wie Ninja Saviors: Return of the Warriros von 2019 und Cyber Shadow von 2020 folgt nun mit Ganryu 2: Hakuma Kojirō der nächste Vertreter dieses Genres. Ganryu 2 sieht mit seiner ansprechenden Pixel-Optik hübsch aus und lädt dank seinem schnellen Gameplay immer wieder zu einem Spiel ein. Leider ist das Spiel wirklich bockschwer und schon im zweiten Abschnitt des ersten Levels werden sich ungeübte Spieler vermutlich die Zähne ausbeißen. Die Tatsache, dass es in dem Spiel keine Continues gibt und ich nach jedem Game Over ganz vom Anfang des jeweiligen langen Levels starten muss sorgt für Frust. Gestählte Fans von Shinobi und anderen Ninja-Spielen wie dem grandiosen Cyber Shadow können auf jeden Fall einen Blick riskieren, obwohl Ganryu 2 leider nicht ganz an deren Klasse heranreicht. Unterm Strich ist Ganryu 2 aber ein solider Action-Titel der alten Schule, der Fans klassischer Arcade-Action gefallen könnte.