Guacamelee! 2 – TEST

Guacamelee-2-Rezept für ein bis vier Personen: Man nehme mexikanische Folklore als Setting, füge in gleichen Teilen Wrestling, präzises Plattformhüpfen und moderat schwierige Rätsel hinzu und versprudele alles in Metroidvania-Manier. Gewürzt wird mit einer riesigen Menge Humor. Fertig ist das gelungene Werk!


Mit einer Mischung aus mexikanischem Wrestling und Plattformhüpfen überzeugte Entwicklerstudio DrinkBox Studios bereits mit dem direkten Vorgänger „Guacamelee!“ ohne Ziffer aus dem Jahr 2013. Guacamelee überzeugte mit Humor, durchdachten Rätseln, einer guten Story um die Rettung der Welt der mexikanischen Totenverehrung, und eingängigem Gameplay. Guacamelee 2 folgt diesem Prinzip und erweitert es nur um weniges, etwa um in der Welt verteilte Lehrer für Juans Fähigkeiten.

Story
Nach dem Ende des Vorgängers hat der Held des Spiels, der alternde Luchador Juan, ein ruhiges Leben mit seiner Frau und zwei Kindern. Sieben Jahre nach seinem ersten Abenteuer ist er dick und unsportlich geworden und hat dadurch einen Großteil seiner Fähigkeiten verloren. Als er von seiner Frau zum Avocadokauf geschickt wird, tauchen plötzlich interdimensionale Risse auf, durch die Juan die Dimension wechseln muss, um seine Welt zu retten. So werden wir direkt in ein neues Abenteuer geworfen, begleitet von mexikanischen Klängen, in einer wunderschönen gezeichneten Umgebung. Schon nach kurzer Zeit erreichen wir unser früheres Fitnesslevel zurück, kämpfen uns durch Skelette, und folgen der Geschichte. Juans Hauptgegner heißt Salvador, der es auf die heilige Guacamole abgesehen hat, eine Reliquie mit einer kuriosen Geschichte, die wir nicht verraten wollen.

Kämpfen und Hüpfen
Grundlegend ist Guacamelee 2 ein Metroidvania, in dem Juan ständig neue Bewegungen und Fähigkeiten lernt, die uns ein Fortkommen in der Welt erlauben. Sämtliche Gegenden können wir immer wieder betreten, um gegebenenfalls an Orte zu gelangen, die wir vorher noch nicht erreichen konnten, oder nach versteckten Gegenständen zu suchen. Dabei gibt es zwischendurch immer wieder verschiedene Momente, in denen das Gameplay von Plattformer zu Prügler wechselt. Ein Bereich um Juan herum wird dann abgesperrt, es taucht auf dem Bildschirm ein großer Schriftzug mit dem Text „Lucha“ auf. Das ist spanisch für Kampf und meint das mexikanische Wrestling, mit dem Juan seine Widersacher erledigt. Wir müssen dann einige Runden lang gegen Schurken kämpfen, bevor wir zur Belohnung eine Piñata mit der Spielwährung Gold öffnen dürfen.

Es gibt verschiedene Sammelobjekte, darunter Masken und Herzen. Diese verbessern unsere Eigenschaften, wenn wir genug Teile davon gesammelt haben, zum Beispiel unsere Spezialleiste, mit der wir Juans Fähigkeiten durchführen können. Schön an Guacamelee 2 ist, dass die meisten Aktionen, die Juan mit der Zeit dazulernt, sowohl für seine Kampfmöglichkeiten als auch für seine Fortbewegung taugen. Ein Uppercut zum Beispiel lässt ihn etwas an Höhe gewinnen, während er gleichzeitig einen Schlag nach oben ausführt. Eine Rolle sorgt dafür, dass wir durch Stachelhindernisse hindurch können, ebenso aber auch durch Gegner. Viele der späteren Gegner haben einen Schutzschild, der sich nach einer Weile wieder auflädt und nur durch eine bestimmte Attacke Juans zerstört werden kann. Hier zeigt sich schon die Präzision und Konterfähigkeiten, die wir Spieler beim Bewältigen der Schwierigkeiten von Guacamelee 2 beherrschen müssen.

Schwierigkeiten und Hilfen
Sprungpassagen, Stachelfallen und Gegner reihen sich später derart dicht aneinander, dass wir Juan und seine Fähigkeiten komplett verinnerlicht haben müssen, um die meist kurzen Abschnitte erfolgreich zu bewältigen. Hierbei ist das Spiel aber durchgängig fair. Wir verlieren zwar ein bisschen Lebensenergie, wenn wir in einer Sprungpassage an Stacheln landen, können aber den Abschnitt im Grunde beliebig oft von vorn beginnen, bis wir ihn gemeistert haben. Hierfür sind schnelle Wechsel von Fähigkeiten, Dimensionen, Angriffen, und Gestalten nötig. Gestaltwandel findet hierbei nicht beliebig statt, sondern zwischen Juans menschlicher Form und einer Huhn-Form wechselnd, die wir im Laufe des Spiels erlangen. Wem das nicht reicht, der kann an überall in der Welt verteilten Altären Juans Kostüm wechseln. Hierfür gibt es tatsächlich auch In-App-Käufe, aber es lassen sich etliche Kostüme kostenlos freispielen.

Aufwertungen für Juan können wir in einem Menü kaufen, das im Laufe des Spiels immer mehr erweitert wird. Bezahlen müssen wir diese zum einen mit dem eingesammelten Geld, zum anderen mit den eingesammelten Teilen. Zudem gibt es verschiedene Boni und Fähigkeiten, die wir freischalten können, um uns das Leben zu erleichtern. Um beispielsweise den Multiplikator zu unterbrechen, der bei jedem Treffer unsererseits um eins erhöht wird, reicht zu Anfang ein gegnerischer Treffer. Wenn wir das entsprechende Upgrade erstehen, ist der Multiplikatorbonus erst nach drei Treffern durch Gegner unterbrochen.

Rezept für bis zu vier Spieler
Guacamelee 2 lässt sich mit bis zu vier Spielern lokal spielen. Jeder kann sich hierfür eines der Kostüme anziehen, die von Juan über seine ab und zu auftauchende Gefährtin Tostada bis hin zu NPCs und Gegnern reichen. Ein stetiger Wechsel im Multiplayerspiel kann hier für massive Verwirrung oder gar Extra-Spaß sorgen. Gesamt Guacamelee 2 ist von witzigen Sequenzen durchzogen, die zum einen an andere Spiele erinnern, zum anderen aber auch an den Vorgänger Guacamelee. In jedem Fall passen die vollständig unvertonten, dafür aber in etlichen Sprachen zu habenden Textbausteine humoristisch gut zusammen und ergeben ein Gesamtwerk, das sich nicht allzu ernst nimmt, was ein angenehm entspannter Gegenpol zu den teils schwierigen Passagen ist.

Das prachtvolle Mexiversum
In Guacamelee 2 dreht sich alles um die Rettung des Mexiversums, einer erdachten Welt, die auf mexikanischer Folklore basiert. Diese ist wunderschön gezeichnet und passend farbenfroh wiedergegeben. Teile der Spielwelt sind realistisch, aber die meisten sind amüsant überzeichnet, zum Beispiel die Oberkörper-Muskelberge von Juan im Vergleich zu seinen sehr dünnen Beinen. Dazu passen auch die Animationen, die leicht abgehackt sind, aber dadurch die comichafte Atmosphäre unterstützen.
Musikalisch gibt es ebenfalls nichts zu bemängeln, denn sämtliche Kompositionen sind sehr fröhlich, passend zum mexikanischen Totentag, der bekanntlich eher heiter als traurig gefeiert wird.

Guacamelee 2 ist sowohl vom Umfang als auch vom Spaßfaktor her mit seinen acht bis fünfzehn Stunden Spielzeit gelungen. Es ist eine Freude, die Welt zu betrachten, zu durchstreifen und mit ungeahnter Eleganz Gegner zu zerlegen und schwierige Bereiche zu durchspringen. Mit mehreren Spielern wird es leicht unübersichtlich, aber letztlich gibt es auch daran nichts zu bemängeln. Einzig vielleicht, dass sich die drei Stufen des Schwierigkeitsgrads, der sich vor allem auf die Stärke der Gegner auswirkt, nicht mehr im Nachhinein wechseln lassen, mag manchen ein Dorn im Auge sein in diesem ansonsten sehr gelungenen Spiel.

Geschrieben von Arne Ruddat

Fazit:

Mit dem Vorgänger Guacamelee 2 hatte ich schon eine Menge Spaß. Dass der Anfang von Guacamelee 2 eine sehr simple Version des Endkampfes aus dem Vorgänger ist, zeigt schon den Witz der kanadischen Indie-Entwickler. Der Anfang ist noch recht überschaubar, was Juans Fähigkeiten angeht, aber später wird die Steuerung so komplex, dass ich mich wie ein junger Gott fühlte, als ich spielend zwischen Dimensionen wechselte, einen Uppercut schlug, einen Vorwärts-Dash anhängte, mit dem ich einen Gegner traf, dann Juans Form in ein Huhn änderte und mit einem Schräg-nach-unten-Angriff Stacheln entkam. Hier passt das Gameplay wie die Faust aufs Auge und wer schwierige Spiele mag, die den Spieler immer fair behandeln, der ist hier genau richtig. Ich würde das Spiel aus Humorgründen, wegen des Settings und vor allem wegen des Gameplays unbedingt weiterempfehlen.