Mario + Rabbids: Kingdom Battle – TEST

Nintendo hütet die hauseigenen Marken wie Drache Smaug im Kinderbuchklassiker Der kleine Hobbit seinen Schatz. Dementsprechend werden diese nur sehr selten an externe Entwicklerstudios außerhalb der Unternehmensstruktur geliehen. Ubisoft hatte das Glück und hat den Zuschlag für ein kunterbuntes Crossover bekommen.


Mario + Rabbids: Kingdom Battle beginnt seelenruhig in der Tüftelwerkstatt eines nicht näher beleuchteten Mädchen, das jedoch großer Fan des Super-Mario-Franchises sein muss – zumindest pfeift die Erfinderin des als Superfusionierer bekannten Geräts fröhlich die Titelmelodie von Super Mario Bros. und auch einige das Regal zierende Figuren zeugen von ihrem Interesse an der Marke. Als sie ihre Arbeit allerdings jäh unterbrechen muss, verpasst sie das wohl irrwitzigste Erlebnis, das in ihrem Keller wohl jemals stattgefunden hat. Ubisofts quirlige Rabbids tauchen mit ihrer Zeitwaschmaschine im Zimmer auf und treiben jede Menge Schabernack, der in einer Katastrophe endet.

Die Zeitwaschmaschine springt an und sowohl der Superfusionierer, als auch ein paar andere Dinge werden mit in den „Waschgang“ gepackt und tauchen wenig später im Pilz-Königreich wieder auf. Trotz ständiger Prinzessinnenentführungen und anderen ulkigen Besuchern dürfte das Auftreten der herumschreienden Hasen auch für die Bewohner des von Schicksalsschlägen gezeichneten Landes eine Besonderheit sein. Da die Rabbids sprichwörtlich aus allen Wolken fallen, können sie die einzelnen Regionen des Staates flächendeckend mühelos einnehmen und weil sie zu allem Übel auch noch mit Blaster-Pistolen bewaffnet sind, wollen sie die annektierten Gebiete natürlich auch nicht hergeben.

Wahnsinn und Schwachsinn

Es sind jedoch nicht alle Rabbids dem bösen Wahnsinn verfallen. Dadurch, dass die eingangs erwähnten Figuren aus dem Regal mit in die Zeitwaschmaschine gepackt wurden, haben sich ein paar Rabbids mit diesen Figuren fusioniert. Klempner Mario macht zu Beginn des Abenteuers also Bekanntschaft mit Rabbid-Peach und Rabbid-Luigi. Zusammen mit dem eigentlich rein digitalen Hilfswerkzeug Beep-0, der im Grunde die zentrale Spielfigur darstellt, als Pointer-Funktion in den Kämpfen missbraucht wird und zugleich als Erzähler herhält, macht sich das Heldengespann auf dem Weg durch die vier Welten des Königreichs, um das Unheil rückgängig zu machen.

Unterwegs treffen sie auf weitere bekannte Figuren aus dem Super-Mario-Universum wie zum Beispiel Peach, Luigi, Toad oder Yoshi. Marios Kontrahenten sind ebenfalls mit von der Partie. Unter anderem bekämpfen wir im Verlauf des Spiels einen Rabbid, der Donkey Kong frappierend ähnlich sieht. Bowser Junior lässt sich seinen Auftritt ebenfalls nicht nehmen und nutzt die Gunst der Stunde, um das Chaos im Pilz-Königreich auf eine neue Stufe zu hieven. Der Humor, der von sämtlichen Charakteren getragen wird und überwiegend auf gut gemeintem Slapstick basiert, spricht in erster Linie ein junges Zielpublikum an. Wer über die Witze in Samstagvormittagcartoons nicht (mehr) lachen kann, wird an vielen Stellen im Spiel sicherlich keine Miene verziehen. Eine verschenkte Chance, Ubisoft!

Knackige Gefechte

Im Kern handelt es sich bei Mario + Rabbids: Kingdom Battle allerdings um keine Abarbeitung von den besten Gags beider Unternehmen, sondern um ein rundenbasiertes Taktikspiel. So scheuchen wir in der Regel drei Spielfiguren über einen begrenzen Bereich, gehen hinter Objekten in Deckung und schalten unterwegs unsere Gegner mit allerlei Angriffsmanövern aus. Unsere Feinde können wir zum Beispiel mit dem Raserei-Befehl umlaufen oder auf einen unserer Kumpanen springen, damit wir so Gegner per Stampfattacke erledigen können. Haben wir uns bewegt und uns womöglich im Vorbeigehen ein Geplänkel mit den Feinden geliefert, können wir aber immer noch einen Schuss abfeuern oder eine Spezialfähigkeit aktivieren.

Gehen wir beispielsweise davon aus, dass der Gegner ebenfalls eine Spezialattacke ausführen will, können wir uns so prophylaktisch vor etwaigem Schaden schützen. Haben wir solch eine Fähigkeit allerdings aktiviert, können wir sie für ein paar Runden nicht mehr ausführen. Es gehört also ständig dazu, die Fähigkeiten im richtigen Moment einzusetzen. Haben wir all unsere Charaktere übers Spielfeld bewegt, ist der Gegner am Zug. Dieser positioniert seine Figuren in der Regel sehr clever, sodass der simpelste unserer Fehler heftig bestraft werden kann. Je mehr man sich mit den Regeln des Spiels jedoch beschäftigt, desto eher gelingen einem die Gefechte. Ungeduldige Naturen dürfen ein Match im Einfach-Modus neu starten.

Gold und Macht

Je nachdem wie gut wir ein Gefecht abgeschlossen haben, erhalten wir eine Belohnung in Form von Goldmünzen. Diese geben wir in der Kampfzentrale für neue Waffen aus, die wir jedoch beim Erkunden der Spielwelt erst einmal freischalten müssen. Jede neue Schusswaffe richtet größeren Schaden bei den Gegnern an oder verfügt über spezielle Eigenschaften. So können wir mit einem Schuss auch Honig verschießen, um Gegner an Ort und Stelle festzukleben, ihnen mit Flammen einzuheizen oder dafür sorgen, dass die Feinde durch die Gegend geschleudert werden, um eventuell gar vom Spielfeld gepustet zu werden.

Ebenfalls erhalten wir am Ende von einer Gefecht-Reihe Power-Kugeln für jeden Charakter, die wir in den ihnen zugeteilten Fähigkeitsbäumen ausgeben können, damit sie neue Talente erlernen. Rabbid Peach kann beispielsweise als Heilerin agieren oder lernen, bis zu vier Gegner auf einmal mit Raserei anzugreifen. Ebenfalls Sekundärwaffen lassen sich so freischalten. Mario kann dann zu einem Hammer greifen und an Ort und Stelle gehörigen Flächenschaden austeilen. Das Tolle an Mario + Rabbids: Kingdom Battle ist jedoch, dass man sich so – mit der Einschränkung, dass Mario und ein Rabbid im Team sein müssen – sein ganz persönliches Dream-Team zusammenstellen kann. Über Rabbid-Luigis Vampirfähigkeiten freut sich im Team indirekt jeder!

Gradlinig durchs Pilz-Königreich

Außerhalb der Gefechte dürfen wir die Spielwelt, die – wie für das Super-Mario-Franchise gewohnt – aus saftiggrünen Wiesen, staubtrockenen Wüsten, schneebedeckten Bergen, schaurigen Friedhöfen und gefährlichen Feuerlandschaften besteht, frei erkunden. Einerseits finden wir diese Möglichkeit durchaus angenehm, da wir auch Rätsel lösen müssen, um an weitere Waffen, Power-Kugeln oder sammelbaren Schnickschnack zu gelangen. Andererseits ist die gesamte Spielwelt sehr linear aufgebaut, sodass wir quasi nur Schlauchlevels mit der einen oder anderen Abzweigung erkunden. Hinzu kommt, dass die Rätsel in fast allen Fällen viel zu leicht ausfallen. Selten müssen mehr als ein bis zwei Schalter betätigt werden, sodass Rätselfreunde erst zum Ende des Spiels ein wenig gefordert werden.

Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass wir erst nach jeder Welt neue Abenteuerfähigkeiten spendiert bekommen. Soll heißen, dass wir alle Welten im schlimmsten Fall mehrmals abgrasen müssen, um alle Geheimnisse zu entdecken, da wir erst nach dem Abschluss einer Region auf einmal und ohne sinnvolle Erklärung Blöcke verschieben oder zerhämmern, Statuen von einem Podest aufs andere transportieren oder Vulkangestein aus dem Weg räumen können. Auch wenn wir hier mehr erwartet hätten, ist das optionale Backtracking dank Belohnungen dennoch motivierend.

Bewegungseinschränkungen

Die Bedienung des Spiels ist unserer Meinung nach ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ist es anfangs gewöhnungsbedürftig, dass man außerhalb der Gefechte den unscheinbaren Beep-0 steuert und nicht Mario, wie man es erwarten würde. Auf der anderen Seite fragen wir uns, warum man sich nicht einheitlich auf eine Kameraperspektive geeinigt hat. Nur in sehr wenigen Gebieten dürfen wir die Kamera frei justieren. Ansonsten bleibt die Perspektive starr und sorgt dann in jenen Momenten, in denen sie sich automatisch dreht, gerne dafür, dass wir an Ecken oder Kanten kurz hängen bleiben. Die Kämpfe finden hingegen in einer isometrischen Ansicht statt, in denen sich die Kamera nur in Neunzig-Grad-Schritten drehen lässt.

Wäre dies noch verschmerzbar, fällt das Fehlen von Komfortfunktionen wie das gleichzeitige Markieren von mehreren Gegnern schmerzlich auf. Abseits dessen können wir uns aber sehr wohl mit der Technik des Spiels arrangieren. Sowohl auf dem Fernsehbildschirm, als auch im Handheld-Modus läuft das knallbunte Spielgeschehen stets flüssig. Hinzu kommt ein fantastischer Soundtrack von Grant Kirkhope, der beispielsweise auch für die Musik von Banjo-Kazooie verantwortlich war. So ist Mario + Rabbids trotz seiner kleinen Defizite optisch und akustisch ein Genuss. Schade, dass die Kampagne nach circa fünfzehn bis zwanzig Stunden beendet ist. Wer alle Boni finden will, darf die doppelte Zeit investieren.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Mario + Rabbids: Kingdom Battle war eines der ersten Spiele, das auf der diesjährigen Electronic Entertainment Expo vorgestellt wurde. Weniger als drei Monate später stand der Titel im Laden und leider merkt man vereinzelt, dass der Titel zu übereilt auf den Markt geworfen wurde. Kamera-Probleme, fehlende Komfortfunktionen, lineare Spielwelten, ein mauer Humor und reproduzierbare Spielabstürze beim Endboss – all das hätte in der Qualitätssicherung auffallen müssen! Dass man sich für die Veröffentlichung entschieden hat, liegt wohl daran, dass der Titel im Kern funktioniert und auch sehr viel Spaß machen kann. Immer wenn ich auf dem Schlachtfeld einen Fehler begehe, spüre ich ein paar Sekunden später die Konsequenzen und genau dann starte ich das Gefecht mit Ehrgeiz und Elan neu. Wer rundenbasierte Taktik-Strategiespiele mag und sich mit dem Super-Mario- und Rabbids-Universum anfreunden kann, kommt um den Titel definitiv nicht herum. Bleibt zu hoffen, dass Ubisoft das eine oder andere Update nachreicht, um Fehler zu korrigieren oder den Titel um Komfortfunktionen zu ergänzen, denn auch ein gutes Rezept kann noch verfeinert werden!